Projektvorhaben " Kriegsopfer der NATO–Luftangriffe klagen auf Schadenersatz " Vorgestellt im Dezember 2000
Verfasser :Rechtsanwalt Ulrich Dost Gartenstraße 108, 10115 Berlin Tel.L 030) 535 08 13 u. (030) 535 33 97 Fax: (030) 53 01 17 02 E-Mail: U.Dost@addcom.de Inhalt:
II. 1. Gegenstand des Projektvorhabens II. 2. Ziel des Projektvorhabens II. 3. Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit II. 4. Zeitraum für das Projektvorhaben III. Die zu bewältigende fachliche Arbeit in Umsetzung des Projektvorhabens III. 1. Vorbemerkung III. 2. Materiellrechtliche Grundlagen III. 2. 1. Die zwei Kategorien der schadenersatzbegründenden Normen des Völkerrechts III. 2. 2. Schlußfolgerungen für die Anspruchsbegründung von Schadensersatzforderungen III. 2. 3. Die relevanten Normen des Kriegsrechts III. 2. 4. Die Fallauswahl - objektbezogene und umstandsbezogene Fallkriterien III. 3. Prozeßrechtliche Grundlagen III. 4. Die Sichtung, Aufarbeitung, Dokumentation und Archivierung konkreter militärischer Schädigungshandlungen entsprechend den Fallkriterien III. 5. NATO - Aggression gegen Jugoslawien in makrokriminologischer Sicht - Empirische Studie zu den Folgen der Bombardements – IV. Fachliche Umsetzung des Projektvorhabens und Arbeitsplan IV. 1. Verantwortlichkeit für die Umsetzung IV. 2. Arbeitsorganisation IV. 3. Zeitplan IV. 4. Öffentlichkeitsarbeit V. Die grundlegenden Anforderungen zur Realisierung des Projektvorhabens V. 1. Die Bildung eines Projektrats V. 2. Finanzplanung
I. Einleitung
Die in der NATO verbündeten Staaten haben vom 24. März bis 10. Juni 1999 einen völkerrechtswidrigen Aggressionskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien geführt. Um diesen Militäreinsatz ist weltweit eine vielseitige Auseinandersetzung entstanden, bei der es um die Suche nach der Wahrheit über den NATO-Krieg als völkerrechtlich geächtetes Verbrechen geht. Zur Wahrheit über diesen Krieg gehört auch, daß ein Großteil der über 10.000 NATO-Luftangriffe gegen die Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und gegen zivile Objekte gerichtet war und die Bombardierungen tausende von Todesopfern und Verletzten sowie die Zerstörung und Beschädigung tausender von Wohnungen, Häusern und anderer ziviler Objekte zur Folge hatten. Daraus sind Schadensersatzansprüche gegen die verantwortlichen NATO- Mitgliedsstaaten entstanden, die es gilt, gerichtlich einzuklagen und durchzusetzen. Mit dem hier vorgelegten Projektvorhaben wird primär das Ziel verfolgt, Schadensersatzansprüche zu prüfen, entsprechende Klagen (Pilotverfahren) gegen die Bundesrepublik Deutschland als mitverantwortlicher Staat vorzubereiten und bis spätestens 24. März 2002 zu erheben.
Die Luftangriffe der NATO-Mitgliedsstaaten gegen die Bundesrepublik Jugoslawien stellen sich offenkundig als Aggressionskrieg dar, der unter geplanter und offener Verletzung des Gewaltverbots des Art. 2 Abs. 2 der UN-Charta erfolgte. Schon allein daraus wird deutlich, daß die NATO-Mitgliedsstaaten die international geltende Völkerrechtsordnung zum Zweck der Durchsetzung eigener Machtinteressen brechen. Der Krieg gegen Jugoslawien ist zu einem Präzedenzfall geworden: Krieg ist für die USA und ihre NATO-Partner ein legitimes Mittel der Politik, das folglich auf dem Verhaltensgrundsatz "Politik vor Recht" (statt Recht vor Politik) basiert und somit faktisch die aus der Erfahrung zweier Weltkriege geschaffene Völkerrechtsordnung in ihren Grundsätzen substantiell erschüttert. Insbesondere mit der UN-Charta wurden rechtsverbindliche Grenzen des Handlungsspielraums internationaler Politik bestimmt, deren Primärzweck und Beachtungsanspruch aus der Wahrung und notfalls Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit resultiert und damit das - zumindest menschenwürdige - Überleben der Menschheit fundamental und unmittelbar regelt. Mit der UN-Charta sollte und wurde der Krieg rechtlich als Mittel von Politik aus dem Leben der Völker verbannt.
Wenngleich die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen vom heutigen Standpunkt aus kompliziert und zeitlich nicht konkret prognostizierbar ist, so zeigen die unter III.2.1 angeführten Beispiele, daß solche Vorhaben realistisch sind.
II. Kurzbeschreibung des Gegenstandes, der Zielstellung und der Schwerpunkte des Projektvorhabens II. 1 Gegenstand des Projektvorhabens
Gegenstand des Projektvorhabens ist die Prüfung der Rechtswidrigkeit bewaffneter Schädigungshandlungen der NATO-Mitgliedsstaaten im Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, soweit das Objekt solcher Schädigungshandlungen die Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte betrifft. Dabei kommen sowohl Personenschäden (materielle und immaterielle Schäden) als auch Sachschäden natürlicher und juristischer Personen in Betracht.
II. 2 Ziel des Projektvorhabens
Das Ziel des Projektvorhabens ist die gerichtliche Geltendmachung und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen der geschädigten Zivilbevölkerung bzw. geschädigter Zivilpersonen gegen die Bundesrepublik Deutschland als Mitverursacher und mitverantwortlicher Staat für rechtswidrig begangene, bewaffnete Schädigungshandlungen während des NATO - Krieges.
II. 3 Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit
Inhaltlich wird die Arbeit durch die folgenden Schwerpunkte bestimmt: 1. Die gutachterliche Klärung der materiellrechtlichen Grundlagen für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen bei Schäden der Zivilbevölkerung, einzelner Zivilpersonen und ziviler Objekte in Folge militärischer Schädigungshandlungen der NATO – Mitgliedsstaaten und die Klärung der Verantwortlichkeit und Einstandspflicht gegenüber den Geschädigten. 2. Die Sichtung, Aufarbeitung, Dokumentation und Archivierung konkreter militärischer Schädigungshandlungen. 2. 1. Die Prüfung der Rechtswidrigkeit der unter Ziff. 2 dokumentierten militärischen Schädigungshandlungen. 2. 2. Die Dokumentation der rechtswidrig begangenen militärischen Schädigungshandlungen. 2. 3. Die Prüfung auf die Beweisbarkeit der unter Ziff. 2. 2 festgestellten rechtswidrig begangenen militärischen Schädigungshandlungen. 2. 4. Die Vorauswahl der für die Klageverfahren geeigneten Fälle unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Prüfung unter Ziff. 2. 3. 2. 5. Die Mandatsanbahnung und Mandatsbegründung mit den Geschädigten. 2. 6. Die Beiziehung der Beweismittel im Original. 3. Die Klärung der (weiteren) prozeßrechtlichen Voraussetzungen der gegen die Bundesrepublik Deutschland als Mitverursacher und mitverantwortlicher Staat vor deutschen Gerichten zu erhebenden Schadenersatzklagen. 4. Fertigung der Klageschriftsätze und Einreichung bei Gericht.
II. 4 Zeitraum für das Projektvorhaben
Für die Umsetzung des Projektvorhabens stehen - mit der Zielsetzung der Klageeinreichung bis 24. März 2002 - ca. 14 Monate zur Verfügung. Aufgrund des erheblichen Arbeitsumfangs ist Anfang Januar, spätestens bis zum 1. März 2001 mit der Arbeit zu beginnen.
III. Die zu bewältigende fachliche Arbeit in Umsetzung des Projektvorhabens III. 1 Vorbemerkung
Aufgrund der Tatsache, daß die Bundesrepublik Deutschland in dem Krieg der NATO - Mitgliedsstaaten gegen Jugoslawien erstmals als Kriegspartei in Erscheinung getreten ist, wird mit den vorgesehenen Schadensersatzklagen juristisches Neuland betreten. Es gibt keine (nationale) Rechtsprechung deutscher Gerichte, auf die zurückgegriffen werden könnte. Daraus ergibt sich zwingend die Notwendigkeit, fachlich-juristische Vorarbeiten zu realisieren. Das betrifft sowohl materiellrechtliche wie auch prozeßrechtliche Vorarbeiten. Dabei kommt zunächst der Klärung der materiellrechtlichen Grundlagen eine herausragende Rolle zu. Dieser Klärungsprozeß hat deshalb qualitativ in Form eines völkerrechtlichen Rechtsgutachtens zu erfolgen.
III. 2. Materiellrechtliche Grundlagen III. 2. 1. Die zwei Kategorien der schadenersatzbegründenden Normen des Völkerrechts
In einem Überblick zum völkerrechtlichen Hintergrund für zivilrechtliche Schadenersatzklagen von Kriegsopfern der NATO - Mitgliedsstaaten (zusammengestellt von Professor Dr. Bernhard Graefrath) ist von der nachfolgend dargestellten Rechtslage auszugehen: Im Falle internationaler bewaffneter Konflikte können völkerrechtlich begründete Schadensersatzansprüche aus zwei unterschiedlichen Kategorien von Rechtsverletzung entstehen: 1. Schadensersatzansprüche aus der Verantwortlichkeit des Staates für die völkerrechtswidrige Entfesselung des Krieges durch die Verletzung des Gewaltverbots des Art. 2 Abs. 4 der UN - Charta. 2. Schadensersatzansprüche aus der Verletzung von völkerrechtlichen Regeln, die für den Fall eines bewaffneten Konflikts (ius in bello) gelten. Die völkerrechtlichen Regeln für den Fall eines internationalen bewaffneten Konfliktes gelten unabhängig vom Grund und Anlaß des Konfliktes für alle am Konflikt beteiligten Parteien. Das wurde 1977 in der Präambel des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen ausdrücklich festgestellt: "Erneut bekräftigend, daß die Bestimmungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und dieses Protokolls unter allen Umständen uneingeschränkt auf alle durch diese Übereinkünfte geschützten Personen anzuwenden sind, und zwar ohne jede Benachteiligung, die auf Art oder Ursprung des bewaffneten Konflikts oder auf Beweggründen beruht, die von den am Konflikt beteiligten Parteien vertreten oder ihnen zugeschrieben werden."
Gleiches gilt heute für die sogenannten Haager Regeln, insbesondere die Haager Landkriegsordnung, Bestandteil des IV. Haager Abkommens von 1907, deren allgemeine Geltung als völkerrechtliches Gewohnheitsrecht bereits im Urteil des Nürnberger Tribunals ausdrücklich festgestellt wurde.
Ähnlich wie die Regeln der internationalen Menschenrechtskonventionen sind die für den Fall eines bewaffneten Konflikts geltenden Regeln grundsätzlich auf den Schutz von Individuen gerichtet. Sie werden deshalb häufig auch als humanitäres Völkerrecht bezeichnet. Unabhängig davon, ob der Krieg völkerrechtswidrig oder z.B. als Verteidigungskrieg in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht geführt wurde, haftet der Staat für Schäden, die durch seine Soldaten unter Verletzung der im Krieg geltenden Regeln ( ius in bello) fremden Personen oder Staaten zugefügt wurden. Diese Haftung ist bereits in der HLKO (IV. Haager Abkommen 1907) im Art. 3 ausdrücklich bekräftigt worden: "Die Kriegspartei, welche die Bestimmungen der HLKO verletzen sollte, ist gegebenen Falles zum Schadenersatz verpflichtet. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen werden."
Diese Regel ist heute fester Bestandteil des Völkergewohnheitsrechtes. Sie ist gemäß Art. 25 GG in der BRD unmittelbar geltendes Recht. Schadenersatzansprüche aufgrund von Verletzungen des Kriegsrechts stehen dem Geschädigten zu, also auch einzelnen Personen. Eine andere Frage ist, ob sie von den Geschädigten im Wege eines zivilrechtlichen Verfahrens geltend gemacht werden oder mit Hilfe des diplomatischen Schutzrechts ihres Heimatstaates. So sind z.B. nach den militärischen Aktionen der UN im Kongo von Bürgern der Schweiz, Belgiens, Italiens und Luxemburgs Schadenersatzansprüche gegen die UN wegen Verletzung des Kriegsrechts durch Soldaten geltend gemacht worden, die unter dem Kommando der UN agierten. Die UN haben mit den Heimatstaaten der Geschädigten entsprechende Entschädigungsabkommen abgeschlossen. (Belgien UNTS 535, 199; Schweiz UNTS 564, 193, Luxemburg UNTS 585, 147; Italien UNTS 588,197.) Entschädigt wurde damage caused without military necessity or in violation of the rules applicable in armed conflict. Im Krieg der NATO gegen Jugoslawien sind – nach bisherigen Wissensstand - bislang nur von chinesischen Bürgern, deren Angehörige bei dem Bombenangriff auf die chinesische Botschaft umkamen, Schadenersatzansprüche gegenüber den USA geltend gemacht worden. Sie wurden von China im Wege des diplomatischen Schutzrechts auch durchgesetzt und die USA haben gezahlt. Dabei ist es unerheblich, ob die USA behaupten dies ex gratia oder aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung getan zu haben. Es ist nicht anzunehmen, daß die USA für Schäden, der von ihren Soldaten durch die Verletzung von Regeln des Kriegsrechtes verursacht wurde, auch nur einen Dollar zahlen, wenn es dafür keine rechtliche Verpflichtung gäbe. Bereits nach dem ersten Weltkrieg sind Schadenersatzansprüche amerikanischer Bürger wegen Verletzung des Kriegsrechts neben und unabhängig von den allgemeinen Reparationsansprüchen gegenüber Deutschland erhoben und durch Entscheidungen der amerikanisch-deutschen mixed claims commission entschieden worden.(Vgl. dazu David J. Bederman in Richard B. Lillich (ed.), The United Nations Compensation Commission, New York 1995, p. 257, at 272 f. mit weiteren Hinweisen).
Während im allgemeinen Völkerrecht und aufgrund völkerrechtlicher Normen Ansprüche nur von Staat zu Staat geltend gemacht werden können, hat die Entwicklung in neuerer Zeit nicht nur völkerrechtliche Pflichten der Staaten gegenüber Individuen hervorgebracht sondern auch Rechte Einzelner gegenüber dem Staat. Im Falle der Verletzung solcher Verpflichtungen durch den Staat sind vor allem auch Schadenersatzansprüche üblich geworden. Die häufigsten Beispiele liegen im Bereich der Verletzung von Menschenrechten. Bei der Verletzung von Regeln, die im bewaffneten Konflikt gelten, handelt es sich in aller Regel um eine besondere Form der Verletzung von Menschenrechten, da die kriegsrechtliche Rechtfertigung für Tötung, Körperverletzung oder Beschädigung von Eigentum, um die häufigsten Beispiele zu nennen, wegen Verletzung der völkerrechtlichen Regeln entfällt.
Entsprechend der heutigen Entwicklung des Völkerrechts können Schadenersatzansprüche wegen Verletzung von Regeln, die im bewaffneten Konflikt gelten, nicht nur von dem Heimatstaat des Geschädigten sondern auch von dem Geschädigten selbst gegenüber dem Staat geltend gemacht werden, dessen Soldaten den Schaden unter Verletzung des Kriegsrechts verursacht haben. Diese Regel, die bereits Aufnahme in das IV. Haager Abkommen von 1907 gefunden hatte, gilt auch in Bezug auf die Genfer Konventionen und das Zusatzprotokoll I. Sie wird ausdrücklich im Art. 91 des Zusatzprotokolls I wiederholt: "Eine am Konflikt beteiligte Partei, welche die Abkommen oder dieses Protokoll verletzt, ist gegebenenfalls zum Schadenersatz verpflichtet. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihren Streitkräften gehörenden Personen begangen werden."
Das Protokoll ist von der Bundesrepublik Deutschland ordnungsgemäß ratifiziert worden und ist geltendes Recht. Das gilt ebenso für die Bundesrepublik Jugoslawien.
Nach 1945 haben immer häufiger die betroffenen Individuen selbst ihre Ansprüche gegen den Staat geltend machen können. Dabei war bereits Art. 3 des IV. Haager Abkommens, der aufgrund eines Antrages der deutschen Delegation auf der Friedenskonferenz 1907 eingeführt wurde, durchaus zivilrechtlich gemeint. Darauf hat Frits Kalshoven bereits 1991 in seiner Arbeit " State Responsibility for warlike Acts of the Armed Forces"( 40 International and Comparative Law Quarterly, 1991,p. 827) ausdrücklich aufmerksam gemacht: "The German delegate, Major-General von Gündell, introduced the proposal in terms that made clear where it differed from the ealier provisions....it was necessary to get away from the nation of subjective fault of the government as an element of liability: after all it would be unacceptable for a victim to be able to claim damages only from the officer or soldier guilty of the infraction. Governments should therefore be held responsible for all unlawful acts, without exception, committed by members of their armed forces in violation of the Regulation."( p. 831-832)
Im Bericht der zuständigen Kommission hieß es: "the German delegation has considered it useful to propose that the Convention extend to the Law of Nations, for all cases of infraction of the Regulations, the Principle of Private Law according to which the master is responsible for his subordinates or agents. The principle of the German proposal has not encountered any objection." Ibid. P.832)
Zu recht schreibt Kalshoven, daß der Umstand, daß es Einzelpersonen über lange Jahre nicht möglich war, ihre Ansprüche aus Art. 3 der Konvention selbst geltend zu machen, nicht heißt, daß die klare Bedeutung des Artikels, wie sie sich aus seiner Entstehungsgeschichte ergibt, einfach mißachtet werden kann. Kern dieser Bestimmung aber ist, "the attribution to individual victims of a right to claim compensation for war damages directly from the responsible State." (p. 837)
Ausdrücklich weist er daraufhin, daß dem Art. 91 des Zusatztprotokolls die gleiche Bedeutung zukommt wie Art. 3 des IV. Haager Abkommens. ( a.a.O. p. 850 ff.) Auch Christopher Greenwood hat in seinem Bericht an die Konferenz zum hundertsten Jahrestag der Haager Friedenskonferenz 1999 ausdrücklich unterstrichen: "that this provision was not intended to be confined to claims between States but was to extend to a direct right to compensation for individuals." (Preliminary report Greenwood, p.76; vgl. auch den Kommentar des IKRK zum Art. 91, p. 1057 in dem gesagt wird:" since 1945 a tendency has emerged to recognize the exercise of rigths by individuals." Commentary on the Additional Protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Geneva 1987)
Dieser Grundsatz wurde erstmals in vollem Umfang bei der Schadenersatzregelung für Individuen für Schäden aus dem Krieg des Irak gegen Kuwait durch die UN realisiert, die allerdings allgemeine Kriegsschäden ebenso wie Schäden aus Verletzung des Kriegsrechts abdeckt. Während im allgemeinen die Schadenersatzansprüche einzelner Personen oder Organisationen schlechterdings auf die Verantwortlichkeit des Irak für die Aggression gegen Kuwait, also Kriegseinwirkung gestützt werden, bedarf es im Falle von Ansprüchen Angehöriger der alliierten Armeen des Nachweises, daß der Schaden in Verletzung der Regeln des Kriegsrechts verursacht wurde. In einem speziellen Verfahren, das insbesondere der Bewältigung von hunderttausenden von Einzelansprüchen dient, wurde den einzelnen geschädigten Personen das Recht und die praktische Möglichkeit gegeben, ihre Ansprüche selbst gegenüber dem verantwortlichen Staat geltend zu machen.(vgl. B. Graefrath, Iraqi Reparations and the Security Council, ZaöRV 1995, v. 55 S. 1 ; R.B. Lillich (ed.), The United Nations Compensation Commission, New York 1995, besonders John R. Crook, p.87f, sowie Gordon A. Christenson, p. 326, 340.) Dies entspricht der allgemeinen Entwicklung des Völkerrechts, die in den internationalen Menschenrechtskonventionen dem Einzelnen unmittelbare Rechte gegenüber dem Staat zuspricht und für deren Durchsetzung selbst internationale Verfahren bereitstellt. Insbesondere bei Menschenrechtsverletzungen gibt es heute eine institutionalisierte Rechtsprechung, die Schadenersatzansprüche betroffener Individuen bestätigt und für deren Realisierung gegebenenfalls, wie im Rahmen der europäischen Menschenrechtskonvention, sogar einen Kontrollmechanismus vorsieht. Im Internationalen Pakt für Bürger-und politische Rechte verpflichten sich die Mitgliedstaaten im Artikel 2, Abs. 2 ausdrücklich, Personen, die die Verletzung von Menschenrechten geltend machen, einen Gerichtsweg zu öffnen. Nun beschränkt sich der Geltungsbereich der Menschenrechtskonventionen im allgemeinen auf Personen, die sich im Territorium oder unter der Jurisdiktion des Vertragsstaates befinden. Das trifft zwar auch noch auf Personen zu, die sich in einem vom Staat besetzten Gebiet aufhalten, läßt sich aber kaum auf Personen ausdehnen, die auf fremden Territorium Bombenangriffen ausgesetzt sind, die der Staat zu verantworten hat. (vgl. Greenwood a.a.O. p. 22) Aber das GG garantiert in Art. 2, Abs. 2 das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit für jedermann, d.h. wie der ICJ in seinem Gutachten zu Kernwaffen festgestellt hat, The right not arbitrarily to be deprived of one´s life applies in hostilities. Und er fährt fort: "The test of what is an arbitrary deprivation of life, however, then falls to be deteermined by the applicable lex specialis, namely, the law applicable in armed conflict which is designed to regulate the conduct of hostilities. Thus whether a particular loss of life, through the use of a certain weapon in warfare, is to be considered in arbitrary deprivation of life contrary to Article 6 of the Covenant, can only be decided by reference to the law applicable in armed conflict and not deduced from the terms of the Covenant itself." (Advisory Opinion on the Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapopns, ICJ Reports 1996, 225 at 240)
Und es ist eine allgemeine Interpretation über das Verhältnis von Menschenrechten und Regeln des humanitären Völkerrechts, wenn Greenwood schreibt: "What this passage suggests is that, instead of the treaty provisions on the right to life adding anything to the laws of war, it is the laws of war which may be of assistance in applying provisions on the right to life." ( a.a.O. p. 23)
Bei den Regeln des humanitären Völkerrechts handelt es sich im allgemeinen um eine Spezialregelung für den Schutz von Menschenrechten im Falle eines bewaffneten Konfliktes. Infolgedessen sollte in allen Staaten wie generell bei der Verletzung von Menschenrechten der Rechtsweg auch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Staat offen sein, der für die Verursachung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts verantwortlich ist. Im Grunde handelt es sich um eine völkerrechtliche Pflicht der Staatshaftung. In Übereinstimmung damit wird im Art. 34 GG nicht nur der Grundsatz der Staatshaftung bekräftigt, sondern ausdrücklich gesagt, daß für solche Ansprüche der Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden darf. Das gilt nicht nur für die Spezialregelung in 839 des BGB sondern generell für die Haftung des Staates, auch wenn sie sich aus völkerrechtlichen Normen ergibt, die zum Bestandteil des Landesrechts geworden sind und die – wie im Falle des Art. 3 Haager Abkommen - u.U. weit über den engen Rahmen des § 839 BGB hinausgeht.
Der Krieg gegen Jugoslawien wurde von der NATO geführt. Sie hatte den Oberbefehl, ihr Stab entschied über Einsätze und Ziele, Zeit, Art und Umfang der Bombardierungen. Die Verantwortung für die Aktionen der NATO trägt sowohl die Organisation wie jeder einzelne Mitgliedstaat. Ohne die Zustimmung aller Mitgliedstaaten wäre kein wirksamer Beschluß der NATO zum Einsatz militärischer Mittel gegen einen Staat zustande gekommen. Nachdem diese Entscheidung gefällt war, lag ihre Durchführung in den Händen der NATO, die Einzelheiten ihrer Ausführung unterlagen der Befehlsstruktur der NATO und entzogen sich der unmittelbaren Entscheidung der einzelnen Mitgliedstaaten. Die NATO ist ihrer vertraglichen Zielsetzung nach ein Verteidigungsbündnis von inzwischen 19 Mitgliedstaaten mit einer integrierten militärischen Machtstruktur, deren Funktion von einstimmigen Beschlüssen des NATO-Rates abhängig ist. Die einzelnen Mitgliedstaaten stellen militärische Mittel und Logistik zur Verfügung, die Planung sowie der Einsatz bestimmter Mittel und die Bestimmung der Ziele erfolgt durch das NATO-Oberkommando. Ohne die Zustimmung der Regierung der BRD wäre ein Einsatz militärischer Mittel der NATO gegen Jugoslawien nicht möglich gewesen. Ausdrücklich erklärt z.B. auch Prof. Dr. Jochen A. Frowein, Verfahrensbevollmächtigter der Bundesregierung im Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu den militärischen Aktionen der NATO gegen Jugoslawien im Kosovo-Krieg in seinem Schriftsatz vom 30. März 2000 (2BvE 6/99 S. 38): "Im vorliegenden Fall ist eine Situation zu beurteilen, bei der keinerlei Automatik für die Bundesrepublik Deutschland wirken kann. Vielmehr ist sie an allen Konsultationen und Beschlüssen in vollem Umfang mit einem Vetorecht für sich selbst beteiligt."
Das geht auch aus zahlreichen Dokumenten und Erklärungen der Bundesregierung hervor. So führte die Bundesregierung in der Begründung zu ihrem Beschlußantrag vom 12. Oktober 1999 u. a. aus: "Der NATO-Generalsekretär erklärt, daß unter diesen außergewöhnlichen Umständen der gegenwärtigen Krisenlage im Kosovo, wie sie in der Resolution des VN-Sicherheitsrates 1199 beschrieben ist, die Drohung mit und gegebenenfalls der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt ist. Die Bundesregierung teilt diese Rechtsauffassung mit allen anderen 15 NATO-Mitgliedstaaten. Das Bündnis hat entschieden, den Eintritt einer humanitären Notlage durch den Einsatz von Streitkräften abzuwenden......Der NATO-Rat hat die Operationspläne für begrenzte und in Phasen durchzuführende Luftoperationen am 08. Oktober 1998 abschließend gebilligt und hat nach Zustimmung der Mitglieder der Allianz den Einsatz autorisiert. Die Bundesregierung hat deshalb beschlossen, unter dem Vorbehalt der vorherigen konstitutiven Zustimmung durch den Deutschen Bundestag für die Luftoperationen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe die nachstehend aufgeführten Kräfte als Beitrag für von NATO-Mitgliedstaaten gebildete Eingreiftruppen unter Führung der NATO einzusetzen." (Deutscher Bundestag. 13. Wahlperiode, Drucksache 13/11469)
Im Rahmen des Projektvorhabens wird zur Prüfung der Schadenersatzansprüche nicht die Richtigkeit oder Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zu prüfen, dafür aber festzustellen sein, daß die Bundesregierung die freie Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an dieser Entscheidung bestätigt. Damit trägt die Bundesrepublik auch zweifelsfrei die völkerrechtliche Verantwortlichkeit für Schäden, die infolge von Verletzungen des Kriegsrechts bei der Ausführung dieser Entscheidung eingetreten sind. Infolge der Struktur der NATO ist diese Verantwortlichkeit unabhängig davon, ob im konkreten Fall der völkerrechtswidrige Schaden durch deutsche, amerikanische oder englische Bomber oder aufgrund von Befehlen deutscher, amerikanischer oder Offiziere anderer Nationalität verursacht wurde.
Bei einem Schaden, der durch militärische Aktionen der NATO in Verletzung des Kriegsrechts verursacht wurde, richtet sich der Anspruch gegen jeden NATO-Staat. Der Geschädigte muß nicht nachweisen, daß sein Schaden durch amerikanische oder britische oder deutsche Bomber verursacht wurde. Da der Krieg von den NATO-Staaten gemeinschaftlich geführt wurde, haftet jeder von ihnen für das Ganze. Dieser gesamtschuldnerische Grundsatz, der sich in § 421 BGB findet, gilt auch im Völkerrecht. Ausdrücklich formuliert wurde er z.B. im Artikel V der Convention on the International Liability for Damage caused by Space Objects, 1972. (vgl. dazu John E. Noyes/Brian D. Smith, State Responsibility and the Principle of Joint and Several Liability, in 13 The Yale Journal of International Law 1988, p. 225, besonders p. 245f.)
§ 839 BGB ist nicht anwendbar. Damit würde der Umfang der aufgrund des Art. 3 Haager Konvention durch das Völkerrecht gebotenen Haftung unzulässig eingeschränkt werden. 839 BGB ist eine Regelung für hoheitliches Handeln von deutschen Beamten in Friedenszeiten. Sie wird durch die lex specialis für Kriegszeiten verdrängt. Sachbeschädigung, Körperverletzung und Tötung sind im Krieg erlaubt, wenn sich solche Akte im Rahmen der Regeln des Kriegsrechts bewegen. Werden diese Regeln verletzt, Zivilpersonen getötet oder zivile Objekte ungerechtfertigt zerstört, so haftet der Staat, dessen Soldaten (oder im Bündnis Soldaten des NATO-Partners) den Schaden verursacht haben. Die Rechtswidrigkeit ist gegeben, sobald die Rechtfertigung des Kriegsrechts wegen Verletzung seiner Regeln entfällt.
Die Handlung des Soldaten wird notwendig dem Staat zugerechnet, unabhängig davon ob er im Dienst auf Befehl, vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Diese Haftung ist wesentlich breiter als die in § 839 BGB vorgesehene Staatshaftung, die jedenfalls erfordert, daß die Handlung im Dienst und schuldhaft begangen wurde. Sie ist auch breiter als die übliche völkerrechtliche Haftung für das Handeln staatlicher Organe, bei denen jedenfalls erforderlich ist, daß sie als Organe des Staates gehandelt haben. Darauf verweist ausdrücklich Kalshoven: "In this regard Article 3 is broader in that it encompasses all violations of the Regulations committed by persons belonging to the armed forces, irrespective of whether these were done in that capacity or otherwise. This point is relevant because members of an armed force at war stand a greater chance than do other State organs of becoming entangled in ambiguous situations where it may be unclear whether they were acting in their capacity as an organ of State." (F. Kalshoven a.a.O. p. 837)
Man darf hinzufügen, daß es für den handelnden Bomberpiloten sehr häufig überhaupt nicht auszumachen ist, ob er ein militärisches Ziel bombardiert oder nicht und daß es umgekehrt für die geschädigte Zivilperson in aller Regel völlig unmöglich ist, zu erkennen oder festzustellen zu welchem Staat die Bombenflugzeuge gehörten, welche Maschinen die Bomben ausgelöst haben, was der Pilot erkennen konnte, ob es militärische Ziele in der Nähe gab, ob die Piloten ihre Befehle eingehalten oder überschritten haben, ob sie z. Zt. der Tat zurechnungsfähig waren oder nicht usw. D.h., eine Umsetzung der völkerrechtlichen Haftungspflicht des Staates ist im Grunde nur möglich, wenn allein die Verursachung des völkerrechtwidrigen Schadens zugrunde gelegt wird. Nur das wird der besonderen Situation im bewaffneten Konflikt und dem ungleichen Verhältnis zwischen Individuum und hochentwickelter Militärtechnik gerecht. Gerade das war bereits die Begründung der deutschen Delegation bei der Einführung des Artikels 3 auf der Haager Konferenz 1907.
Ein durch Aktionen der NATO in Jugoslawien völkerrechtswidrig – d. h. unter Verletzung der Regeln für den bewaffneten Konflikt – Geschädigter hat einen völkerrechtlichen Schadenersatzanspruch gegenüber jedem NATO-Staat, beruft sich darauf, sei es in den USA, in der BRD oder in Frankreich, und - wenn er in Deutschland klagt - nicht auf § 839 BGB, der die Haftung für normale Beamtenhandlungen in Friedenszeiten in der BRD regelt.
III. 2. 2. Schlußfolgerungen für die Anspruchsbegründung von Schadenersatzforderungen
Im Ergebnis des unter III. 2. 1. dargelegten völkerrechtlichen Hintergrunds ist beabsichtigt, die Schadenersatzansprüche unmittelbar aus der Verletzung der Regeln für den bewaffneten Konflikt (Ziff. 2 der dortigen Ausführungen) herzuleiten. Denn die durch militärische Schädigungshandlungen unter Verletzung des Kriegsrechts verursachten Schäden führen zu einem völkerrechtlichen Schadenersatzanspruch der Geschädigten gegenüber jedem NATO - Mitgliedsstaat, also jeweils einzeln gegenüber den USA, Frankreichs, der Bundesrepublik Deutschland und den weiteren NATO Staaten.
III. 2. 3. Die relevanten Normen des Kriegsrechts
Die Regeln des Kriegsrechts sind in der Haager Landkriegsordnung, in der Genfer Konvention und in den Zusatzprotokollen zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte enthalten. Von zentraler Bedeutung sind hier insbesondere die Regeln des Zusatzprotokolls I vom 8. Juni 1977, in der klare völkerrechtliche Normen zum Schutz der von bewaffneten Konflikten betroffenen Personen und Gebiete enthalten sind. Für das Projektvorhaben besitzen insbesondere diejenigen Normen Relevanz, die den Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten sollen. Im einzelnen handelt es sich um die folgenden Regelungen, die hier in ihren wesentlichen Bestandteilen zitiert werden:
Artikel 35 (1) - allgemeine Grundregel -: " In einem bewaffneten Konflikt haben die am Konflikt beteiligten Parteien kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Methoden und Mittel der Kriegführung. " Artikel 35 (2): " Es ist verboten, Waffen, Geschosse und Material sowie Methoden der Kriegführung zu verwenden, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen. "
Artikel 48 - Schutz der Zivilbevölkerung -: " Um Schonung und Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte zu gewährleisten, unterscheiden die am Konflikt beteiligten Parteien jederzeit zwischen der Zivilbevölkerung und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen: sie dürfen daher ihre Kriegshandlungen nur gegen militärische Ziele richten. " Artikel 51 (1): "Die Zivilbevölkerung und einzelne Zivilpersonen genießen allgemeinen Schutz vor dem von Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren. Um diesem Schutz Wirksamkeit zu verleihen, sind neben den sonstigen Regeln des anwendbaren Völkerrechts folgende Vorschriften unter allen Umständen zu beachten. " Artikel 51 (2): " Weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen dürfen das Ziel von Angriffen sein. Die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten. " Artikel 51 (3): " Zivilpersonen genießen den durch diesen Abschnitt gewährten Schutz, sofern und solange sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. " Artikel 51 (4): " Unterschiedslose Angriffe sind verboten. Unterschiedslose Angriffe sind a) Angriffe, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden, b) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder c) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften dieses Protokolls begrenzt werden können und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekte unterschiedslos treffen können. " Artikel 51 (5): " Unter anderem sind folgende Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen: a) ein Angriff durch Bombardierung - gleichviel mit welchen Methoden oder Mitteln - bei dem mehrere deutlich voneinander getrennte militärische Einzelziele in einer Stadt, einem Dorf oder einem sonstigen Gebiet, in dem Zivilpersonen oder zivile Objekte ähnlich stark konzentriert sind, wie ein einziges militärisches Ziel behandelt werden, und b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, daß er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbar militärischen Vorteil stehen. " Artikel 51 (6): " Angriffe gegen die Zivilbevölkerung oder gegen Zivilpersonen als Repressalien sind verboten. " Artikel 52 (1) - Schutz ziviler Objekte -: " Zivile Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden. Zivile Objekte sind alle Objekte, die nicht militärische Ziele im Sinne des Absatzes 2 sind. Artikel 52 (2): " Angriffe sind streng auf militärische Ziele zu beschränken. Soweit es sich um Objekte handelt, gelten als militärische Ziele nur solche Objekte, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, deren Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt. " Artikel 52 (3): " Im Zweifelsfall wird vermutet, daß ein in der Regel für zivile Zwecke bestimmtes Objekt, wie beispielsweise eine Kultstätte, ein Haus, eine sonstige Wohnstätte oder eine Schule, nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen beizutragen. " Artikel 57 (1) - Vorsichtsmaßnahmen beim Angriff -: " Bei Kriegshandlungen ist stets darauf zu achten, daß die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen und zivile Objekte verschont bleiben. " Artikel 57 (2): " Im Zusammenhang mit Angriffen sind folgende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen: a) Wer einen Angriff plant oder beschließt, i) hat alles praktisch Mögliche zu tun, um sicher zu gehen, daß die Angriffsziele weder Zivilpersonen noch zivile Objekte sind und nicht unter besonderem Schutz stehen, sondern militärische Ziele im Sinne des Artikel 52 Abs. 2 sind und daß der Angriff nicht nach diesem Protokoll verboten ist; ii) hat bei der Wahl der Angriffsmittel und -methoden alle praktisch möglichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen und die Beschädigung ziviler Objekte, die dadurch mitverursacht werden könnten, zu vermeiden und in jedem Fall auf ein Mindestmaß zu beschränken; iii) hat von jedem Angriff Abstand zu nehmen, bei dem damit zu rechnen ist, daß er auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen; b) ein Angriff ist endgültig oder vorläufig einzustellen, wenn sich erweist, daß sein Ziel nichtmilitärischer Art ist, daß es unter besonderem Schutz steht oder daß damit zu rechnen ist, daß der Angriff auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen; c) Angriffen, durch welche die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden kann, muß eine wirksame Warnung vorausgehen, es sei denn, die gegebenen Umstände erlaubten dies nicht. Artikel 57 (4): " Bei Kriegshandlungen auf See oder in der Luft hat jede der am Konflikt beteiligten Partei im Einklang mit den Rechten und Pflichten, die sich aus den Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts für sie ergeben, alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung und die Beschädigung ziviler Objekte zu vermeiden. " Artikel 57 (5.): "Die Bestimmungen dieses Artikels sind nicht so auszulegen, als erlaubten sie Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen oder zivile Objekte. "
Das Verbot der Waffenanwendung gegen die Zivilbevölkerung stellt eine derjenigen Normen dar, die im Zweiten Weltkrieg wie auch in den seitherigen bewaffneten Konflikten am häufigsten mißachtet worden ist. Ungeachtet dessen gehört dieses Verbot zu den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts.Das wurde auch immer wieder bekräftigt, so z. B. in der von der UN - Generalversammlung einstimmig angenommenen Resolution 2444 (XXIII) vom 19. Dezember 1968, in der ausdrücklich festgestellt wird, daß es " verboten ist, Angriffe gegen die Zivilbevölkerung als solche zu führen ". Während der bewaffneten Konflikte seit 1968 haben die Generalversammlung und der UN -Sicherheitsrat das allgemeine Verbot mehrfach bestätigt (so zuletzt am 16. März 1988, UN Dokumentation S/19626). Diese Resolutionen sind keine Rechtsetzung oder Rechtsauslegung, sondern die Bestätigung und Bekräftigung geltenden Rechts durch die UN-Mitgliedsstaaten. Mit der Erklärung des Europäischen Rates vom 16. Juni 1998 zur Kosovo-Krise wurde gegenüber der Bundesrepublik Jugoslawien der " Abbruch aller Operationen der Sicherheitskräfte gegen die Zivilbevölkerung und Rückzug der für die Unterdrückung der Zivilbevölkerung eingesetzten Sicherheitskräfte " gefordert. Selbiges beinhaltet schließlich auch die Resolution des UN-Sicherheitsrats 1199 vom 23. September 1998, mit der die jugoslawische Regierung ebenfalls aufgefordert wurde, im Kosovo alle Gewaltaktionen gegen die Zivilbevölkerung einzustellen. Selbstverständlich haben sich diese Staaten an den gleichen Maßstäben messen zu lassen, die sie gegenüber der Bundesrepublik Jugoslawien auf Grundlage der dargelegten Kriegrechtsnormen mit den vorgenannten Erklärungen bzw. Resolutionen einforderten.
III. 2. 4. Die Fallauswahl - objektbezogene und umstandsbezogene Fallkriterien
Aus der oben dargelegten Normenlage des Kriegsrechts leiten sich die folgende Kriterien für die Auswahl der Fälle ab, die Gegenstand der Untersuchung der Rechtswidrigkeit militärischer Schädigungshandlungen durch die NATO - Mitgliedsstaaten sein werden: 1. Objekte der militärischen Schädigungshandlungen:
Bei der Auswahl der Fälle für die Klageverfahren kommen somit serbische und albanische Geschädigte ebenso in Betracht, wie Geschädigte aus der Bundesrepublik Deutschland, den USA oder jedem anderen Staat.
2. Hinsichtlich der Ereignisumstände können die militärischen Schädigungshandlungen an den unter Ziff. 1. Genannten Objekten: a) räumlich abseits von militärischen Objekten und/oder Stellungen der jugoslawischen Armee und Miliz, abseits von Truppenbewegungen bzw. Kampfhandlungen oder auch b) zeitlich getrennt von Truppenbewegungen bzw. Kampfhandlungen liegen.
IV. 4. Prozeßrechtliche Voraussetzungen
Es ergeben sich eine Vielzahl von prozeßrechtlichen Fragen, die hier nachfolgend nur skizziert werden. Ihre konkrete Untersetzung bleibt entsprechenden Beratungen zwischen den am Projekt mitarbeitenden Juristen vorbehalten. Zu den zu klärenden Problemkreisen gehören:
b) Gerichtszuständigkeit (Zivilgericht/Verwaltungsgericht), beachte hierbei Artikel 34 Grundgesetz, der ausdrücklich den ordentlichen Rechtsweg benennt); c) Gerichtsstand (Gerichtsstand ist der allgemeine Gerichtsstand der Bundesrepublik, konkret der des Sitzes der betroffenen Behörde, Berlin als Sitz der Regierung (Details. bei Zöller/Vollkommer, § 18, Rn.13) nach §§ 12,18 ZPO; zwar sieht § 32 einen besonderen Gerichtsstand für unerlaubte Handlungen (Tatortprinzip) vor, aber dieser ist nicht ausschließlich und verdrängt mithin den allgemeinen Gerichtsstand nicht (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, § 12 Rn.9), er kann gewählt werden, muß aber nicht. Nichts anderes gilt nach der VwGO, wäre das Verwaltungsgericht zuständig; d) Anforderungen an die Beweisführung; e) Beweislast/Beweislastverteilung zwischen Klägern und der Beklagten; f) formelle Anforderungen an ausländische Urkunden, um den Anforderungen der Erhebung des Urkundsbeweises zu entsprechen; g) Beweisaufnahme im Ausland durch das deutsche Prozeßgericht (§§ 355 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 375 Abs. 1 und 1a, 402,451 ZPO) h) Vernehmung von Beweispersonen (Zeugen), i) Feststellungs- und/oder Leistungsklage - " Stufenklage "- (insbesondere unter dem Gesichtspunkt, den Streitwert für die Pilotverfahren zunächst gering zu halten), j) sogenannte" Kettenklagen " oder Einzelklagen k) Gerichtskosten/Gerichtskostenvorschüsse (hier sollte fallbezogen (!) auch geprüft werden, inwieweit die Voraussetzungen vorliegen, den Gegner gerichtlich verpflichten zu lassen, die - abweichend vom gesetzlichen Regelfall - zu tragenden Gerichtskostenvorschüsse zu zahlen), l) Prozeßkostenhilfe (§ 114 ZPO, insbesondere das Problem der " hinreichenden Erfolgsaussichten " unter Berücksichtigung der dazu entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
III. 4 Die Sichtung, Aufarbeitung, Dokumentation und Archivierung konkreter militärischer Schädigungshandlungen entsprechend den Fallkriterien
Entsprechend den unter III. 2. 4. aufgestellten Fallkriterien sind konkrete militärische Schädigungshandlungen mit der Zielsetzung der Auswahl derjenigen Schadensfälle, die die materiellrechtlichen und prozeßrechtlichen Voraussetzungen für die gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erfüllen, zu sichten, aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Grundlage für diese Falluntersuchungen sind mehrere 100 Fälle, die das Belgrader "COMMITTEE FOR COMPILING DATA ON CRIMES COMMITTEED AGAINST HUMANITY AND INTERNATIONAL LAW" (Komitee zur Datensammlung über Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das Völkerrecht) in der zweibändigen Dokumentation über Kriegsschäden unter dem Titel "NATO Crimes in Yugoslavia" in Kurzfassung dokumentiert hat. Außerdem werden weitere Fälle durch jugoslawische Rechtsanwälte zugearbeitet, sobald mit der Projektarbeit begonnen wird.
III. 5. NATO - Aggression gegen Jugoslawien in makrokriminologischer Sicht - Empirische Studie zu den Folgen der Bombardements -
Für die juristische Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen der durch NATO-Bombardements Geschädigter kann die empirische Erfassung der Folgen der Bombenangriffe (Einzelfallanalyse) unter dem Aspekt der verantwortungsbegründenden Normverletzung von unschätzbaren Wert sein. Makrokriminologische Forschung bietet sowohl das konzeptionelle als auch das empirische Know How für eine Untersuchung und Aufbereitung der einzelnen Fälle von militärischen Schädigungshandlungen. Der erste - und durchaus zutreffende - Eindruck, der nahelegt, daß die NATO-Bombardements eine klare Verletzung des Aggressionsverbots darstellen, ist gerade hinsichtlich der Beurteilung der Realisierungswahrscheinlichkeiten von Schadenersatzansprüchen zu hinterfragen. Der Gegensatz zwischen offensichtlicher Verletzung des völkerrechtlichen Aggressionsverbots einerseits und die ebenso offensichtliche Unmöglichkeit, daraus - bislang - Sanktionen abzuleiten andererseits, zeigt sich in der nunmehr selbst in Jugoslawien eingetretenen paradoxen Situation, die darin besteht, daß zwar strafgerichtliche Verurteilungen von NATO-Politikern rechtskräftig vorliegen, inzwischen jedoch einige dieser Verurteilten in Belgrad wieder aus und ein gehen (wie Joseph Fischer), ohne daß sie belangt werden. In diesem Zustand drückt sich die bekannte Differenz zwischen Recht und Geltung aus. Für den Einzelfall (bzw. für Gruppen von Einzelfällen) ist deshalb zu untersuchen, wie sich die Legitimität bzw. Illegitimität der NATO-Bombardements als Verhältnis von Rechtskonformität und "gemeinsamen Anschauungen" (shared beliefs) darstellt und wo sich der Bereich der weitestgehenden Übereinstimmung befindet. Dieser Bereich müßte erwartungsgemäß der für die Schadenersatzklagen erfolgversprechendste sein. Aus dieser Untersuchung werden sich im übrigen eine Fülle von Argumenten für die Begründung von Schadenersatzklagen einzelfallbezogen ableiten lassen. Die Analyse bezieht sich im weiteren auf zwei Ebenen: Zum einen geht es darum, die normativen Voraussetzungen genauer zu bestimmen, von denen ausgehend die Einzelfälle zu beurteilen sind. Zum anderen - und hier liegt der kriminologische Schwerpunkt - sind die Einzelfälle von dieser normativen Grundlage ausgehend empirsch datenmäßig zu erfassen, quantitativ und qualitativ auszuwerten und zu beschreiben. Wesentlich ist dabei, die an der Beschreibung und Bewertung der Einzelfälle beteiligten Diskurse - damit sind die jeweiligen Definitionen und Klassifikationen durch die verschiedenen Seiten (Jugoslawien, transnationale Organisationen wie z.B. Amnesty International, Tribunal in Den Haag, NATO) gemeint - zu erfassen. Aus dieser Analyse ergeben sich Informationen zu spezifischen sachlichen Beweismitteln, Zeugen und Experten, die für eine substantielle Begründung und langfristige Durchsetzung der Schadenersatzansprüche erforderlich sind. Ihr kommt damit Bedeutung für die praktische Klagedurchsetzung (Begründungen, Stellungnahmen, Beweisanträge) zu. Das Erfordernis einer systematisch - umfassend betriebenen empirischen Analyse der Fälle unter den angedeuteten Gesichtspunkten ergibt sich aus der Tatsache, daß die Durchsetzung der Schadenersatzansprüche effektiv nicht in der Perspektive einer Einzelfalldarstellung betrieben werden sollte. Die angestrebten Einzelfallklagen werden substantiell wesentlich tiefgreifender begründet sein, wenn sie als Teil eines Gesamtvorganges begriffen und dargestellt werden. Sollte aus Ressource-Gründen eine Gesamtanalyse nicht möglich sein, wäre eine komplexe empirische Einzelfallaufbereitung dennoch erforderlich. Mit der Erarbeitung der makrokriminologischen Analyse ist weiterhin notwendig die Verbindung und Kooperation zu Experten gegeben, die sich mit der Untersuchung von Staatskriminalität und Menschenrechtsverletzungen beschäftigen, woraus sich wiederum ein Unterstützungseffekt für das eigene Projekt ableitet und letztlich auch die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit neu thematisiert werden kann. (Die vorstehenden Ausführungen wurden als Zuarbeit des Kriminologen Dr. U. Ewald übernommen.)
IV. Praktische Umsetzung des Projektvorhabens und Arbeitsplan IV. 1 Verantwortlichkeit für die fachliche Umsetzung
Die fachliche Realisierung und Organisationen des Vorhabens erfolgt unter verantwortlicher Leitung der Rechtsanwaltskanzlei Ulrich Dost. Die Kanzlei hat zu gewährleisten, daß alle erforderlichen juristischen und praktischen Vorarbeiten koordiniert und entsprechend dem Arbeitsplan umgesetzt werden.
IV. 2 Expertenteam
1. Es wird ein aus Juristen bestehendes Expertenteam gebildet, daß die materiellrechtlichen und prozeßrechtlichen Problemstellungen für die beabsichtigten Schadensersatzklagen klärt. Hierbei wird darauf Wert gelegt, daß in dem Expertenteam sowohl Völkerrechtler als auch gerichtserfahrene Juristen, insbesondere mit Erfahrungen im Zivilrecht und Zivilprozeßrecht, jeweils themenbezogen mitarbeiten und zusammenarbeiten. Bisher haben sich folgende Kollegen themenbezogen zu einer Mitarbeit bereit erklärt:
Weitere Kollegen kommen in Betracht:
2. Es ist denkbar, daß auch zu ausgewählten Fragen Militärexperten in die Arbeit einzubeziehen sind. Hierfür kommen in Betracht:
3. Es stehen folgende jugoslawische Rechtsanwälte/Juristen zur Zusammenarbeit bereit:
4. Das Belgrader Komitee zur Datensammlung über Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das Völkerrecht steht zur Zusammenarbeit zur Verfügung, insbesondere mit den dort archivierten Dokumenten. Unmittelbare Ansprechpartner sind:
IV. 3. Zeitplan
Zur Realisierung des Projektvorhabens stehen ca. 14 Monate zur Verfügung, vorausgesetzt, es kann bereits im Januar 2001 mit der Arbeit begonnen werden. Zeitgleich stehen zu Beginn der Umsetzung des Projektvorhabens 2 Aufgaben im Vordergrund: 1. Die Klärung der materiellrechtlichen Grundlagen für die Schadenersatzansprüche. Hierzu ist ein Völkerrechtgutachten in Auftrag zu geben. Das Gutachten sollte innerhalb von 2 bis 3 Monaten nach Auftragserteilung vorliegen. Termin (spätestens): 31. Mai 2001 2. Mit der Aufarbeitung der militärischen Schädigungshandlungen durch die NATO ist unverzüglich (möglichst noch im Januar 2000) zu beginnen. Es wird eingeschätzt, daß die Aufarbeitung und letztlich Auswahl der für Klageverfahren geeigneten Fälle bis zu 7 Monaten in Anspruch nehmen kann. Diese Schätzung ergibt sich nicht nur aus der Anzahl der zu prüfenden Fälle, sondern insbesondere auch aus der Tatsache, daß die bereits durch das Belgrader Komitee dokumentierten Fälle weitestgehend in jugoslawisch vorliegen, so daß zum Beispiel Zeugenaussagen und andere Beweisdokumente der Übersetzung in die deutsche Sprache bedürfen. Termin (der Fertigstellung): 31. Oktober 20013. Mit der Klärung der prozeßrechtlichen Fragen ist spätestens im März/April 2001 zu beginnen. Gewährleistet werden muß, daß die hier anstehenden Fragen etwa zeitgleich mit der Vorauswahl der Klageverfahren ausreichend abgeklärt sind. Termin: 31. August 2001 4. Mandatsanbahnung und Mandatierung: September 2001 5. Zuarbeit durch die jugoslawischen Kollegen (Tätigkeit als Verkehrsanwälte) 6. Geltendmachung der Schadensersatzforderungen in zwei Schritten: 6. 1. außergerichtliche Geltendmachung unter Fristsetzung und 6. 2. Fertigung der Klageschriftsätze und Klageeinreichung bis 24.03.2002.
IV. 4. Öffentlichkeitsarbeit
Eine gezielte und möglichst breite Öffentlichkeitsarbeit ist anzustreben. Um sie erreichen zu können, ist sie konzeptionell, also inhaltlich und zeitlich, von Beginn an in die Projektarbeit einzubeziehen. Es ist frühzeitig mit der Öffentlichkeitsarbeit zu beginnen. Ziel dabei ist es, die Öffentlichkeit für die Kriegsproblematik zu sensibelisieren, insbesondere Verständnis und Mitgefühl für die Kriegsopfer und zumindest in Teilen der Bevölkerung eine Solidarisierung mit den Kriegsopfern zu erreichen. Zu diesem Zweck werden im Rahmen der Sichtung und Dokumentation militärischer Schädigungshandlungen einzelne Fälle ausgewählt und an die Medien zur Veröffentlichung weitergeleitet. Neben der Veröffentlichung von Einzelschicksalen sind auch Publikationen zu Kriegsschadensfällen, beispielsweise zu den Fakten, Hintergründen und Konsequenzen des Uranwaffeneinsatzes, anzustreben. In Betracht kommen dafür die staatlichen Rundfunkanstalten wie die ARD (Redaktionen von "Panorama ", " Monitor " und " Kontraste "). Gute Erfahrungen wurden im Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Berliner Tribunal im Sommer dieses Jahres mit folgenden Zeitungen gemacht: " Neues Deutschland ", " Junge Welt "," Freitag ", " Frankfurter Rundschau" und diverse Gewerkschafts- und Kirchenzeitungen. Auch Parteizeitungen kommen in Betracht. Die bestehenden Kontakte in die USA zu dem ehemaligen Justizminister der USA, Ramsay Clark und zum IAC (International Action Center) in New York ermöglichen auch dort entsprechende Öffentlichkeitsarbeit. Des weiteren sind auch Pressekonferenzen, z.B. am Tag der Einreichung der Klagen bei Gericht, abzuhalten. Darüber hinaus können Einzelpersönlichkeiten für die Verbreitung in der Öffentlichkeit beitragen. So hat zum Beispiel die Schauspielerin Käthe Reichel bereits ihre Unterstützung zugesagt. Mit der Schriftstellerin und Dokumentaristin Daniela Dahn wird gesprochen. Unterstützung ist ebenfalls denkbar durch die Gesellschaft für Bürger- und Menschenrechte e. V., die maßgeblich das Berliner Tribunal vorbereitet hat und als NGO (nichtstaatlicher Organisation) über umfangreiche internationale Kontakte verfügt. Auch sind Veröffentlichungen in jugoslawischen Zeitungen, sowohl in Deutschland wie auch in Jugoslawien möglich. Die hier dargelegten Vorstellungen zur Öffentlichkeitsarbeit sind nicht erschöpfend, sie bedürfen zu gegebener Zeit konzeptioneller Planung.
V. Die grundlegenden Anforderungen zur Realisierung des Projektvorhabens
Die Realisierung des hier vorgestellten Projektvorhabens setzt in jeder Beziehung einen langen Atem voraus. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen werden sich über Jahre hinziehen. Es muß mit Rückschlägen gerechnet werden. Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten. Die Bereitstellung entsprechender Finanzmittel ist die grundlegende Voraussetzung für die Realisierbarkeit des Vorhabens. Diesen äußeren Bedingungen muß von Beginn an in vielfältiger Weise Rechnung getragen werden. Mit der zugesagten Bereitstellung von Finanzmitteln durch bisher zwei Privatpersonen in beträchtlicher Höhe wird ein beachtlicher Sockelbetrag als Grundstock bereitgestellt, der jedoch noch nicht ausreicht, die Finanzierung zu gewährleisten. Weitere Privatpersonen haben ihr Interesse an der Mitfinanzierung bekundet. Darüber hinaus wird es erforderlich sein, weitere Finanzmittel zu erschließen.
V. 1. Die Bildung eines Projektrats
Es wird ein ehrenamtlich tätiger Projektrat gebildet. In dem Projektrat können alle an der Verwirklichung des Projektvorhabens Interessierten mitarbeiten. Die Aufgaben des Projektrats werden vielfältig sein. So wird der Projektrat treuhänderisch die von Einzelpersonen und Organisationen zweckgebunden für das Projekt zur Verfügung gestellten Finanzmittel verwalten. Der Projektrat wird darüber hinaus darüber zu befinden haben, ob zur Realisierung des langjährigen Projektvorhabens perspektivisch die Gründung eines Vereins oder zum Beispiel einer Bürgerstiftung anzustreben ist. Über ihn wird die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und die Öffentlichkeitsarbeit organisiert. Der Projektrat wird damit also eine Schlüsselstellung zur Gewährleistung der Projektdurchführung einnehmen und somit die fachliche Arbeit der Juristen innerhalb des Projekts ständig begleiten. Der Projektrat wird seine Arbeit im Januar 2001 aufnehmen. Die Vorbereitung wird von den Eheleuten Cornelia und Harald Kampffmeyer (Berlin) übernommen.
V. 2. Finanzplanung
Die Finanzkalkulation für das 1. Arbeitsjahr wird durch eine Wirtschaftsberatungsgesellschaft in Dresden erfolgen. Sie wird Mitte Januar 2001 vorliegen. Sie wird dem Projektrat und allen Personen und Organisationen, die sich an der Finanzierung des Projekts beteiligen, zur Verfügung stehen.
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