Armin Fiand

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Armin Fiand, Minsbekweg 4 a, 22399 Hamburg

Herrn Erwin Huber

Staatsminister und Leiter
der Bayerischen Staatskanzlei

Franz-Josef-Strauß-Ring 1

80539 München

18. Februar 2002

 

Sehr geehrter Herr Staatsminister Huber,

ich habe im Internet folgende Nachricht gelesen:

München, 16. Februar (AFP) - Der Chef der bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber (CSU), hat laut "Focus" den Westdeutschen Rundfunk (WDR) dafür verantwortlich gemacht, dass Jugoslawiens Ex-Präsident Slobodan Milosevic einen WDR-Beitrag für seine Verteidigung vor dem UN-Kriegsverbrecher-tribunal in Den Haag verwenden konnte. Wie das Münchner Magazin in seiner neuen Ausgabe berichtet, forderte Huber den WDR-Intendanten Fritz Pleitgen zur "schonungslosen Aufklärung, Benennung der Verantwortlichen und zu einer Entschuldigung" auf. Es sei skandalös, dass WDR-Material als Entlastungsmaterial für einen angeklagten Mörder dienen könne. (AFP)

Unterstellt, Sie hätten sich wirklich in diesem Sinne geäußert (woran ich keinen Zweifel habe). Was wollen Sie eigentlich damit sagen?

Sind Sie der Meinung, daß der WDR den Beitrag gar nicht hätte produzieren dürfen, um zu vermeiden, daß er im serbischen Fernsehen gezeigt wird?

Glauben Sie gar, daß der WDR den Beitrag Milosevic habe zuspielen wollen, damit er ihn im Strafverfahren als Entlastungsmaterial verwendet?

Wollen Sie einem Angeklagten das Recht absprechen, von allen Beweismitteln Gebrauch zu machen, auf die er zugreifen kann und die ihn entlasten könnten?

Soll es beispielsweise Herrn Milosevic verwehrt sein, sich darauf zu berufen, daß das Straftribunal in Den Haag, das über ihn zu Gericht sitzt, praktisch eine Einrichtung der Nato sei, was deren ehemaliger Nato-Sprecher Jamie Shea auf einer Pressekonferenz am 16.05.1999, als es um die theoretische Möglichkeit ging, daß das Tribunal gegen die Nato Anklage erheben könnte, mit den Worten bestätigt habe: "Die Nato ist eine Freundin des Tribunals... Es waren die Nato-Länder, die das Geld für die Einrichtung des Tribunals bezahlt haben, wir stellen die Mehrzahl der Geldgeber..."

Der WDR-Intendant Fritz Pleitgen wäre jedenfalls schlecht beraten, wenn er Ihrer Aufforderung nachkommen und sich entschuldigen sollte. Wofür? Der WDR-Beitrag ist gesendet worden, um der deutschen Bevölkerung vor Augen zu führen, daß Deutschland durch Lügen und Manipulationen seiner Regierung in einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien hineingezogen worden ist. Dies ist den Autoren der Sendung in einer recht eindrucksvollen Weise gelungen. Natürlich hat es damals wütende Proteste gegeben. Nur waren die vorgebrachten Argumente in keinster Weise geeignet, ernsthafte Zweifel am Wahrheitsgehalt dessen aufkommen zu lassen, was in der Sendung dargestellt und behauptet worden ist. Denn die Autoren der Sendung stehen mit ihren Thesen, die von Ihnen offensichtlich als ketzerisch angesehen werden, keineswegs allein. So kommt auch der ehemalige Brigadegeneral Heinz Loquai, ein exquisiter Kenner der Materie, der den Stein gleichsam ins Rollen gebracht hat, zu dem Ergebnis ("Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg"), daß die deutsche Bevölkerung durch Un- und Halbwahrheiten auf einen Krieg eingestimmt worden ist, der nach Auffassung der weitaus meisten Völkerrechtler rechtswidrig war. Die behauptete humanitäre Katastrophe im Kosovo hat es vor dem Beginn der Luftschläge der Nato nicht gegeben. Sie ist erst durch die Luftschläge ausgelöst worden.

Wenn aber doch die Autoren der WDR-Sendung und Herr Loquai Unwahrheiten verbreitet haben sollten? Warum ist Herr Scharping nicht gerichtlich gegen sie vorgegangen und hat sie auf Widerruf und/oder Unterlassung in Anspruch genommen? Das wäre doch ein juristisches Kinderspiel gewesen, wenn, ja wenn die Betroffenen nach dem Gesetz nicht die Möglichkeit hätten, den Wahrheitsbeweis für Ihre Behauptungen zu führen. Es war keine falsche Rücksichtnahme, die Herrn Scharping bewogen hat, nichts zu unternehmen, sondern die weise Einsicht, daß es keinen Sinn macht, ein Eigentor zu schießen.

Vielleicht haben Sie einmal Gelegenheit, sich meine Strafanzeige vom 27.03.2001 (Anlage) anzusehen, die ich gegen den Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping und den Bundesaußenminister Joschka Fischer wegen Friedensverrats (der Vorbereitung und des Führens eines Angriffskrieges) erstattet habe. Sie werden feststellen, daß das, was Herr Milosevic zu seiner Verteidigung vorbringt, so falsch nicht ist, sondern im wesentlichen mit meiner Rechtsauffassung übereinstimmt. Ich bin mit Herrn Milosevic weder verwandt noch verschwägert. Ich stehe ihm auch nicht ideologisch oder geistig nahe. Ich habe jedoch etwas dagegen, daß Sachverhalte verfälscht werden und jemand verurteilt ist, bevor er überhaupt den Gerichtssaal betreten und den Mund aufgemacht hat. Ich habe etwas gegen Schauprozesse. Auch für Herrn Milosevic gilt die in den Statuten des Internationalen Strafgerichtshofs für das frühere Jugoslawien verankerte Unschuldsvermutung, die besagt, daß ein Angeklagter als unschuldig gilt, solange er nicht rechtskräftig verurteilt ist.

Es stört mein Rechtsempfinden, daß Milosevic als Schurke und Mörder abgestempelt wird, bevor dies von einem Gericht in einem Verfahren, das rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt, festgestellt ist. Solchen Ansprüchen genügt das Verfahren vor dem Straftribunal in Den Haag nicht. Das Gericht ist nicht unbefangen. Es sieht seine Aufgabe darin, der Nato den Rechtfertigungsgrund für den Überfall auf Jugoslawien zu verschaffen, der ihr bisher fehlt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

( Fiand )