Berlin - Bei dem Luftangriff im Mai 1999 auf die serbische
Kleinstadt Varvarin wurden zehn Menschen getötet und mehr als 30
verletzt. "Es ging darum, die Zivilbevölkerung zu treffen",
sagte der Vertreter der Kläger, Rechtsanwalt Ulrich Dost, in Berlin. Die
allgemeinen Regeln des humanitären Völkerrechts seien verletzt worden.
Das 4000 Einwohner zählende Dorf habe 200 Kilometer vom damaligen
Kampfgebiet gelegen. Am Sonntag, den 30. Mai 1999, hätten zwei
Nato-Flugzeuge vier Raketen auf die Brücke der Stadt abgefeuert. An
diesem Tag sei Markt gewesen und ein Kirchenfest veranstaltet worden. In
Varvarin und Umgebung hätte es keine militärischen Einrichtungen
gegeben.
Angriffe auf die Zivilbevölkerung, unverteidigte Orte und Angriffe
ohne Vorwarnung seien verboten, sagte der Anwalt weiter. Deutschland habe
Kenntnis von den Angriffsplänen gehabt und sich einverstanden erklärt.
Die Mutter eines damals getöteten 15-jährigen Mädchens sagte: "Wir
wollen Gerechtigkeit." Varvarin sei kein Einzelfall.
Die Nato habe den Angriff als legitim bezeichnet, sagte Dost. Das
Verteidigungsministerium in Berlin habe sein Bedauern ausgedrückt,
Schadenersatzforderungen aber abgelehnt. Das Verhalten der Piloten könne
nicht Deutschland zugerechnet werden. Die Schadenersatzforderungen
belaufen sich auf 4,15 Millionen Euro.
17. Januar 2002
SPIEGEL
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