RECHTSANWALTSKANZLEI RECHTSANWALT Zugelassen auch am Kammergericht Berlin
Anonymisierte und gekürzte Fassung der Klage (ohne med. Gutachten und ohne Anlagen) K l a g e
der jugoslawischen Staatsbürger 1) die Erbengemeinschaft - die Kläger zu 1) -
2) Frau Marijana
Stojanovic - die Klägerin zu 2) -
3) Frau
Marina Jovanovic - die Klägerin zu 3) -
4) Herr
Radivoje Savic, - der Kläger zu 4) -
5) die Erbengemeinschaft 5.1.
Frau Danica Obradovic - die Klägerinnen zu 5) - 6) Herr Pedrag
Macic
- der Kläger zu 6) - - der Kläger zu 7) -
8) Herr Miroljub
Brajkovic - der Kläger zu 8) - 9) Herr Bozidar
Dimitrijevic - der Kläger zu 9) -
10) die Erbengemeinschaft - die Klägerinnen zu 10) -
11) die
Erbin Frau Radmila Ristic - die Klägerin zu 11) -
12) Herr Slobodan
Ivanovic - die Klägerin zu 12) -
13) Herr Aleksandar
Mijatovic - der Kläger zu 13) - 14) die Erbengemeinschaft - die Klägerinnen zu 14) -
15) Herr Pedrag
Milosevic - der Kläger zu 15) -
16) die Erbengemeinschaft
- die Klägerinnen zu 16) - - der Kläger zu 17) -
18) Herr Goran
Stojanovic - der Kläger zu 18) -
19) Herr Miroslav
Dakic - der Kläger zu 19) -
20) Frau Zivadinka
Jovanovic - die Klägerin zu 20) -
21) die Erbengemeinschaft - die Klägerinnen zu 21 -
22) Herr Momcilo
Jevtic - der Kläger zu 22 - 23) Herr Vlastimir
Vasic - der Kläger zu 23 - 24) Frau
Mirjana Terzic - die Klägerin zu 24 - 25) Herr Predrag
Savic - der Kläger zu 25 - 26) Herr
Slabojub Kovacevic - der Kläger zu 26 - 27) Frau Mirjana
Nesic - die Klägerin zu 27 -
Prozeßbevollmächtigter der Kläger
zu 1) bis 27):
gegen
die Bundesrepublik Deutschland,
- Beklagte - Prozeßbevollmächtigte: derzeit noch unbekannt
wegen: zum vorläufigen Streitwert: wird auf die Ausführungen unter II., 3. verwiesen
Namens und in Auftrag der Kläger zu 1) bis 27)
(Vollmachten: Anlage 1) erhebe ich die vorliegende Klage.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen eine angemessene Geldentschädigung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 200.000 DM nicht unterschreitet zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl I S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. 3. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 200.000 DM nicht unterschreitet zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl I S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Luftangriff der NATO - Streitkräfte vom 30. Mai 1999 in der jugoslawischen Stadt Varvarin (Serbien) noch entstehen wird. 3. Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. 4. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 200.000 DM nicht unterschreitet zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl I S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Luftangriff der NATO - Streitkräfte vom 30. Mai 1999 in der jugoslawischen Stadt Varvarin (Serbien) noch entstehen wird. 3. Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. 4. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 200.000 DM nicht unterschreitet zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl I S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Luftangriff der NATO - Streitkräfte vom 30. Mai 1999 in der jugoslawischen Stadt Varvarin (Serbien) noch entstehen wird. 3. Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. 4. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 200.000 DM nicht unterschreitet zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl I S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Luftangriff der NATO - Streitkräfte vom 30. Mai 1999 in der jugoslawischen Stadt Varvarin (Serbien) noch entstehen wird. 3. Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. 4. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen eine angemessene Geldentschädigung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 200.000 DM nicht unterschreitet zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl I S. 1242) seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 2. Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird für den Fall der Fristversäumnis beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. 3. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Die Klagebegründung gliedert sich wie folgt:
I. Sachverhalt S. 22
II. Zulässigkeit der Klage S. 55
III. Begründetheit der Klage S. 57
IV. Anspruch der Kläger auf Geldentschädigung nach deutschem Recht S. 77
1. Die Entscheidung der NATO - Mitgliedstaaten zu Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien Die Mitgliedsstaaten der NATO, zu denen auch die Beklagte gehört, faßten am 8. Oktober 1998 im NATO-Rat den Beschluß, mit einer von den NATO-Mitgliedstaaten gebildeten Eingreiftruppe unter Führung der NATO Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien durchzuführen. Zur Durchführung der Luftoperationen wurde der Generalsekretär der NATO autorisiert. Die Exekutive der Beklagten beschloß am 12. Oktober 1998, sich an den Luftoperationen mit eigenen Streitkräften zu beteiligen und beantragte noch am selben Tag (12. Oktober 1998) beim Deutschen Bundestag, »dem Einsatz bewaffneter Streitkräfte entsprechend dem von der Bundesregierung... beschlossenen deutschen Beitrag zu den von der NATO zur Abwendung einer humanitären Katastrophe im Kosovo - Konflikt geplanten, begrenzten und in Phasen durchzuführenden Luftoperationen für die von den NATO - Mitgliedstaaten gebildeten Eingreiftruppe unter Führung der NATO (zuzustimmen)«. Am 16. Oktober 1998 hat der Deutsche Bundestag die Zustimmung erteilt. Am 25. Februar 1999 hat der Bundestag auf Antrag der Bundesregierung (Drucksache 14/397) »dem Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte entsprechend dem von der Bundesregierung am 22. Februar 1999 beschlossenen Beitrag zur militärischen Umsetzung eines Rambouillet - Abkommens für den Kosovo sowie zu NATO - Operationen im Rahmen der Notfalltruppe (Extraction Force)« zugestimmt. Beweis Auf Grundlage dieser Beschlüsse wurden über einen Zeitraum von 78 Tagen zwischen dem 24. März und 10. Juni 1999 unter Beteiligung von Streitkräften der Beklagten Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien durchgeführt. Zu diesen Luftoperationen gehörte auch der Luftangriff auf die in Serbien gelegene Kleinstadt Varvarin am 10. Mai 1999, bei dem die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger verletzt bzw. getötet wurden.
2. Der Luftangriff auf die Stadt
Varvarin am 30. Mai 1999 Die jugoslawische Kleinstadt Varvarin mit ca. 4000 Einwohnern gehört zum Bundesland Serbien. Sie liegt ca. 180 km südöstlich von Belgrad und ca. 200 km vom Kosovo entfernt. Die Stadt ist - hinsichtlich öffentlicher Verkehrsmittel - nur mit dem Bus zu erreichen. Sie hat keinen Eisenbahnanschluß, liegt also abseits des regionalen bzw. landesweiten Eisenbahnnetzes. Varvarin ist nur über Nebenstraßen erreichbar, von Autobahnen oder Fernverkehrsstraßen wird die Stadt nicht tangiert. In der Region ist keine nennenswerte Industrie angesiedelt, lediglich eine kleine Firma der Textilindustrie, die als Zulieferer für die Produktion des PKW "Zastava " Fußmatten, Bezüge für Fahrzeugsitze und andere Fahrzeugtextilien herstellte, befindet sich unmittelbar in Varvarin. Die Stadt wird von kleinen Handwerksbetrieben und Reparaturwerkstätten geprägt. Ansonsten ist dort das Kreisgericht und die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft ansässig, daneben existiert noch eine kleine Poliklinik. In der Milizstation von Varvarin verrichteten 3 Polizisten ihren Dienst. Der größte Gewerbebetrieb von Varvarin ist ein Marktbetrieb, der als öffentlicher kommunaler Betrieb mit dem Namen »Varvarin« betrieben wird. Dieser Markt nimmt für die Einwohner der Stadt und der Dörfer in der Region eine Schlüsselposition für den Handel ein. Händler aus der gesamten Region bieten dort landwirtschaftliche Produkte und Gebrauchsgegenstände aller Art zum Verkauf an. Er dient den Bewohnern der Region als wichtigste Einkaufsquelle. Beweis Die Mehrzahl der Bevölkerung arbeitet in den landwirtschaftlichen Kleinbetrieben (Viehzucht und Ackerbau, teilweise Weinanbau) auf den Feldern und Ställen der umliegenden Dörfer oder betreibt Kleinhandel mit überwiegend landwirtschaftlichen Produkten. Die gesamte Region um Varvarin ist durch die Landwirtschaft geprägt. Beweis Weder in der Stadt selbst, noch in ihrer unmittelbaren Umgebung befanden sich jemals irgendwelche militärischen Einrichtungen. Die nächstgelegene Kaserne der jugoslawischen Armee ist ca. 22 km entfernt. Die Stadt blieb während der gesamten Zeit der Bürgerkriege in Jugoslawien von Kriegshandlungen, Truppenstationierungen, Militärtransporten und ebenso von der Herstellung kriegswichtiger Güter verschont. Das galt auch für die Zeit der Luftoperationen der NATO 1999. Varvarin galt bis zum 30. Mai 1999 unter der jugoslawischen Zivilbevölkerung als vor Kriegshandlungen sicherer Ort, deshalb waren auch Bewohner von Belgrad wegen der dortigen Bombardierungen durch die NATO nach Varvarin umgesiedelt. Zu ihnen gehörte u. a. auch die Klägerin zu 3). Beweis
2.2. Beschaffenheit der Brücke von Varvarin Die Stadt wird auf der östlichen Seite durch einen in süd- nördlicher Richtung fließenden kleinen Fluß, die " Morava ", begrenzt. Die Stadt verfügte, jedenfalls bis zum 30. Mai 1999, über eine den Fluß in West - Ost - Richtung überspannende Brücke. Sie war die einzigste Brücke über den Fluß, aus östlicher Richtung der einzigste Zugangsweg und daneben auch Hauptzugangsweg zur Stadt. Sie wurde 1924 in Deutschland erbaut, nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen von Reparationsleistungen in Deutschland demontiert und in Varvarin montiert. Die Brücke hatte eine Spannweite von insgesamt 180 m über den Fluß, die Fahrbahnbreite betrug 4,50 m und verfügte daneben über einen Fußgängerweg in einer Breite von (weiteren) 1,50 m. Nach den in der Bundesrepublik Jugoslawien geltenden verkehrsrechtlichen Bestimmungen war die Brücke lediglich für den sogenannten allgemeinen Straßenverkehr freigegeben , die begrenzte Tragfähigkeit (12 t) schloß ihre Nutzung z. B. für Schwertransporte aus. Beweis
2.3. Lage- und Ortsbeschreibung der Luftangriffe - die Brücke von Varvarin Die Stadtbebauung endet unmittelbar am Flußufer der " Morava ", ca. 150 m südlich und ca. 200 m südwestlich vom stadtseitigen Brückenende entfernt befinden sich ein Hotel und die Kirche des Ortes. Wenige 100 m nördlich des Brückenendes ist eine kleine Firma der Textilindustrie angesiedelt. Die in westlicher Richtung vom stadtseitigen Brückenende leicht ansteigend weiterführende Straße ist von kleinen Geschäften und einer Vielzahl von Wohnhäusern gesäumt. Die Stadt ist wegen der flachen Bebauung mit überwiegend ein oder zwei Geschossen aus der Vogelperspektive ungehindert einsehbar. Das trifft ebenso auf die Brücke zu, der Fluß hat auf beiden Seiten einen breiten, unbewachsenen und unbebauten Uferrand. Beweis
2.4. Das gesellschaftliche Leben in Varvarin unmittelbar vor den Luftangriffen Am Sonntag, den 30. Mai 1999 war in Varvarin - traditionell wie jeden Sonntag - zwischen 8:00 und ca. 16:00 Marktbetrieb. An diesem Tag hatte der Gewerbebetreiber des Marktes insgesamt 355 Marktstände registriert. Beweis Standort des Marktes sind die am stadtseitigen Brückenende weiterführende Hauptstraße und die abzweigenden Nebenstraßen. Nur wenige 100 m vom stadtseitigen Brückenende entfernt waren die Marktstände auch am 30. Mai 1999 auf der von dort weiterführenden Hauptstraße und in den Nebenstraßen verteilt. Außer den 355 mit Ständen registrierten Händlern kamen noch diejenigen hinzu, die keinen Marktstand haben und deshalb vom Betreiber des Marktes nicht registriert sind. Sie bieten an den Straßenrändern ihre Waren feil, so daß sich das Markttreiben bis auf ca. 50 m Entfernung zur Brücke erstreckte. Wie jeden Sonntag herrschte auch am 30. Mai 1999 reger Betrieb auf dem Markt, die Bewohner der Region kamen wie immer mit PKW, Bussen, Motorrädern, Fahrrädern oder zu Fuß zum Markt, die Brücke über die Morava war stark frequentiert. An diesem Tag befanden sich aber wesentlich mehr Menschen als an gewöhnlichen sonntäglichen Markttagen in der Stadt. Denn der 30. Mai 1999 war kirchlicher Feiertag, zum Fest der Heiligen Dreifaltigkeit veranstaltete die Kirche traditionell am Vormittag einen Stadtumzug. Anschließend wurde auf dem Freigelände der in unmittelbarer Nähe der Brücke befindlichen Kirche ein Festmahl verabreicht. Den ganzen Sonntag schien die Sonne, es war wolkenloser Himmel. Beweis Gegen Mittag des 30. Mai 1999 befanden sich nach Schätzungen von Zeugen allein auf dem Kirchengelände und dem Markt ca. 3000 bis 3500 Menschen. Zu diesem Zeitpunkt, zwischen 13:00 und 13:25, griffen zwei Kampfflugzeuge der NATO ohne jede Vorwarnung Varvarin im Tiefflug in zwei kurz hintereinander erfolgenden Angriffswellen an. Insgesamt 4 Raketen wurden in zwei hintereinander erfolgenden Angriffswellen auf die Brücke von Varvarin abgeschossen. Durch den Raketenbeschuß wurden zehn Menschen getötet und über 30 verletzt, davon 17 schwerverletzt. Die Kläger sind sämtlichst Geschädigte dieses Angriffs der NATO- Kampfflugzeuge.
2.5. Die erste Angriffswelle Durch die 1. Angriffswelle wurden insgesamt 3 Personen getötet und weitere 5 Personen schwerverletzt. Örtlich betrachtet befanden sich zu diesem Zeitpunkt 5 Personen unmittelbar auf der Brücke, von denen 3 Personen infolge des Raketenbeschusses getötet und zwei weitere schwerverletzt wurden. Weitere 3 Personen, die bei der erste Angriffswelle schwer verletzt wurden, befanden sich am Ufer der Morava in unmittelbarer Nähe der Brücke.
2.5.1. Getötete und schwerverletzte Personen auf der Brücke (1. Angriffswelle) Das jüngste Todesopfer des Luftangriffs ist die damals fünfzehnjährige Schülerin Sanja Milenkovic (Tochter der Kläger zu 1). Sie überquerte zu Fuß zum Zeitpunkt der 1. Angriffswelle gemeinsam mit ihren beiden gleichaltrigen Freundinnen und Geschädigten, Marijana Stojanovic (Klägerin zu 2) und Marina Jovanovic (Klägerin zu 3) vom Markt in Varvarin kommend die Brücke stadtauswärts. Sie hatten die Brücke etwa zur Hälfte überquert, als sie plötzlich Flugzeuggeräusche oder Raketengeräusche hörten. Wenige Sekunden später detonierten fast zeitgleich die beiden Raketen an der Brücke. Sie wurden in die Luft geschleudert und fielen anschließend auf das in die Morava stürzende Brückenteil. Sie hielten sich an dem schräg im Wasser liegenden Brückenteil fest. Durch die Detonationen hatte sich eine extrem starke Hitze entwickelt. Die Klägerin zu 3), Marina Jovanovic, glaubte zu verglühen. Sie lag von den drei Mädchen am weitesten oben auf dem schräg im Wasser liegenden Brückenteil. Etwa 1 m unterhalb lag die Klägerin zu 2), Marijana Stojanovic, und versuchte, sich krampfhaft an den Resten des Brückegeländers festzuhalten. Einen weiteren Meter unterhalb lag die Tochter der Kläger zu 1), Sanja Milenkovic, die sich am Brückengeländer festhielt und anfangs entsetzlich schrie. Die beiden Mädchen konnten sehen, daß Sanja Milenkovic bei Bewußtsein war, schwer atmete, aber nicht mehr sprechen konnte. Sie hatte die Augen geöffnet und schaute in Richtung der Klägerinnen zu 2) und 3), verlor kurzzeitig auch das Bewußtsein. Sie lag auf dem Bauch mit dem Gesicht zur Brücke und blutete stark an den Beinen. Sie verharrten in diesem Zustand ca. 5 Minuten bis die NATO Kampfflugzeuge in einer 2. Angriffswelle nochmals zwei Raketen auf die Brücke abschossen. Wieder entwickelte sich infolge der starken Detonationen extreme Hitze, eine große dunkle Staubwolke stieg auf und die Augen brannten. Die Klägerin zu 2), Marijana Stojanovic, glaubte, am lebendigen Leibe zu verbrennen. Aufgrund der erneuten Detonationen konnte sich die Tochter der Kläger zu 1), Sanja Milenkovic, nicht mehr halten. Sie rutschte auf dem schräg im Wasser liegenden Brückenteil weg und blieb am Brückenende, das bereits vom Fluß überspült wurde, mit dem Kopf im Wasser liegen. Die Klägerin zu 3), Marina Jovanovic hatte Angst, daß Sanja Milenkovic ertrinken würde und rutschte nun, obwohl selbst schwerverletzt, auf Ellenbogen gestützt, bis zu der mit dem Kopf halb im Wasser liegenden Sanja Milenkovic herunter. die Klägerinnen zu 3) stand nun bis zur Hüfte im Wasser und hielt den Kopf der Sanja Milenkovic nach oben, damit sie nicht ertrinkt. Aus ihrem mitgeführten Rucksack zog die Klägerin zu 3) eine Wasserflasche, aus der sie Sanja Milenkovic zu trinken gab und mit Wasser begoß, um sie bei Bewußtsein zu halten. Bevor die 3 Mädchen von der zerstörten Brücke auf dem stadtauswärtigen Ufer geborgen werden konnten, vergingen ca. 1 1/2 bis 2 Stunden. Der Transport der schwerverletzten Mädchen in das nur 2 km entfernte Krankenhaus in Varvarin war durch die Brückenzerstörung unmöglich, so daß sie in das ca. 45 mm entfernte Krankenhaus in Krusevac transportiert werden mußten. Der mögliche Einsatz von Rettungshubschraubern kam wegen der Gefahren durch die Kampfflugzeuge der NATO im Luftraum der Bundesrepublik Jugoslawien nicht in Betracht. Als Sanja Milenkovic endlich mit einem Brett von der völlig zerstörten Brücke in den inzwischen eingetroffen Krankenwagen verbracht wurde, war sie noch am Leben und bei Bewußtsein. Die Augen waren offen und bewegten sich, an den Bewegungen des Brustkorbes war für die inzwischen anwesende Mutter, die Klägerin zu 1.1.), erkennbar, daß das Mädchen atmete. Die Klägerin zu 1.1.) sprach ihre Tochter immer wieder an. An den Bewegungen der Augen, ihrem schmerzverzehrten Gesicht und den Versuchen mit der Mutter zu sprechen konnte sie erkennen, daß ihre Tochter noch am Leben war. Den langen Krankentransport hat die Tochter der Kläger zu 1.) nach Auffassung der Klägerin zu 1.1) noch lebend überstanden. Während des Transports fiel sie immer wieder in Ohnmacht. Der Blutverlust war inzwischen sehr hoch. Ihr Körper war von Splittereinschlägen übersät. Große Wunden wurden an den Beinen und am Rücken festgestellt. Ein Splitter war in den Kopf eingedrungen. An verschiedenen Körperteilen befanden sich Verbrennungen, ihre Bekleidung war fast vollständig verbrannt, ihre Sportschuhe verkohlt. Der genaue Zeitpunkt des Todeseintritts steht nicht fest. Jedenfalls wurde nach Eintreffen im Krankenhaus in Krusevac der Tod der fünfzehnjährigen Sanja Milenkovic noch am 30. Mai 1999 durch die Ärzte festgestellt. Sie verstarb im Beisein und vor den Augen ihrer Mutter, die es sich in ihrer Todesangst um ihre Tochter beim Personal des Rettungswagens erschrieen und erbettelt hatte, im Rettungswagen mitzufahren. Beweis Zu den konkreten Verletzungen und der Todesursache der Tochter der Kläger zu 1) wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2., hinsichtlich der Verletzungen der Klägerinnen zu 2) und 3) wird auf die Ausführungen unter I. 3.1. verwiesen. Der damals 24jährige, Ratobor Simonovic (Neffe der Klägerinnen zu 5) überquerte gemeinsam mit seiner Mutter, Ruzica Simonovic, die Brücke zum Zeitpunkt der 1. Angriffswelle mit einem roten Pkw stadtauswärts. Infolge der Detonationen der Raketen stürzten sie mit dem Pkw in den Fluß. Ihre Leichen konnten erst Tage später geborgen werden. Beweis Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2. verwiesen.
2.5.2. Schwerverletzte Personen am Ufer der Brücke (1. Angriffswelle) Der Kläger zu 6), der heute 45jährige Predrag Macic stand zum Zeitpunkt des ersten Angriffs am stadtauswärtigen Ufer der Morava und angelte, ca. 20 Meter flußabwärts (nördlich) von der Brücke entfernt, als er plötzlich Flugzeuggeräusche hörte. Unmittelbar danach detonierten bereits die abgefeuerten Raketen. Infolge der Druckwelle wurde er mehrere Meter durch die Luft geschleudert. Es entwickelte sich eine starke Rauchwolke, es wurde dunkel und heiß. Das Wasser der Morava sah aus, als ob es kochte. Ein Baum stürzte auf ihn. Für einen Moment war er bewußtlos, als er zu sich kam, lief er weg. Nachdem er sich etwa 100 Meter von der Brücke weggeschleppt hatte, erfolgten zwei weitere Detonationen. Wieviel Zeit seitdem vergangen war, kann er nicht sagen, er stand unter Schock. Beweis Zu den konkreten Verletzungen des Klägers zu 6) wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der Kläger zu 7), der heute 46jährige Dragoslav Arsentjetvic, stand - ebenfalls zum Angeln - ca. 5 Meter neben dem Kläger zu 6) Predrag Macic am Ufer der Morava und etwa 25 Meter flußabwärts von der Brücke entfernt. Auch er wurde in der ersten Angriffswelle verletzt. Beweis Zu den konkreten Verletzungen des Klägers zu 7) wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der Kläger zu 8), der heute 42jährige Miroljub Brakovic angelte ebenfalls zum Zeitpunkt des ersten Angriffs am stadtauswärtigen Ufer der Morava, etwa 5 Meter von dem Kläger zu 7) und ca. 30 Meter flußabwärts von der Brücke entfernt. Der Geschädigte nahm weder Flugzeuggeräusche noch Raketengeräusche wahr. Unmittelbar nach den Detonationen spürte er einen starken Schlag im Gesicht, danach wurde er sofort ohnmächtig. Nachdem er wieder zu sich gekommen war, merkte er, daß das Wasser der Morava heiß war. Er schleppte sich instinktiv einige Meter weg und bekam mehr im Unterbewußtsein nach einiger Zeit die Detonationen der 2. Angriffswelle mit. Beweis
2.6. Die zweite Angriffswelle Nach der 1. Angriffswelle war unter den Menschen auf dem Marktgelände und auf dem Kirchengelände sofort eine Panik ausgebrochen. Viele rannten schreiend davon, andere versuchten sich unter den Marktständen oder unter Fahrzeugen zu verstecken oder ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Es herrschte Chaos. Die in der Kirche befindlichen Menschen stürzten ins Freie. Die Druckwellen waren so stark, daß eine Vielzahl von Gebäuden im Umkreis der Brücke von mindestens 1 km beschädigt wurden. Augenzeugen berichten, daß noch mehrere 100 m von der Brücke entfernt die Luft förmlich kochte. Fensterscheiben barsten, von der Brücke stieg eine hohe Rauchsäule auf. Die Menschen konnten sehen, daß die Brücke zerstört war. Niemand rechnete damit, daß die Kampfflugzeuge noch einen zweiten Angriff fliegen würden, denn die Brücke lag bereits völlig zerstört im Fluß. Dutzende von ihnen eilten zur Brücke, um Hilfe zu leisten. Als die Hilfeleistenden an der Brücke ankamen und gerade mit der Bergung der Opfer begonnen hatten bzw. beginnen wollten, kamen die Kampfflugzeuge der NATO zurück. In einer 2. Angriffswelle wurden nochmals zwei Raketen auf die schon nach der 1. Angriffswelle zerstörte Brücke abgefeuert. Nach den Augenzeugenberichten lagen zwischen den zwei Angriffswellen nicht mehr als ca. 3 bis 6 Minuten. Opfer dieser 2. Angriffswelle waren die Hilfeleistenden. Während infolge der 1. Angriffswelle " nur " 3 Menschen zu Tode und " nur " 5 Menschen schwerverletzt und/oder zu Krüppeln gebombt wurden, wurden durch die 2. Angriffswelle 7 hilfeleistende Menschen zu Tode gemetzelt und zwölf Menschen schwerverletzt und/oder zu Krüppeln gebombt. Beweis
2.6.1. Getötete und schwerverletzte Personen (2. Angriffswelle) Der damals 68jährige Kläger zu 9) Bozidar Dimitrivic war gegen Mittag des 30. Mai 1999 auf den Markt in Varvarin zum Einkaufen gegangen. Er befand sich etwa 100 m von der Brücke entfernt, als es plötzlich zu heftigen Detonationen an der Brücke kam. Eine große schwarze Rauchwolke stieg auf. Auf dem Markt brach Panik aus. Die Menschen versteckten sich unter den aufgestellten Tischen. Viele rannten "kopflos" weg. Neben ihm standen der später getötete Stojan Rictic und der später getötete Tola Apostolovic, mit denen der Kläger zu 9) sofort nach der Detonation zur Brücke rannte, um zu helfen. An der Brücke angekommen, stellte er fest, daß die Brücke zerstört war. Im Fluß entdeckte er ein Auto, in dem 2 Personen zu erkennen waren. Diese beiden Personen wollten sie bergen und kletterten deshalb die Böschung zur Morava herunter. Der Kläger zu 9) hatte mit seinen Begleitern den Fluß wegen der steilen Uferböschung noch nicht erreicht, als die Kampfflugzeuge der NATO in der 2. Angriffswelle zwei weitere Raketen abgefeuerten. Die Druckwelle der Detonationen warf ihn in die Büsche. Es wurde so heiß, daß er glaubte, zu verbrennen. Um ihn herum flogen Menschen durch die Luft. Ein anderer viel über ihn. Die Gedärme eines Menschen wickelten sich um ein Fahrrad. Der Geschädigte sah noch, wie der Kopf des Priesters von seinem Körper abgerissen wurde und durch die Luft flog. Der Geschädigte war benommen, er stand unter Schock. Wie er in das Krankenhaus gekommen ist, kann er nicht mehr sagen. Ihm wurden durch die Bombardierung schwerste Verletzungen zugefügt.
Beweis Zu den konkreten schweren Verletzungen des Klägers zu 9) wird auf die Ausführungen unter I. 3.1. verwiesen. Der damals 74jährige, später getötete Tola Apostolovic (Vater der Klägerin zu 10) lief gemeinsam mit dem vorgenannten geschädigten Kläger zu 9) Bozidar Dimitrivic und dem später getöteten Stojan Ristic nach der 1. Angriffswelle zu der zerstörten Brücke, um Hilfe zu leisten. Er wurde durch die in der 2. Angriffswelle abgeschossenen Raketen an der Brücke getötet. Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2. verwiesen. Beweis Anlage 4: kriminaltechn. Fotodokumentation des Leichnams, dort die Fotos mit den Nr. 17 - 19; Der damals 56jährige, später getötete Stojan Ristic (Sohn der Klägerin zu 11) lief gemeinsam mit dem vorgenannten Kläger zu 9) Bozidar Dimitrivic und dem vorgenannten getöteten Tola Apostolovic nach der 1. Angriffswelle zu der zerstörten Brücke, um Hilfe zu leisten. Er wurde durch die in der 2. Angriffswelle abgeschossenen Raketen an der Brücke getötet. Beweis Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2. verwiesen. Der damals 54jährige, später schwerverletzte Kläger zu 12) Slobodan Ivanovic befand sich zum Zeitpunkt der 1. Angriffswelle auf dem Markt, ca. 100 m von der Brücke entfernt. Nach den Detonationen lief er zur Brücke, um zu helfen. An der Brücke angekommen sah er einen roten Pkw in der Morava liegen, in dem sich zwei Personen befanden. Er sah außerdem die drei Mädchen, die Tochter der Kläger zu 1) und die Klägerinnen zu 2) und 3), die an dem stadtauswärtigen Brückenteil hingen. Menschen schrien um Hilfe. Er wußte nicht, wem er zuerst helfen sollte und entschied sich dann, einen jungen Mann zu retten, der am stadtseitigen Uferbereich im Wasser lag. Er kletterte die Uferböschung herunter und zog den verletzten Mann aus dem Wasser, als infolge der 2. Angriffswelle wieder zwei Raketengeschosse detonierten. Aufgrund der Druckwelle ließ er den verletzten Mann fallen und wurde selbst niedergeworfen. Er lag unterhalb der Straße und sah Menschen durch die Luft fliegen. Dem Kläger zu 12) wurden ebenfalls schwerste Verletzungen zugefügt. Beweis: Parteivernehmung des Klägers zu 12) Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 26jährige, später schwerverletzte Kläger zu 13) Aleksandar Mijatovic befand sich gemeinsam mit seinem Freund, dem später getöteten Zoran Marinkovic während der Detonationen der 1. Angriffswelle in der Innenstadt von Varvarin. Nach den Detonationen fuhren sie sofort mit dem Motorrad zur Brücke, um Hilfe zu leisten. Sie waren kaum vom Motorrad abgestiegen, hatten gerade die zerstörte Brücke und einen im Fluß liegenden roten Pkw wahrgenommen, als es zu weiteren Detonationen kam. Während der unmittelbar neben ihm stehende Freund sofort tot war, wurden dem Kläger zu 13) schwerste Verletzungen zugefügt. Beweis: Parteivernehmung des Klägers zu 13) Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 33jährige, später getötete Zoran Marinkovic, Sohn bzw. Bruder der Klägerinnen zu 14), wurde durch die Raketengeschosse der 2. Angriffswelle getötet. Hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung wird auf die Schilderung des Klägers zu 13) Bezug genommen. Beweis Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2.. verwiesen. Der damals 28jährige, später geschädigte Kläger zu 15) Predrag Milosevic befand sich zum Zeitpunkt der 1. Angriffswelle in der nur ca. 200 m von der Brücke entfernten Kirche. Aufgrund der gewaltigen Detonationen barsten die Fenster der Kirche, mit anderen Gläubigen verließ er fluchtartig das Kirchengebäude. Gemeinsam mit den beiden Priestern, dem später getöteten Milivoje Ciric und dem Zeugen Tomislav Gajic rannte er zur Brücke, um Hilfe zu leisten. Als er mit den Priestern an der Brücke ankam sah er, daß die Brücke zerstört war und im Wasser lag. Im Fluß lag ein Auto, in dem sich noch Personen befanden und drei Mädchen konnte er ausmachen, die sich an der im Wasser liegenden Brückenkonstruktion krampfhaft festhielten. Von der Kirche und vom Markt kamen Leute zur Brücke gerannt, um zu helfen. Er wußte nicht, wem er zuerst helfen sollte. Zu den Mädchen konnte er nicht gelangen, denn die Brücke lag im Wasser. Er stand mit dem Rücken zur Brücke, als er ein lautes Zischen und weitere Detonationen hörte. Er hatte keine Chancen noch etwas zu tun, unmittelbar nach dem Zischen folgten auch schon die Detonationen. Zwischen den Detonationen der 1. Angriffswelle und denen der 2. Angriffswelle waren nach seiner Schätzung ca. 4 bis 5 Minuten vergangen. Durch die Druckwelle wurde er umgerissen. Nachdem er einige Zeit später wieder zu sich kam stellte er fest, daß ihm durch die Bombardierung schwerste Verletzungen zugefügt wurden. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 76jährige, später getötete Priester der Gemeinde Varvarin, Milivoje Ciric, der Ehemann und Bruder der Klägerinnen zu 16), rannte nach den Detonationen der 1. Angriffswelle gemeinsam mit seinem Amtsbruder und Zeugen Tomislav Gajic, dem vorgenannten Kläger zu 15) Predrag Milosevic und der Klägerin zu 27) Mirjana Nesic zur Brücke, um Hilfe zu leisten. Es wird insoweit auf die Sachverhaltsausführungen des Klägers zu 15) und der Klägerin zu 27) Bezug genommen. Der Priester wurde durch die in der 2. Angriffswelle abgefeuerten Raketengeschosse getötet. Der Kopf des Priesters Milivoje Ciric wurde durch umherfliegende Splitterteile vom Rumpf des Körpers gerissen. Sein Amtskollege und Zeuge Tomislav Gajic stand in diesem Moment unmittelbar neben ihm. In einer uns vorliegenden Zeugenvernehmung sagte er vor dem Ermittlungsrichter aus, daß ihm das Gehirn seines Amtskollegen in das Gesicht geschleuderte wurde. Beweis Der damals 22jährige, später geschädigte Kläger zu 17) Milan Mitrovic war, nachdem er in der Kirche von Varvarin am Fest der Heiligen Dreifaltigkeit teilgenommen hatte, gemeinsam mit Freunden, so u. a. mit dem später geschädigten Kläger zu 18) Goran Stojanovic in ein von der Brücke ca. 500 Meter entferntes Café gegangen. Sie hatten gerade Getränke bestellt, als es zu den Detonationen der 1. Angriffswelle kam. Die Fenster zersplitterten, Mobiliar stürzte um und aus Richtung Brücke stieg ein großer Rauchpilz auf. Er entschloß sich gemeinsam mit seinem Freund, dem Kläger zu 18) Goran Stojanovic, zur Brücke zu laufen, um zu helfen. Unmittelbar nach Ankunft an der Brücke kam es bereits zu der 2. Angriffswelle. Infolge der Detonationen wurde der Kläger durch die Druckwelle umgeworfen, ihm wurden schwerste Verletzungen zugefügt. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 22jährige, später geschädigte Kläger zu 18) Goran Stojanovic wurde ebenfalls durch die Raketen der 2. Angriffswelle schwerverletzt. Er war mit seinem Freunden, den Klägern zu 17) und 19) Miroslav Dakic, zur Brücke gelaufen, um Hilfe zu leisten. Es wird insofern Bezug auf die Sachverhaltsdarstellung des Klägers zu 17) und zu 19) genommen. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 42jährige, später geschädigte Kläger zu 19) Miroslav Dakic befand sich zum Zeitpunkt der 1. Angriffswelle in der Nähe des Marktes, ca. 50 Meter von der bombardierten Brücke entfernt. Durch die Druckwelle wurde er zu Boden gerissen, jedoch zunächst nicht verletzt. Nachdem er wieder aufgestanden war, kam eine ihm nicht mehr erinnerliche Person und forderte ihn auf direkt an die Brücke zu kommen, weil es dort Tote und Verletzte gegeben habe. An der Brücke angekommen sah er die drei Mädchen, die sich auf der stadtauswärtigen Brückenseite an ein Geländer klammerten und laut schrien. Plötzlich rief jemand: " Die Flugzeuge kommen wieder, sie kommen im Tiefflug! ". Er konnte die Flugzeuge selbst nicht sehen, weil er sofort versuchte, sich unter ein parkendes Auto zu werfen. Das gelang ihm aber nicht mehr, plötzlich kam es zu zwei fast gleichzeitigen Detonationen. Durch die Druckwelle wurde er weggeschleudert. Nachdem er aus der Ohnmacht erwachte stellte er fest, daß ihm durch die Bombardierung schwerste Verletzungen zugefügt worden waren. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 25jährige, später getötete Milan Savic, Sohn der Klägerinnen zu 20), war gegen 10:00 des 30. Mai 1999 auf den Markt in Varvarin zum Einkaufen gegangen. Er wurde unmittelbar nach der 2. Angriffswelle tot am stadtseitigen Ufer der Brücke gefunden. Es steht völlig außer Zweifel, daß auch er infolge des Raketenbeschusses getötet wurde. Beweis Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2. verwiesen. Der damals 30jährige, später getötete Vojkan Stankovic, Ehemann und Vater der Klägerinnen zu 21) befand sich gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Kind zum Zeitpunkt der Detonationen in der 1. Angriffswelle in seiner Wohnung ca. 300 Meter von der Brücke entfernt. Nach den ersten Detonationen verließ er das Haus und lief zur Brücke, um zu helfen. Seine Hilfsbereitschaft bezahlte er mit dem Leben. Ihn töteten die Raketen der 2. Angriffswelle. Er war Agrarökonom und Hauptverdiener der Familie. Er hinterließ die Klägerinnen, seine Frau und die gemeinsame 5jährige Tochter, die ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage verloren haben. Beweis Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2. verwiesen. Der damals 46jährige, später geschädigte Kläger zu 22) Momcilo Jevtic befand sich zum Zeitpunkt der Detonationen in der 1. Angriffswelle in seiner Wohnung ca. 100 Meter von der Brücke entfernt. Er (war) Feuerwehrmann und begab sich sofort nach den ersten Detonationen zur Brücke, um Hilfe zu leisten. Unmittelbar nach seiner Ankunft an der Brücke detonierten die in der 2. Angriffswelle abgeschossenen Raketen. Er warf sich auf den Boden und schützte seinen Kopf mit den Händen. Es half ihm nichts. Ihm wurden schwerste Verletzungen zugefügt. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 38jährige, später geschädigte Kläger zu 23) Vlastimir Vasic befand sich auf dem Markt, blickte zufällig zu der ca. 200 Meter entfernten Brücke, als er plötzlich ein Projektil anfliegen sah. Bruchteile von Sekunden später kam es zu Detonationen an der Brücke. Eine Druckwelle drückte ihn zu Boden, er sah eine schwarze Rauchwolke aufsteigen. Er blieb zunächst unverletzt. Nachdem er sich aufgerafft hatte, lief er zu der Brücke. Er war einer der ersten, die nach der 1. Angriffswelle die Brücke erreichten. Am stadtseitigen Ufer konnte er zunächst keine Verletzten oder Tote feststellen. Im Fluß lag ein roter Pkw, er konnte einen Arm erkennen, der aus dem Fahrzeug ragte. Dort versuchte eine offensichtlich ertrinkende Personen, sich aus dem Fahrzeug zu befreien. Der Kläger zu 23) war geschockt und in Panik. Er wollte nur noch weg von der Brücke, schon erfolgten die nächsten beiden Detonationen. Ihm wurden schwere Verletzungen zugefügt. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 68jährige, später getötete Kläger Dragoslav Terzic, Ehemann der Klägerin zu 24), rannte von der Kirche kommend nach den Detonationen der 1. Angriffswelle zur Brücke, um Hilfe zu leisten. Er wurde durch die Raketengeschosse der 2. Angriffswelle getötet. Beweis Zu der konkreten Todesursache wird auf die Ausführungen unter I. 3. 2. verwiesen. Der damals 46jährige später geschädigte Kläger zu 25) Predrag Savic war nach den Detonationen der 1. Angriffswelle zur Brücke gelaufen um Hilfe zu leisten. Infolge der Detonationen der 2. Angriffswelle wurde er schwerverletzt. Beweis Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Der damals 25jährige später geschädigte Kläger zu 26) Slabojub Kovacevic hat den Luftangriff an der Brücke miterlebt. Er ist physisch nicht geschädigt. Die Erlebnisse an der Brücke, der Anblick der Toten, des Bluts, der abgerissenen Gliedmaßen, der herausgerissenen Gedärme, das Gewimmer und Geschrei der Verletzten hat bei ihm zu dauernden psychologischen Folgen geführt. Beweis Zu den konkreten psychologischen Schäden wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Die damals 29jährige, später geschädigte Klägerin zu 27) Mirjana Nesic war zum Zeitpunkt der ersten Detonationen in der Kirche zu einem Festessen. Aufgrund der Detonationen zersprangen die Teller auf den Tischen, das Kirchengemäuer erbebte und bekam Risse. Zusammen mit dem geschädigten Kläger zu 15) Predrag Milosevic und den Priestern ist sie zur Brücke gelaufen, um Hilfe zu leisten. Es wird insoweit auf die Sachverhaltsausführungen der Kläger zu 15) und 16) Bezug genommen. Sie konnte sehen, daß die Brücke vollständig zerstört war. Dann hörte sie jemand sinngemäß rufen: "Die Flugzeuge kommen wieder, rennt weg!". Daraufhin wollte sie sofort wieder weglaufen, als schon die nächsten Detonationen erfolgten. Ihr wurden Verletzungen zugefügt. Zu den konkreten Verletzungen wird auf die Ausführungen unter I. 3. 1. verwiesen. Beweis
3. Schadensfolgen 3.1. Verletzungen der geschädigten Kläger im Einzelnen a) die Verletzungen der Klägerin zu 2) Insgesamt 17 Splitter drangen in dem Körper der Klägerin zu 2) ein, die schwersten Splitterverletzungen wurden ihr am rechten Bein, am rechten Arm und im Schulterbereich zugefügt. Drei Splitter durchschlugen dem Bauchraum, führten jedoch entgegen erster Befürchtungen der Ärzte nicht zu inneren Organverletzungen. Während ihres dreiwöchigen Aufenthalts im Krankenhaus in Krusevac wurden fast alle Splitter operativ entfernt, sieben Monate trug sie eine Fixierung am rechten Arm. Ein Splitter befindet sich noch im rechten Arm, der bisher nicht operativ entfernt wurde, weil die Ärzte befürchten, dabei einen Hauptnerv zu verletzen. Das Risiko einer weiteren Schädigung des Arms, dessen Gebrauchsfähigkeit ohnehin schon stark gemindert ist, erscheint derzeit zu hoch. Der Splitter verursacht ständige Schmerzen. Ob eine weitere Operation durchgeführt wird, ist bisher noch nicht entschieden. Auch sind die Folgeschäden diesbezüglich noch nicht abzusehen. Tatsache ist, daß sie mit dem rechten Arm nicht mehr tragen kann. Die völlige Wiederherstellung des Arms ist ausgeschlossen. Durch die Splitterverletzungen sind außerdem eine Vielzahl von enstellenden Narben auf dem Körper der jungen Frau verblieben. Die Klägerin zu 2) ist durch das Ereignis psychologisch geschädigt. So wird sie auch zwei Jahre nach der Bombardierung noch immer in einen Schockzustand bei lauten Geräuschen (Flugzeuggeräusche, Motorengeräusche, plötzlich auftretende Knallgeräusche) versetzt. Sie gibt an, auch heute noch fast täglich "die Situation zu durchleben". Sie wacht nachts schweißgebadet auf, weil sie das Ereignis immer wieder im Traum erlebt. In der Schule hat sie große Konzentrationsschwierigkeiten, ihrer Leistungen sind zurückgegangen. Sie gibt an, daß " dieses Erlebnis ihre Jugend gestohlen hat, sie eine große Last spürt, als wäre sie schon viel älter ". Zweimal monatlich hat sie depressive Phasen, die dann mehrere Tage andauern und es ihr unmöglich machen, den normalen Alltag zu bewältigen. Auch bezüglich der psychologischen Schäden sind die Folgeschäden noch nicht zu übersehen. Eine spürbare Verbesserung dieses Zustands ist auch zwei Jahre nach der Bombardierung nicht eingetreten. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweise: b) Verletzungen der Klägerin zu 3) Bei der Klägerin zu 3) wurde ein offener Bruch des rechten Unterschenkels und des Mittelfingers der linken Hand festgestellt, insgesamt 66 Splitter drangen in ihren Körper ein. Zwei der Splitter steckten zwischen dem 6. und 7. Halswirbel, große offene Wunden waren auf dem Rücken und der Innenseite des Oberschenkels. Zehn der insgesamt 66 Splitter sind auch zwei Jahre nach der Bombardierung noch in ihrem Körper, im Brustkorb, in den Beinen, im Nacken und dem Rücken. Eine operative Entfernung ist mit hohen Risiken verbunden. Ob weitere Operation stattfinden werden, ist bis heute noch nicht entschieden. Eine besonders große Narbe befindet sich auf dem Rücken, der von einem fast 1 Kilo schweren Splitter verursacht wurde. Dieser Splitter blieb in ihrem Rucksack stecken, der sie so vor schwereren Verletzungen, vielleicht sogar vor dem Tod schützte. Es gab viele kleine Wunden und Verbrennungen auf dem ganzen Körper. Auf dem gesamten Körper sind außerdem entstellende, große Narben verblieben, teilweise in der Größe einer Faust. Die Folgeschäden sind insgesamt noch nicht zu übersehen. Die Geschädigte kann kein Sport mehr treiben. Das Bein ist nicht mehr vollständig belastbar, körperliche Arbeiten sind völlig ausgeschlossen. Aufgrund der lebenslang bleibenden Verletzungen sind die beruflichen Perspektiven sehr gering. Der Invalidisierungsgrad beläuft sich auf 70 Prozent. Wegen der psychologischen Beschwerden ist die Geschädigte in regelmäßiger, ärztlich- therapeutischer Behandlung. Auch hier sind die Folgeschäden noch nicht absehbar. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 21. Mai 2001 sind die Gutachter zu Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis c) die Verletzungen des Klägers zu 6) der Kläger zu 6) erlitt eine Vielzahl von Splitterverletzungen. 8 der Splitter befinden sich auch zwei Jahre nach der Bombardierung noch in seiner linken Hüfte. Sie wurden bisher nicht operativ entfernt, weil die Ärzte ein hohes Risiko sehen. Es ist bisher nicht endgültig entschieden, ob weitere Operationen durchgeführt werden. Die Folgeschäden sind bisher nicht in vollem Umfang zu überschauen. Die Wunden am Körper, die durch die Splitter verursacht wurden, haben starke Verbrennungen herbeigeführt. Das linke Bein wird ein bis zweimal täglich kalt und er kann es dann für mehrere Stunden nicht mehr bewegen. Der Geschädigte ist seit dem stark gehbehindert, schwere Arbeit kann er nicht mehr ausführen. Wie sich diese Gehbehinderung entwickeln wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Seit diesem Bombardierungsfall ist auch sein Sehvermögen stark zurückgegangen. Er ist außerdem psychisch gestört. Er hat Schlafstörungen; nachts "finden die Explosionen in seinem Kopf statt". Wenn der Geschädigte von den Explosionen träumt, bekommt er Erstickungsanfälle. Die behandelnden Ärzte hatten die Einnahme von Medikamenten verschrieben; diese kann er jedoch nicht kaufen, weil ihm dazu die finanziellen Mittel fehlen. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 07. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis d) Verletzungen des Klägers zu 7) Der Kläger zu 7) zog sich am ganzen Oberkörper Schürfwunden und Schnittwunden, sowie Verbrennungen an den Beinen zu. Eine große Narbe verblieb auf der Stirn. Operativ wurden Splitter aus dem linken Bein entfernt. Durch die Detonation sind beide Trommelfälle geplatzt, das linke Ohr ist auf Dauer zu 30 Prozent hörgeschädigt, wobei weitere Hörbeeinträchtigungen erwartet werden. Bei lauten Geräuschen reagiert der Geschädigte schreckhaft. Aufgrund der Beinverletzung kann er den Beruf als Vulkaniseur nicht mehr vollständig ausüben. Er ist gehbehindert mit der Tendenz der weiteren Verschlechterung. Die Folgeschäden sind auch hier noch nicht in vollem Umfang absehbar. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 07 . Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis e) Verletzungen des Klägers zu 8) Der Kläger zu 8) wurde von mehreren Splittern getroffen. Die folgenreichste Verletzung befindet sich am Kopf. In der linken Gesichtshälfte zwischen Mundwinkel und Nase durchschlug ein Splitter den Oberkiefer, danach den Kopf im unteren Bereich und blieb etwa 1,5 cm neben der Halswirbelsäule stecken. Dieser Splitter konnte bis zum heutigen Tage wegen der damit verbundenen Risiken nicht entfernt werden. Der Geschädigte hat bereits mehrere Operationen hinter sich, dabei wurden mehrere Splitter operativ entfernt. Am linken Oberarm verursachte ein Splitter eine tiefe Fleischwunde, die eine Narbe von ca. 6 cm Länge und 2 cm Breite hinterlassen hat. Ein Durchschuß befindet sich am rechten Oberschenkel mit bleibenden, großen Narben. Über weitere Operationen ist noch nicht entschieden worden. Mit weiteren, noch nicht absehbaren Folgeschäden wird gerechnet. Tatsache ist, daß der Geschädigte unter ständigen Ohnmachtsanfällen leidet, so z. B. dann, wenn er schnell seinen Kopf bewegt oder wenn Personen auf der Straße an ihm vorbeirennen oder Fahrzeuge vorbeifahren. Der Geschädigte kann kein Kraftfahrzeug mehr führen, weil Ohnmachtsanfälle drohen. Wenn er als Beifahrer in einem Kraftfahrzeug mitfährt, werden Schwindelgefühle und Ohnmachtsanfälle ausgelöst. Seinen Beruf als Oberkellner kann er praktisch nicht mehr ausüben. Körperliche Belastungen muß er vermeiden, wenn er mehrere Minuten auf den Beinen war, muß er längere Zeit sitzen, um sich wieder zu erholen. Er verspürte ständig Schmerzen in dem verletzten Bein, bei Wetterwechsel spürt er die Narben. Es besteht die Gefahr, daß der an der Wirbelsäule sitzende Splitter zu einer Teillähmung führt. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis f) Verletzungen des Klägers zu 9) Der Kläger zu 9) stellte schon unmittelbar nach der Bombardierung an der Brücke fest, daß alle Finger und der Daumen der linken Hand abgerissen waren, das linke Bein wurde durch Splitter völlig zerfetzt, der Oberschenkel ist in einer Länge von 30 und einer Breite von ca. 20 cm durch Splitter aufgerissen worden. Der Kläger wurde während seines zunächst dreimonatigen Aufenthalts im Krankenhaus in Krusevac viermal an den Beinen operiert, mehrere Transplantationen (Sehnen und Haut) mußten vorgenommen werden. Im Jahr 2000 wurden zwei weitere Operationen an den Beinen ausgeführt. Der Invalidisierungsgrad des Geschädigten liegt bei 80 Prozent. Er ist stark gehbehindert und zu körperlicher Arbeit nicht mehr in der Lage. Infolge der Bombardierung hat auch das Sehvermögen stark nachgelassen, er benötigt nun eine Brille, dessen käuflicher Erwerb ihm aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht möglich ist. Er ist ständig (täglich) auf Schmerztabletten angewiesen, um die Schmerzen in der verkrüppelten Hand und in dem geschädigten Bein zu lindern. Eine weitere Operation am Bein steht eventuell an. Die Folgeschäden sind bisher noch nicht in vollem Umfang zu übersehen. Seine berufliche Tätigkeit als Bauer kann er nicht mehr ausüben. Er lebt heute von der "Hand in den Mund". Dringend benötigte Prothesen und die Gehilfen kann sich der Kläger nicht leisten. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis g) Verletzungen des Beklagten zu 12) Nach den Detonationen wollte der Kläger zu 12) aufstehen und versuchte, sich mit seiner rechten Hand abzustürzen. Das aber ging nicht, die Hand war völlig zerfetzt, später mußte sie - einschließlich eines Teils des Unterarms - amputiert werden. Auch das linke Bein war durch Splitter verletzt, der Hauptmuskel war durchtrennt worden. Der Geschädigte zog sich Verbrennungen zu, außerdem verlor er 30 Prozent seines Hörvermögens. Mehrere Operationen wurden durchgeführt und mehrmonatige Rehabilitationsmaßnahmen eingeleitet. Der Invalidisierungsgrad liegt bei ca. 80 Prozent. Er ist arbeitsunfähig, Dauerbelastungen jeglicher Art sind unmöglich. Erst nach eineinhalb Jahren konnte er wieder ohne fremde Hilfe laufen. Die Folgeschäden sind noch nicht in vollem Umfang absehbar. Nach wie vor wird er von Schmerzen im Bein und in der Hand geplagt. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis h) Verletzungen des Klägers zu 13) Ein Splitter durchschlug den Rücken des damals 26jährigen Klägers zu 13) und blieb unmittelbar an der Wirbelsäule stecken. In einer Spezialklinik in Belgrad wurde versucht, die Splitter operativ zu entfernen. Das ist jedoch nicht möglich ohne eine Lähmung der Beine herbeizuführen. Der Splitter befindet sich immer noch 2 1/2 Jahre nach der Schädigung unmittelbar an der Wirbelsäule. Die Gefahr einer Lähmung besteht auch ohne Operation akut. Rehabilitationsmaßnahmen wurden eingeleitet. Über eine weitere Operation ist noch nicht entschieden. Die Folgeschäden sind insofern noch nicht absehbar. Er kann kein Sport mehr betreiben, es ist ihm alles verwehrt, was ein junger Mensch in seinem Alter normalerweise tut. Er ist völlig arbeitsunfähig und kann nicht einmal geringste körperliche Arbeiten verrichten. Besonders extrem gestalten sich die psychologischen Folgen für den Geschädigten. Latente Angstzustände und periodisch wiederkehrende Alpträume, in denen er die Bombardierung immer wieder erlebt, kennzeichnen sein Leben. Er träumt immer wieder von dem Tod seines besten Freundes, den er miterleben mußte und "von all dem entsetzlichen Grauen an der Brücke". Er wird von ständigen (täglichen) Depressionen geplagt. Der Geschädigte gibt selbst an, daß sich dieser Zustand in den letzten zwei Jahren verschlechtert hat. Auch hier ist nicht absehbar, wie diese Schäden zu therapieren und welche Veränderungen zu erwarten sind. Für den heute 27jährigen sind alle Hoffnungen auf ein sinnerfülltes Leben im wahrsten Sinne des Wortes gestorben. Er sieht keinen Sinn mehr in seinem Leben. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis i) Verletzungen des Klägers zu 15) Durch die Druckwelle wurde der damals 28jährige Kläger zu 15) umgerissen. Nachdem er einige Zeit später wieder zu sich kam stellte er fest, daß sein linkes Bein fast abgerissen war. Es hing nur noch an Hautfetzen. Es roch nach verbrannten Fleisch und er blutete stark. Neben ihm lag regungslos sein Freund Goran Veskovic. Der Kläger zu 15) schrie um Hilfe und kroch die Straße hinauf. Später wurde er im Krankenhaus Krusevac operiert. Es war eine schwere Operation, er hatte die Ärzte im Krankenhaus angefleht, sein Bein nicht zu amputieren, weil es noch an einigen Hautfetzen hing. Die Operation ist geglückt. Er hat 146 Tage im Bett verbringen müssen. Das Bein hatte eine spezielle Metallkonstruktion/Fixierung erhalten, die Knochen wurden verschraubt, damit sie wieder zusammenwachsen konnten. Nach 3 1/2 Monaten durfte er das erste Mal aufstehen, um mit dem Lauftraining zu beginnen. Anfangs fiel er dabei regelmäßig in Ohnmacht. Es kostete ihn eine fast übermenschliche Überwindung vom Lager aufzustehen in dem Wissen, wegen der unerträglichen und ihn fast wahnsinnig machenden Schmerzen wenige Sekunden später in Ohnmacht zu fallen. Die Schmerzen waren über Monate unerträglich, so daß sie nur mit starken Schmerztabletten etwas gelindert werden konnten. Auch heute noch, 2 1/2 Jahre nach der Bombardierung leidet er unter ständigen Schmerzen im Bein und ist täglich auf Schmerztabletten angewiesen. Insgesamt zwei Rehabilitationsmaßnahmen hat der Geschädigte hinter sich, die erste dauerte 140 Tage, die 2. 40 Tage. Eine dritte Rehabilitationsmaßnahme steht noch aus. Das Bein des Klägers ist nun vier Zentimeter kürzer, mit weiteren Folgeschäden wird gerechnet, insbesondere Auswirkungen auf die Wirbelsäule und Füße werden nicht ausbleiben. Er ist stark gehbehindert, eine Belastung des Beins länger als 15 Minuten ist nicht möglich, dann läuft es blau an und "stirbt ab". Jede körperliche Arbeit ist ihm unmöglich geworden. Der Geschädigte ist nicht mehr in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu führen. Sein linkes Bein hat dafür nicht mehr die erforderliche Beweglichkeit. Es wäre möglich, daß er mit einer speziellen Behindertensteuerung ein Kraftfahrzeug führen könnte, dafür fehlt ihm jedoch das Geld. Er benötigt im Jahr drei Paar orthopädische Schuhe, die er jedoch nicht bezahlen kann. Durch die Detonationen wurden auch die Sehnen am Knie beschädigt. Die Behandlungen dauern an. Weiterhin wurde sein Hörvermögen um ca. 30 Prozent gemindert. Die Ärzte rechnen diesbezüglich mit einer weiteren Verschlechterung. Der Geschädigte ist seit der Bombardierung arbeitsunfähig krank geschrieben. Er war bis zu der Bombardierung als gelernter Schneider in einer Textilfabrik tätig. Die psychologischen Auswirkungen sind erheblich. Der Geschädigte leidet unter Angstzuständen, Panikanfällen, Depressionen und erheblichen Schlafstörungen, er kann nachts nicht ohne Licht schlafen. Um den Angstzuständen und Panikanfällen vorzubeugen, läßt er auch nachts Fernsehen oder Radio laufen, Ruhe und Dunkelheit versetzen ihn in Panik. Wenn er überhaupt schläft, dann träumt er von der Bombardierung. Er erschrickt sich "zu Tode", wenn er laute Geräusche vernimmt. Er gibt an, daß Lachen verlernt zu haben. Noch gravierender ist, daß er den Lebensmut verloren hat. Er sieht keine Perspektive mehr in seinem Leben, er weiß nicht, was aus seiner Familie werden, wie er sie ernähren soll. Insgesamt sind die Folgeschäden nach wie vor nicht endgültig überschaubar und abschließend zu prognostizieren. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 16. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis Beweisangebot: Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens; j) Verletzungen des Klägers zu 17) Infolge der Detonationen wurde der Kläger zu 17) durch die Druckwelle umgeworfen, sein rechtes Bein wurde ab dem Knie durch Splitter völlig zerfetzt. Das Schienbein hatte sich gelöst und trat aus dem Oberschenkel heraus. An der linken Schulter erlitt er eine tiefe Fleischwunde mit einem Durchmesser von ca. 15 cm. Auf dem ganzen Körper verteilt hat er Verbrennungen erlitten. Auf dem rechten Oberarm befindet sich eine große Narbe (Verbrennung) im Durchmesser von etwa 9 Zentimetern, insgesamt 7 Narben (Verbrennungen) befinden sich auf dem Brustkorb. Durch die operativen Eingriffe (bisher 2 Operationen) konnte das Bein gerettet werden, aber es ist jetzt 4 ½ Zentimeter kürzer. Der Invaliditätsgrad des Klägers liegt bei 80 Prozent. Weitere Operation stehen an, wann diese erfolgen werden ist noch nicht entschieden worden. Der Fuß ist nach innen verdreht, der Geschädigte kann den Bewegungsablauf seines Beins nicht steuern. Er hat nach wie vor erhebliche Schmerzen und ist ständig auf Schmerztabletten angewiesen. Mit den anstehenden weiteren Operationen soll eine Streckung des Beins erfolgen. Welche Folgeschäden aufgrund der erlittenen Verletzung letztlich eingetreten sind, können die Ärzte voraussichtlich erst in zwei Jahren endgültig bestimmen. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis k) Verletzungen des Klägers zu 18) Der damals 22jährige Kläger zu 18) ist von einer Vielzahl von Splittern am gesamten Körper getroffen worden. Diese wurden operativ entfernt. Die schwerste Verletzung erlitt er am rechten Arm. Es mußten Sehnen in den Arm verpflanzt werden. Der Invalidisierungsgrad liegt bei 40 Prozent. Weitere physiotherapeutische Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen sind erforderlich. Der Arm ist nicht mehr vollständig zu bewegen, der Normalzustand nicht mehr herzustellen. Der Geschädigte war bis zu der Bombardierung als Arbeiter in einer Landwirtschaftsfabrik beschäftigt. Er ist seit der Schädigung krankgeschrieben. Den Arm kann er nicht mehr belasten und somit auch seine ursprüngliche Arbeit nicht mehr ausüben. Über den Umfang der Folgeschäden können die Ärzte frühestens in ein bis zwei Jahren endgültig Auskunft geben. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 15. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis l) Verletzungen des Klägers zu 19) Durch die Druckwelle der Detonationen wurde der Kläger zu 19) weggeschleudert. Nachdem er aus der Ohnmacht erwachte stellte er fest, daß sein linkes Bein völlig verdreht war und eine große offene Wunde hatte. Zwei große Verletzungen erlitt er auch am linken Unterarm. Die Notoperation folgte dann Stunden später im Krankenhaus in Krusevac. Die dortigen Ärzte wollten zunächst, daß die Operation in einer Spezialklinik in Belgrad durchgeführt wird. Der Transport hätte mit einem Hubschrauber erfolgen müssen, er wurde aber nicht eingesetzt wegen der Gefahren, die von den NATO Flugzeugen ausgingen. Der Kläger war zwei Monate in stationärer Behandlung. Es wurden Knochentransplantationen und Hauttransplantationen durchgeführt. Das Bein ist jetzt 4 1/2 Zentimeter kürzer als zuvor. Der Invalidisierungsgrad liegt bei 60 Prozent. Der Heilungsprozeß ist instabil, die Knochen sind bisher nicht richtig zusammengewachsen. Der Kläger befand sich nochmals zwischen Anfang Oktober 1999 bis Mai 2000 und wieder im Dezember 2000 für weitere drei Wochen im Krankenhaus. Endgültige Aussagen über die Folgeschäden sind derzeit noch nicht möglich. Es stehen auch eventuell weitere Operationen an. Der Kläger war bis zu der Bombardierung als privater Landwirt tätig. Diese Tätigkeit kann er nun nicht mehr ausüben, seine Verluste in der Landwirtschaft sind erheblich. Er lebt von der Nachbarschaftshilfe. Außerdem hat der Kläger ein Gehörschaden erlitten, dessen Umfang derzeit noch nicht genau feststeht. Außerdem treten seit der Bombardierung Gedächtnislücken auf. Die Zähne sind brüchig geworden und fallen aus. Die Ärzte führen das auf die psychologischen Folgen zurück. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 31. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis m) Verletzungen des Klägers zu 22) Der damals 46jährige Kläger zu 22) wurde von 64 Bombensplittern, überwiegend in den Beinen, getroffen. Die linke Hand wurde verstümmelt, der Daumen war fast abgetrennt. Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger sind trotz der durchgeführten Operationen unbeweglich geblieben. Bei einer ersten Operation im Krankenhaus in Krusevac konnten 62 Splitter entfernt werden, um die beiden anderen Splitter zu entfernen, wurden drei Operationen erfolglos durchgeführt. Die Risiken sind zu hoch, über weitere Operationen bezüglich der beiden Splitter ist noch nicht entschieden worden. Eine weitere Operation soll durchgeführt werden, um den Daumen an der linken Hand zu richten. Er ist derzeit in einer Spezialklinik in Belgrad 14tägig in Behandlung. Über die Folgeschäden kann derzeit noch keine endgültige Aussage getroffen werden. Der Geschädigte leidet noch heute unter starken Schmerzen in den Beinen. Lange Wegstrecken kann er nicht mehr bewältigen. Die linke Hand kann er nicht mehr belasten, eine volle Beweglichkeit der Finger ist nicht mehr zu erreichen. In seinem Beruf (Feuerwehrmann) kann er nicht mehr arbeiten. Der Invaliditätsgrad liegt bei 40 Prozent. Er ist noch immer arbeitsunfähig krankgeschrieben. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 16. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis n) Verletzungen des Klägers zu 23) Der Kläger zu 23) wurde von Splittern getroffen, der linke Unterarm war über die volle Länge bis auf den Knochen aufgeschlitzt und fast abgetrennt. Beide Arme, insbesondere die Ellenbogen, waren verbrannt. Starke Verbrennungen hatte er an der Brust und auf der linken Seite am Unterleib erlitten. Zwei große Wunden wurden durch Splitter auf den Schulterblättern und am Gesäß verursacht. Der gesamte Rücken war verbrannt, sein Hemd war vollständig verkohlt. Der Kläger wurde in das Krankenhaus in Krusevac gebracht und war insgesamt drei Monate in Behandlung. Eine Operation war nicht erforderlich. Die Verletzungen sind verhältnismäßig gut verheilt. Er hat jedoch eine Vielzahl von Narben auf dem Körper. Ungeachtet dessen ist der verletzte Arm nach wie vor schmerzempfindlich, er kann ihn nur kurze Zeit belasten und nicht vollständig bewegen. Die endgültigen Folgeschäden - insbesondere hinsichtlich des Arms - sind noch nicht absehbar. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 16. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis o) Verletzungen des Klägers zu 25) Durch die Raketengeschosse der 2. Angriffswelle traf ihn ein Splitter am Kopf und an der Hüfte. Er wurde im Krankenhaus in Krusevac operiert. Die Folgeschäden sind bis zum heutigen Tage nicht absehbar. Tatsache ist, daß der Geschädigte schon vor der Bombardierung unter Sprachstörungen litt. Diese Sprachstörungen haben sich jedoch verschlechtert, er kann keine zusammenhängenden Sätzen mehr sprechen. Die Sprache ist außerdem undeutlich. Außerdem leidet er auch zwei Jahre nach der Bombardierung unter ständigen Kopfschmerzen, die in periodischen Abständen von mehreren Wochen so stark werden, daß er dann für mehrere Tage nicht " nicht leben und nicht sterben kann ". Durch die Verletzungen der Hüfte ist er außerdem gehbehindert und kann seiner Tätigkeit als Landwirt nur noch eingeschränkt nachgehen. Er ist nach wie vor in medizinischer Behandlung, die Folgeschäden sind noch nicht absehbar. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 15. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis p) Verletzungen des Klägers zu 26) Er ist physisch nicht geschädigt, aber in erheblichen Maße psychisch geschädigt worden. Er befindet sich auch zwei Jahre nach der Bombardierung in psychologischer Behandlung. Er ist suizidgefährdet, leidet unter ständigen Ohnmachtsanfällen, Angstzuständen und starken Depressionen. Eine Besserung ist in den vergangenen zwei Jahren nicht eingetreten. Er verläßt - außer zu den medizinische Behandlungen - das Haus nicht mehr. Er hat die mittlere Maschinenbauschule abgeschlossen, jedoch ist er nicht mehr arbeitsfähig. Die Weiterentwicklung seines Gesundheitszustandes ist derzeit noch nicht absehbar. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 13 . Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis q) Verletzungen der Klägerin zu 27) Die Klägerin zu 27) wurde am Kopf und an der Schulter von Splittern getroffen. Die Splitter drangen sowohl in den Kopf als auch in die Schulter ein. Auch am Rücken und am Bauch wurde sie von Splittern getroffen. Die Splitter wurden dann im Krankenhaus Krusevac operativ entfernt. Die Verletzungen sind nach dem vorliegenden Gutachten nicht so intensiv wie bei den anderen Klägern. Es wird von leichteren Körperverletzungen ausgegangen. Ärztlicherseits ist ihr eine Untersuchung des Kopfes empfohlen worden, die sie aber bis zum heutigen Tage noch nicht vornehmen lassen hat, weil ihr dafür die finanziellen Mittel fehlen. Sie ist arbeitslos. Unabhängig davon, daß der Klägerin die finanziellen Mittel für weite Untersuchungen fehlen, sind die Folgeschäden aus objektiven Gründen bisher nicht endgültig zu prognostizieren. Die Ärzte befürchten, daß sich durch die Kopfverletzungen Krampfanfälle (Epilepsi) einstellen können oder andere wichtige Steuerungsfunktionen beeinträchtigt werden oder vollständig ausfallen. Die Klägerinnen kann auch 2 1/2 Jahre nach dem Bombenangriff den Kopf nicht vollständig drehen. Die Gedächtnisleistung hat nachgelassen, sie leidet außerdem unter ständigen Kopfschmerzen, die insbesondere bei Wetterwechsel unerträglich werden. In dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 16. Mai 2001 sind die Gutachter zu folgenden Feststellungen gekommen (es wird aus der Übersetzung des Gutachtens zitiert): Wörtliche Wiedergabe aus Gutachten nur im Originalschriftsatz -der Verfasser- Beweis r) Verletungen der Klägerin zu 1.1) Die Klägerin zu 1.1) hat durch den Tod ihrer Tochter starke gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten, vor allem psychischer Art. Sie ist bis heute deprimiert und verbittert. Sie leidet unter Angstzuständen und Schlaflosigkeit, sie hat in den ersten ca. 6 Monaten nach dem Tod ihrer Tochter kaum noch geschlafen, sondern im Zimmer ihrer Tochter ohne Schlaf die Nächte verbracht. Für den gleichen Zeitraum war die sonst selbstständig tätige Klägerin auch arbeitsunfähig. Die Ärzte sprachen zum damaligen Zeitpunkt von einem reaktiv - depressiven, mit Angstzuständen untermauerten Gesundheitszustand. Die Klägerin zu 1.1) hat viel von ihrer früheren Lebensfreude verloren. Die Klägerin macht daher aus eigenem Recht Schmerzensgeldansprüche geltend. In medizinischer Behtreuung ist sie nicht. Sie ist berufstätig und in ihrer Arbeitsfähigkeit nicht mehr beeinträchtigt. Beweis: Parteivernahme
3.2. Feststellung der Todesursache 1. Der Tod der Sanja Milenkovic (Tochter der Kläger zu 1) wurde durch den Raketenbeschuß herbeigeführt. In dem ärztlichen Gutachten vom 10. Mai 2001 wird zu den Verletzungen und zur Todesursache folgendes ausgeführt (es wird aus der Übersetzung zitiert):
Beweis 2. Der Tod der Ruzica Simonovic (Schwester des Klägers zu 4) ist durch Ertrinken eingetreten, wie im Protokoll des Gerichtsmediziners, dort unter Ziffer 7 »Unbekannte weibliche Person«, festgestellt wurde. Die bereits unter I., 2.5.1. ausgeführt, stürzte sie gemeinsam mit ihrem Sohn Ratabor Simonovic im PKW sitzend infolge der Brückenzerstörung bei der 1. Angriffswelle in den Fluß. Bestandteil des vorgenannten Protokolls ist die kriminaltechnische Fotodokumentation der Ermittlungsbehörde, wonach der Leichnam als der der Ruzica Simonovic identifiziert werden konnte. Beweis 3. Der Tod des Ratabor Simonovic (Neffe der Klägerinnen zu 5) ist ebenfalls infolge der 1. Angriffswelle verursacht worden. Sein Leichnam konnte erst mehrere Tage nach der Bombardierung aus der Morava geborgen werden. Beweis Anlage 31: Auszug aus dem Sterberegister, Apostille u. Übersetzungen; 4. Der Tod des Tola Apostolovic (Vater der Klägerinnen zu 10) ist durch Zerreißen der Blutgefäße durch Verbluten infolge der Detonationen der Raketen eingetreten. Beweis 5. Der Tod des Stojan Ristic (Sohn der Klägerin zu 11) ist sofort nach Zerstörung der lebenswichtigen Bauchorgane und nach Zerreißen der Blutgefäße durch Verblutung infolge der Detonationen der Raketen eingetreten. Beweis 6. Der Tod des Zoran Marinkovic (Ehemann und Vater der Klägerinnen zu 14) ist durch Verblutung nach Zertrümmerung der Bauchorgane infolge der Detonationen der Raketengeschosse eingetreten. Beweis 7. Der Tod des Milivoje Ciric (Ehemann und Vater der Klägerinnen zu 16) wurde durch Vernichtung des Kopfes, von dem nur noch Teile der Zunge und des Unterkiefers vorhanden waren infolge der Detonationen der Raketengeschosse verursacht. Beweis 8. Der Tod des Milan Savic (Sohn der Klägerin zu 20) wurde durch Zerstörung der Bauchorgane und durch Verblutung infolge der Detonationen der Raketengeschosse verursacht. Beweis Anlage 29: Protokoll des
Gerichtsmediziners, dort Ziff. 8; 9. Der Tod des Vojkan Stankovic (Ehemann und Vater der Klägerinnen zu 21) wurde durch Zerstörung der lebenswichtigen Bauchorgane infolge der Detonationen der Raketengeschosse verursacht. Beweis 10. Der Tod des Dragoslav Terzic wurde durch Zerstörung des Kopfes, insbesondere des Gehirns, infolge der Detonationen der Raketengeschosse verursacht. Beweis 4. Versuch der außergerichtlichen Schadensregulierung Mit anwaltlichen Schriftsatz vom 18. Juni 2001 haben die Kläger gegenüber der Beklagten Geldentschädigungsansprüche geltend machen lassen und dazu entsprechende Verhandlungen angeboten. Für den Fall der Ablehnung wurde Klageerhebung angekündigt. Beweis: Mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 24. August 2001 hat die Beklagte mitteilen lassen, daß sie sich außerstande sehe, die »individuellen Schadenersatzforderungen der geschädigten Personen oder deren Hinterbliebenen gegen die Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen«. Beweis Mit anwaltlichen Erwiderungsschriftsatz vom 10. September 2001 unternahmen die Kläger den Versuch, die Beklagte zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung mit dem Verzicht der Verjährungseinrede zu bewegen, um das Klageverfahren nur mit einigen wenigen der Geschädigten betreiben zu können und so das Kostenrisiko für alle beteiligten Streitparteien niedrig zu halten. Denn die Kläger gehen von einem Musterprozeß aus: die Beklagte war erstmals an einem bewaffneten Konflikt beteiligt, so daß in der Bundesrepublik Deutschland keine Rechtsprechung zu Schadenersatzansprüchen aufgrund der Verletzung der für den bewaffneten Konflikt geltenden Regeln existiert. Die Beklagte ließ mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 1. Oktober 2001 mitteilen, daß sie den Verzicht auf die Einrede der Verjährung nicht erklären wird. Beweis Auf der Pressekonferenz der NATO in Brüssel am 31. Mai 2001 ( " Morning Briefing") wurde durch den Pressesprecher Jamie Shae der Angriff auf die Brücke von Varvarin eingestanden. Der Journalist Mr. Hugh erklärte gegnüber dem Pressesprecher, daß er verstehen könne, weshalb dieser die Brücke von Varvarin als ein legitimes militärisches Ziel für die NATO hielt. Er fragte ihn in diesem Zusammenhang aber, aus welchem Grunde die Brücke zur Mittagszeit und nicht in der Nacht angegriffen wurde. Shae blieb die Antwort schuldig. Dem deutschen Generalleutnant Jertz wurde ein Tag später am 01. Juni 1999 auf der NATO - Pressekonferenz inhaltlich die gleiche Frage gestellt. Jertz wich der Antwort ebenfalls aus. Shea sprang ihm an die Seite und antwortete sinngemäß, es würden Mittags die gleichen Vorsichtsmaßnahmen vor Angriffen wie Nachts ergriffen. Beweis Die Behauptung der Legitimität des Angriffs hat die Beklagte in ihren vorgenannten Erwiderungsschreiben an die Kläger tunlichst unterlassen. Im Gegenteil, sie hat das ihr von den Klägern vorgeworfene kriegsrechtswidrige Verhalten gar nicht erst bestritten. Aus den vorgenannten Gründen war Klageerhebung geboten.
II. Zulässigkeit der Klage 1. Parteifähigkeit und Prozeßführungsrecht Die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger sind sämtlichst jugoslawische Staatsbürger, die nach jugoslawischen Recht und somit auch in diesem Klageverfahren parteifähig sind. Die Kläger sind auch berechtigt, im eigenen Namen Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Soweit die Kläger aufgrund der Tötung ihrer Angehörigen Ansprüche geltend machen, sind sie als ihre Erben prozeßführungsberechtigt. Beweise Hinsichtlich der Sachbefugnis wird auf die Ausführungen unter III. verwiesen. 2. Klage in Streitgenossenschaft (§ 59 ZPO) Die Klage ist nach § 59 ZPO als subjektive Klagehäufung zulässig, weil die Kläger aus dem selben tatsächlichen und rechtlichen Grunde berechtigt sind bzw. der Gegenstand des Rechtsstreits Ansprüche bilden, die gem. § 60 ZPO auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen oder rechtlichen Grunde beruhen (vgl. dazu auch BGH, NJW 1992, 982 m. w. N.). 3. vorläufiger Streitwert 3.1. vorläufiger Streitwert für die Leistungsanträge und Feststellungsanträge der verletzten Kläger Der vorläufige Streitwert für die 17 Leistungsanträge auf Geldentschädigung der verletzten Kläger wird mit jeweils 200.000 DM, in einem weiteren Fall Schmerzensgeld (Klägerin zu 1.1) mit 20.000 DM, der Streitwert für die 17 Feststellungsanträge (unter Abzug von 20% vom Leistungsantrag) mit 160.000 DM pro verletzten Kläger beziffert, mithin ein Gesamtstreitwert von 360.000 DM pro verletzten Kläger. Daraus ergibt sich für insgesamt 17 verletzte Kläger ein Streitwert von 6.140.000 DM. 3.2. vorläufiger Streitwert für die Leistungsanträge der Kläger, deren Angehörige getötet wurden Der Streitwert für die Leistungsanträge für die Kläger, deren Angehörige getötet wurden, wird mit jeweils 200.000 DM beziffert. Damit ergibt sich für die insgesamt 10 Kläger (teilweise als Erbengemeinschaft klagend) ein Streitwert von insgesamt 2.000.000 DM. 4. Zinsansprüche Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
III. Begründetheit der Klage 1. Rechtswidrigkeit der Luftoperation 1.1. Mögliche Anspruchsgrundlagen für Schadensersatzansprüche bei Menschenrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten Im Falle eines internationalen bewaffneten Konflikts können völkerrechtlich begründete Schadensersatzansprüche aus zwei unterschiedlichen Kategorien von Rechtsverletzungen entstehen: a) durch die rechtswidrige Entfesselung des Krieges unter Verletzung des Gewaltverbots gemäß Art. 2, Abs. 4 der UN - Charta. Dieser Anspruch, im allgemeinen als Reparationsanspruch bezeichnet, steht dem angegriffenen Staat zu und schließt in der Regel Schadensersatzansprüche seiner Staatsbürger ein, aber nicht aus; b) aufgrund der Verletzung der für den bewaffneten Konflikt geltenden Regeln (Ius in Bello), der allen am Konflikt beteiligten Staaten sowie den geschädigten Personen zusteht. Die Rechtmäßigkeit von Kriegshandlungen richtet sich heute im wesentlichen nach den allgemeinen Regeln des humanitären Völkerrechts, den Genfer Abkommen vom 12. August 1959 und dem Zusatzprotokoll I (im weiteren als ZP I bezeichnet) über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 1977 (vgl. BGBl Teil II, Seite 1551). Sie sind auch eine der Grundlagen für die mit der vorliegenden Klage geltendgemachten Ansprüche. 1.2 Bindungswirkung des ZP I für die Beklagte Ebenso wie die Genfer Konventionen ist auch das ZP I fester Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts, die schon von daher Bindungskraft für die Beklagte erzeugen. Regierung und Verfassungsorgane der Beklagten unterliegen jedoch nicht nur den vom Völkerrecht selbst begründeten Bindungen, sondern auch ihrer nationalstaatlichen Verfassung, die sie gemäß Art. 25 Grundgesetz auf die Einhaltung der allgemeinen Regeln des Völkerrechts (vorwiegend universell geltendes Völkergewohnheitsrecht) verpflichtet. Für die Bindungswirkung ist kein staatlicher Umsetzungsakt erforderlich, Art. 25 Grundgesetz als Inkorporationsnorm ist demzufolge selbst die Geltungsanordnung. Im Falle des ZP I ist die Bindungswirkung für die Beklagte nicht nur durch die vom Völkerrecht selbst begründenden Bindungen und die nationalstaatliche Inkorporationsnorm eingetreten. Sie ist von ihr auch ausdrücklich gewollt und angestrebt worden wie die Ratifikation des ZP I belegt, das daraufhin am 14. August 1991 in Kraft getreten ist. 1.3 Anwendungsvoraussetzungen des ZP I Die Anwendungsvoraussetzungen des ZP I sind gegeben: 1. Bei den relevanten Luftoperationen handelte es sich zweifelsfrei um einen internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des Artikels 1 Abs. 3 ZP I. 2. Auch gehören die geschädigten Kläger bzw. Rechtsvorgänger als Zivilpersonen im Sinne des Art. 50 ZP I sämtlichst zum Kreis der geschützten Personen des Protokolls und können sich daher auf die Verletzung ihrer darin geregelten Schutzrechte für die Zivilbevölkerung berufen. 3. Der Anwendungsbereich der Schutzrechte erstreckt sich gemäß Art. 49 Abs. 2 ZP I auf jeden Angriff, unabhängig vom Hoheitsgebiet, auf dem er stattfindet und findet nach Abs. 3, 2. Satz »auf jeden von See oder aus der Luft gegen Ziele auf dem Land geführten Angriff Anwendung«. 4. Außerdem gelten die völkerrechtlichen Regeln für den Fall eines internationalen bewaffneten Konfliktes nach Völkergewohnheitsrecht unabhängig vom Grund und Anlaß des Konfliktes für alle am Konflikt beteiligten Parteien. Das wurde 1977 in der Präambel des ZP I ausdrücklich wie folgt festgestellt:
Damit ist klargestellt: aus welchen auch immer vorgegebenen oder tatsächlichen Gründen bzw. Motiven die Beklagte mit den weiteren Mitgliedsstaaten der NATO übereingekommen ist, Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und - hier speziell den Luftangriff im vorliegenden Rechtsstreit - durchzuführen, ist für die Frage der Anwendung des ZP I rechtlich und somit für die Entscheidungsfindung nicht von Belang. Die im Zusatzprotokoll I geregelten Schutzrechte für die Zivilbevölkerung waren von der Beklagten und den weiteren Mitgliedsstaaten der NATO zu beachten, an ihnen haben sie sich messen zu lassen. 1.4. Die Verletzung der Schutzrechte des ZP I im Einzelnen 1. Es gehört zu den ältesten und elementarsten Regeln des humanitären Völkerrechts, daß bei militärischen Aktionen zwischen militärischen Zielen und Kombattanten einerseits und zivilen Objekten und der Zivilbevölkerung andererseits zu unterscheiden ist. Dementsprechend enthält die Grundregel des Art. 48 ZP I ein striktes Angriffsverbot gegen die Zivilbevölkerung und zivile Objekte:
Die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger sind kein legitimes militärisches Ziel im vorgenannten Sinne, die Angriffe stellen sich als rechtswidrige Angriffe gegen die Zivilbevölkerung dar, die nach Art. 51 Abs. 2 ZP I einem Angriffsverbot unterliegen:
2. Die Kleinstadt Varvarin und somit auch ihre Brücke von Varvarin waren unverteidigte Orte. Der Angriff war schon von daher rechtswidrig, denn Art. 59 ZP I enthält ein entsprechendes ausdrückliches Angriffsverbot:
3. Bei dem Angriff handelt es sich um einen nach Art. 51 Abs. 4 a) ZP I verbotenen unterschiedslosen Angriff, da er nicht gegen ein militärisches Objekt gerichtet war. Nach Abs. 5 sind u. a. solche Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen, bei denen
Der Angriff eines unverteidigten Ortes, ausgeführt bei klarer Sicht und wolkenlosem Himmel, an einem Sonntag zur Mittagszeit, einem kirchlichen Feiertag und Markttag, zu einem Zeitpunkt also, zu dem sich sichtbar Zivilpersonen und zivile Fahrzeuge auf der Brücke befanden und mehrere 1000 Zivilpersonen in ihrem unmittelbaren Umfeld aufhielten, mußte zwangsläufig zu Verlusten an Menschenleben und der Verwundung von Zivilpersonen führen und war auch deshalb rechtswidrig. 4. Rechtswidrig wurde entgegen der Regelung des Art. 57, c) ZP I unterlassen, vor den beiden Angriffen die Zivilbevölkerung zu warnen:
Es lagen - selbstredend schon unter dem Gesichtspunkt, daß es sich um einen unverteidigten Ort handelte - keine Umstände vor, die einer Warnung der Zivilbevölkerung entgegenstanden. Eine besonders schwere Rechtsverletzung stellt insbesondere die in der 2. Angriffswelle unterlassene Warnung dar. Denn die Tatsache, daß die Brücke schon in der 1.Angriffswelle vollständig zerstört worden war mußte den herbeigeeilten Hilfeleistenden glauben machen, daß der Angriff beendet sei. Die heimtückische 2. Angriffswelle, in der nochmals 2 Raketen abgeschossen wurden, konnte zwangsläufig nur noch die Hilfeleistenden töten und verwunden. 5. Rechtswidrig war auch die Mißachtung der Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte. Alle an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien haben bereits ab der Planungsphase eines Angriffs folgende in Art. 57 Abs. 2 a) ZP I geregelten Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen:
Für die Frage der Rechtswidrigkeit jedes Angriffs - und somit auch der auf die Brücke von Varvarin - ist somit ohne jede Relevanz, ob - um bei Luftoperationen zu bleiben - Kampfflugzeuge aus einer Höhe von 10.000 Meter oder im Tiefflug Ziele auf dem Boden angreifen und beschießen. Das wird hier deshalb erwähnt, weil die Beklagte in öffentlichen Stellungnahmen gemeinsam mit den weiteren Mitgliedsstaaten der NATO u. a. auf Pressekonferenzen in Brüssel immer wieder - insoweit zunächst durchaus glaubhaft - erklären ließ, die Zielerkennung für die Piloten sei aus objektiven Gründen, u. a. wegen der eingeschränkten Sicht in den Maschinen, der Flughöhe und der Fluggeschwindigkeit, nicht immer gewährleistet gewesen, so daß (sinngemäß) bedauerliche Irrtümer (Stichwort Kollateralschäden) unbeabsichtigt bei den Angriffen unterlaufen seien. Diese Schutzbehauptungen sind widerlegt, denn was die Beklagte gemeinsam mit den anderen Staaten der NATO geflissentlich der Öffentlichkeit weiterhin verschweigt sind die vorzitierten Regelungen, wonach es ohne rechtliche Relevanz ist, aus welchen Gründen auch immer Piloten von Kampfflugzeugen das zu beschießende Ziel nicht oder nicht vollständig identifizieren können. Denn die vorzitierte Regelung verpflichtet zur Identifizierung und stellt unmißverständlich klar, daß Beschlüsse zum Angriff und erst recht der Angriff selbst u. a. schon dann zu unterbleiben haben, wenn nur damit zu rechnen (vermuten!) ist, sie könnten unverhältnismäßige Verluste unter der Zivilbevölkerung verursachen. Nichts anderes gilt für Objekte. Schon allein der " Zweifelsfall " verpflichtet die an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien gem. Art. 52 Abs. 3 ZP I von der Vermutung auszugehen, ein Objekt trage nicht wirksam zu militärischen Handlungen bei und stellt sie so unter das Angriffsverbot des Art. 52 Abs. 1 ZP I. 6. Auch die zugleich mit den Klägern angegriffene Brücke von Varvarin ist kein militärisches Ziel und ist auch von daher ein rechtswidriger Angriff. Nach der Legaldefinition des Art. 52 Abs. 2 ZP I gelten als »militärische Ziele«:
Beschaffenheit, Standort, Zweckbestimmung und tatsächliche Verwendung der inzwischen fast achtzigjährigen, kleinen Brücke von Varvarin schlossen einen Beitrag zu wirksamen militärischen Handlungen (der jugoslawischen Armee) aus. Die Zerstörung der Brücke konnte auch »unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen« keinen und demzufolge erst recht keinen »eindeutigen militärischen Vorteil« (für die Beklagte und die weiteren Mitgliedsstaaten der NATO) erbringen. Weil somit diese Tatbestandsmerkmale für »militärische Ziele« entsprechend der vorzitierten Legaldefinition nicht vorlagen, ist die Brücke von Varvarin unter die Kategorie der zivilen Objekte zu subsumieren, die mit der Schutzregelung des Art. 52 Abs. 1 ZP I einem Angriffsverbot unterliegen:
1.5. Zusammenfassung des Zwischenergebnisses Wie die Schutzrechte des ZP I belegen, wird durch einen bewaffneten Konflikt keiner der an ihm beteiligten Parteien ein Freibrief für Töten, Verwunden und Zerstören ausgestellt. Kommt der herausragende Stellenwert, den die vertragschließenden Parteien des ZP I der Einhaltung der hier geregelten Schutzrechte unter den Bedingungen eines bewaffneten Konflikts beimessen schon in der Präambel zum Ausdruck, in dem dort ausdrücklich hervorgehoben wird, daß die Bestimmungen der Genfer Abkommen und des ZP I unter allen Umständen (!) anzuwenden sind, wurde dieser Forderung zur Einhaltung elementarster Menschenrechte nochmals Nachdruck in Art. 51 Abs. 1 ZP I verliehen:
Ungeachtet dieser elementaren Schutzrechte, an deren Einhaltung die Beklagte ebenso wie die weiteren Mitgliedsstaaten der NATO gebunden sind, wurde gegen sie sämtlichst verstoßen. Die Angriffe waren unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten rechtswidrig, so daß es von daher auch nicht verwundern kann, wenn die Beklagte die diesbezüglichen, bereits außergerichtlich erhobenen Vorwürfe der Kläger gar nicht erst bestritten hat und objektiv auch nicht bestreiten kann. 2. Zurechenbarkeit kriegsrechtswidrigen Verhaltens Der Staat haftet für Schäden, die durch Handlungen seiner Streitmacht unter Verletzung der in einem bewaffneten Konflikt geltenden Regeln (Ius in Bello) Personen oder Staaten zugefügt werden. Diese Haftung ist bereits im Art. 3 des IV. Haager Abkommens von 1907 ausdrücklich geregelt worden:
Die sogenannten Haager Regeln, insbesondere die Haager Landkriegsordnung, Bestandteil des IV. Haager Abkommens von 1907, haben allgemeine Geltung als völkerrechtliches Gewohnheitsrecht, wie bereits im Urteil des Nürnberger Tribunals ausdrücklich festgestellt wurde. Diese Regelungen sind gemäß Art. 25 Grundgesetz unmittelbar geltendes Recht in der Bundesrepublik Deutschland. Für den Fall der Verletzung von Schutzrechten aus den Genfer Konventionen und dem ZP I ist die Schadenersatzpflicht - analog zu Art. 3 des IV. Haager Abkommens von 1907 - in Art. 91 des Zusatzprotokolls I normiert worden:
Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im weiteren bezeichnet als: EMRK) gewährt mit Art. 2 jedem Menschen das Grundrecht auf Leben. Für den Ausnahmefall, nämlich für den Fall eines Krieges, gestattet Art. 15 Abs. 1 EMRK den Vertragschließenden Parteien Maßnahmen zur Außerkraftsetzung von Grundrechten zu ergreifen, jedoch begrenzt nur auf solche Maßnahmen, die
In Art. 15 Abs. 2 EMRK werden - darüber hinaus - Maßnahmen zur Außerkraftsetzung des Rechts auf Leben ausschließlich auf " rechtmäßige Kriegshandlungen " (Hervorhebung durch den Verfasser) " begrenzt:
Damit bestätigt die Konvention, daß der Krieg nicht als Rechtfertigung für die Tötung von Menschen geltend gemacht werden kann, wenn die Beeinträchtigung des Rechts auf Leben Folge einer rechtswidrigen Kriegshandlung ist. Die Regelungen des Art. 3 des IV. Abkommens und des Art. 91 ZP I bekräftigen lediglich den in allen Rechtsordnungen geltenden Grundsatz der Schadenersatzpflicht des Staates für deliktisches Handeln seiner Organe unter Anpassung an die spezifischen Bedingungen des bewaffneten Konflikts. Zum gleichen Ergebnis kam auch das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 27. August 1998 (AZ: 7 U 167/97):
3. gesamtschuldnerische Haftung der Mitgliedsstaaten der NATO Im vorliegenden internationalen bewaffneten Konflikt hat Deutschland als Mitglied der NATO an den militärischen Aktionen gegen Jugoslawien teilgenommen. Ansprüche für Schäden, die Streitkräfte der NATO in Verletzung des Kriegsrechts durch Angriffe in der Bundesrepublik Jugoslawien verursacht haben, richten sich gegen jeden Mitgliedstaat der NATO und somit auch gegen die Beklagte. Die Luftoperationen wurden durch die Mitgliedsstaaten der NATO gemeinschaftlich beschlossen und durchgeführt, so daß auch jeder Staat für das ganze haftet. Dieser gesamtschuldnerische Grundsatz, der sich in § 421 BGB findet und in die §§ 830 und 840 BGB für die unerlaubten Handlungen übernommen wird, gilt auch im Völkerrecht, wenn mehrere Staaten gemeinschaftlich handeln (vgl. 7.Bericht von Ago zu State Responsibility, A/CN 4/307/Add. 2. p4;ILC Report 1978, p 243). Ausdrücklich formuliert wurde er zum Beispiel im Artikel der Conventionon on the Internatuonal Liability for Damage caused by Space Objects (vgl. dazu John E. Noyes/Brian D. Smith, State Responsibility and the principle of Joint and Several Liability, in 13 The Yale Journal of International Law 1988, p. 225, insbesondere 245 f.). Werden Schäden durch Flugzeuge verursacht, ist es den Geschädigten in aller Regel unmöglich, den Nachweis zu führen, welches Flugzeug welcher Nationalität und/oder welcher Pilot konkret den Schadenseintritt verursacht hat. Das ergibt sich schon aus der Natur der Sache, Flugzeuge sind aufgrund ihrer Fluggeschwindigkeit und ihrer Flughöhe für einen auf der Erde befindlichen Geschädigten in aller Regel nicht identifizierbar. In ständiger Rechtsprechung des BGH wird deshalb bei (in Friedenszeiten) durch Flüge der NATO verursachte Schäden von den Geschädigten nicht verlangt, daß sie nachweisen, welches Flugzeug welcher konkreten Nation einen Schaden verschuldet hat. Der Nachweis, daß es sich bei dem schädigenden Flugzeug um eine den NATO - Mitgliedsstaaten zuzurechnende Maschine handelt, hält der BGH für ausreichend (BGH, Urteil v. 27.05.1993 - III ZR 59/92 m. w. N.). Das muß erst recht dann gelten, wenn in einem bewaffneten Konflikt Kampfflugzeuge der NATO - Mitgliedsstaaten in Verletzung von Schutzrechten des ZP I Schäden verursachen und der konkrete Verursacher für die Geschädigten nicht zu ermitteln ist. Andernfalls wäre es den Geschädigten in aller Regel unmöglich, ihre Schadensersatzansprüche überhaupt geltend zu machen. Das ZP I würde - jedenfalls was die Verursachung von Schäden durch Kampfflugzeuge betrifft - praktisch überhaupt keinen Schutz bieten können, um den darin enthaltenen Schutzrechten für die Zivilbevölkerung, die Zivilpersonen und zivile Objekte zur Durchsetzung verhelfen zu können. Die Funktion des ZP I, mit dem vornehmlich ein Mindeststandard von Menschenrechten, namentlich der Schutz von Leib und Leben der Zivilbevölkerung in einem bewaffneten Konflikt gewährleistet werden soll, ist einerseits an die Einhaltung seiner Bestimmungen durch die Kriegsparteien und im Falle der Verletzung der Regeln an die Gewährleistung der Durchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen der Geschädigten gebunden. Die gemeinsame deliktische Verantwortlichkeit der Beklagten und der weiteren NATO - Mitgliedsstaaten ergibt sich insbesondere aus folgendem: 1. Die höchste Entscheidungsebene des NATO-Bündnisses ist nach § 9 des Nordatlantikvertrages der NATO - Rat. In ihm sind alle Mitgliedsstaaten gleichberechtigt vertreten. Abstimmungen oder Mehrheitsentscheidungen finden nicht statt, seine Beschlüsse sind ausschließlich Konsensentscheidungen. Die Bindungswirkung seiner Beschlüsse setzt zwingend die einzelstaatliche Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedstaats der NATO voraus. So mußte und wurde auch im Falle der Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien verfahren: der Beschluß des NATO - Rates vom 8. Oktober 1998 zur Autorisierung der NATO, die Luftoperationen unter ihrer Führung nach den am selben Tag abschließend gebilligten Operationsplänen durchzuführen, beruht auf den dafür zwingend erforderlichen Zustimmungserklärungen aller NATO - Mitgliedsstaaten. Im Antrag der Beklagten an den Deutschen Bundestag vom 12. Oktober 1998 (13. Wahlperiode, Drucksache 13/11469) wurde dazu ausgeführt:
Beweis In dem Organstreitverfahren der Fraktion der PDS im Deutschen Bundestag ließ die Beklagte (dort als Antragsgegnerin) vor dem 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts (AZ: 2 BvE 6/99) in ihrem Schriftsatz vom 30. März 2001 ausdrücklich hervorheben, daß sie in ihrer Entscheidung zur Zustimmung zu den Luftoperationen sowie allen weiteren Entscheidungen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Sinne eines souveränen Staates frei entscheiden konnte und entschied:
Beweis Die Verantwortung für die offiziell als Luftoperationen bezeichneten Bombardierungen in der Bundesrepublik Jugoslawien zwischen 24. März und 10. Juni 1999 liegt schon von daher in gleichen Maß und Umfang bei der Beklagten wie jedem weiteren NATO -Mitgliedsstaat, ohne die Zustimmungserklärung - auch nur eines (!) - der Mitgliedsstaaten wäre rechtlich keine Beschlußfassung möglich geworden und die Luftoperationen folglich unterblieben. 2. Daneben ergibt sich die Verantwortlichkeit aus der Tatsache, daß die Entscheidung über die konkret anzugreifenden Ziele durch die NATO - Mitgliedsstaaten unmittelbar selbst getroffen wurden: nach Auskunft der Beklagten im Deutschen Bundestag wurde die sogenannte Zielplanung durch die Organe der NATO vorgenommen. Mangels eigener Aufklärungsmittel in der NATO stellten die Mitgliedsstaaten die dafür erforderlichen Informationen den Organen der NATO zur Verfügung.
Beweis Auf Grundlage dieser Zuarbeiten nahm die NATO die sogenannte Zielauswahl vor. Die für Angriffe in Betracht kommende Ziele wurden auf sogenannten Ziellisten zusammengestellt. Anschließend stimmten die NATO - Mitgliedsstaaten die Zielauswahl zwischen den NATO - Mitgliedsstaaten ab.
Beweis Der deutsche Generalleutnant Walter Jertz bestätigte in öffentlichen Erklärungen die Aussagen der Beklagten über die Abstimmung der Zielauswahl und erläuterte darüber hinaus, wie diese Abstimmungen zur Zielauswahl im »NATO - Rahmen« erfolgte: danach wurde die Freigabe eines Angriffs auf ein konkretes Ziel von der Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedstaats abhängig gemacht. Für den Fall, die Beklagte oder einer der anderen NATO-Mitgliedsstaaten übten ihr Vetorecht gegen den Angriff auf ein bestimmtes Ziel aus, erfolgte dessen Streichung von der Zielliste und der Angriff unterblieb. Wörtlich äußerte Generalleutnant Walter Jertz Anfang 2000 dazu:
Beweis Wir bieten insoweit für den Bestreitensfall ausdrücklich Zeugnislegung des deutschen Generalleutnants Walter Jertz an, der ab Anfang Mai bis Mitte Juni 1999 als Pressesprecher im Hauptquartier der NATO in Brüssel tätig war und in öffentlichen Stellungnahmen die Verfahrensweise zur Entscheidungsfindung für die Angriffsziele erläuterte. Der Zeuge wird nicht nur die vorgenannten Übereinkünfte der NATO - Mitgliedsstaaten bekunden, sondern auch ihre ständige Praktizierung während der Zeit der Luftoperationen.
Zeugnislegung: Generalleutnant Walter Jertz, zu laden über das Bundesverteidigungsministerium Für den Fall, daß der Zeuge keine Aussagegenehmigung erhalten sollte, behalten sich die Kläger vor, weitere Zeugen zu benennen und anzubieten, die entsprechende (später auch veröffentlichte) Interviews mit dem Herrn Generalleutnant machten. Auch die Einführung der mit Einwilligung des Generalleutnants erfolgten Tonbandaufzeichnungen als Beweismittel bleibt vorbehalten. Diese Verfahrensweise wird detailgetreu auch von Repräsentanten anderer Mitgliedsstaaten der NATO bestätigt, so u. a. durch den französischen Außenminister. Zeugnislegung: Außenminister Frankreichs, Herr Hubert Vedine, zu laden über das französische Außenministerium in Paris, Adresse gerichtsbekannt Auch der Angriff auf die Kläger war einer Zielliste zugeordnet worden, aber weder die Beklagte noch einer der anderen NATO - Mitgliedsstaaten übten ihr Vetorecht aus, obwohl das Angriffsverbot schon allein aufgrund der Tatsache, daß es sich um einen unverteidigten Ort handelte, offenkundig auf der Hand lag. Zeugnislegung: Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, zu laden über die gerichtsbekannte Adresse des Bundesverteidigungsministeriums Auch aus dieser Verfahrensweise ergibt sich, daß die Beklagte gemeinsam mit den weiteren Mitgliedsstaaten der NATO während der Phase der Durchführung der Luftoperationen das " Heft des Handelns und Unterlassens " selbst bei der Entscheidung über die konkreten Angriffsziele nicht aus der Hand gaben. Auch von daher tragen sie gemeinsam die Verantwortung für Verletzungen von Regeln des Kriegsrechts, die durch Personen ihrer Eingreiftruppe verursacht wurden und folglich die Mithaftung der Beklagten für das ganze begründet. 3.1 Zusammenfassung des Zwischenergebnisses 1. Die Durchführung der Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien setzte zwingend die Zustimmung aller Mitgliedstaaten der NATO voraus. Schon und gerade aufgrund der Tatsache, daß die Beklagte mit Ihrer Zustimmungserklärung die Luftoperationen (mit) möglich machte, trägt sie Mitverantwortung für die aufgrund von Kriegsrechtsverletzungen verursachten Schäden. 2. Auch die Entscheidung des Angriffs auf die Kläger setzte zwingend die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten der NATO voraus. Die Tatsache, daß die Beklagte dem Angriff zustimmte, obwohl er schon wegen des generellen Verbots des Angriffs auf nichtmilitärische Ziele und auf unverteidigte Orte rechtswidrig war, zieht - neben den Gründen aus Ziff. 1. - ihre Mitverantwortung für die verursachten Schädigungen der Kläger bzw. ihrer Rechtsvorgänger nach sich. 3. Der Schaden der Kläger beruht auf den vorgenannten gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlungen der NATO - Mitgliedsstaaten, so daß auch die Beklagte für den Schaden verantwortlich ist und zwar unabhängig davon, welcher Nationalität die Kampfflugzeuge waren, die den rechtswidrig beschlossenen Angriff ausführten. 4. Die Durchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen durch die unmittelbar Geschädigten Die Völkerrechtswidrigkeit der vorgenannten Kriegshandlungen hat sowohl eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Staaten gegenüber Jugoslawien als auch eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht gegeüber den geschädigten Personen wegen der Verletzung von Menschenrechten zur Folge. Die Kläger können ihre Schadensersatzansprüche im Wege eines zivilrechtlichen Verfahrens unmittelbar selbst geltend machen. Es bedarf dazu nicht der Hilfe des diplomatischen Schutzrechts ihres Heimatstaates: 1. Ohne im einzelnen die Anspruchsgrundlagen genauer zu untersuchen, wurde von der herrschenden Lehre lange Zeit behauptet, daß solche Ansprüche nur von Staat zu Staat, also im Wege des diplomatischen Schutzrechts geltendgemacht werden könnten, weil das Völkerrecht nur Beziehungen zwischen Staaten regele und nur Staaten Völkerrechtssubjekte seien. Auch das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 27. August 1998 (AZ: 7 U 167/97) unter Berufung auf Verdrossa/Simma rechtsirrig diese Auffassung vertreten:
Dementsprechend befand das OLG Köln:
Davon ausgehend kam das OLG Köln zu einem Schluß, der sich weder direkt noch indirekt aus dem Haager Abkommen ableiten läßt:
Damit interpretiert das OLG Köln nicht nur Art. 3 des IV. Haager Abkommens falsch, sondern negiert gleichzeitig die gesamte Entwicklung der Menschenrechte im Völkerrecht nach 1945. Es wird verkannt, daß es sich bei den Schadenersatzansprüchen aus der Verletzung von Regeln, die in bewaffneten Konflikten gelten, sowohl um völkerrechtliche Ansprüche zwischen Staaten als auch um völkerrechtlich begründete Ansprüche der verletzten Personen handelt, die im geltenden (nationalen) Recht der Beklagten verwurzelt sind. 2. Bei der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit der Staaten wird im allgemeinen davon ausgegangen, daß im Falle der völkerrechtswidrigen Beschädigung einer Privatperson, die zur völkerrechtlichen Verantwortlichkeit führende Handlung des Staates erst abgeschlossen ist, wenn die geschädigte Person, die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel des betreffenden Staates ausgeschöpft hat. Erst dann kann der Staat, dessen Staatsangehöriger geschädigt wurde, einen eigenen Anspruch gegen den schädigenden Staat geltend machen. Das bedeutet jedoch nicht, daß der unabhängig davon bestehende Anspruch der geschädigten Person untergeht, nicht oder nicht mehr geltendgemacht werden kann. Aus der alten Lehre über die ausschließliche Völkerrechtssubjektivität der Staaten und dem diplomatischen Schutzrecht wurde ein Grundsatz der " Exklusivität " des Staates zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen bei Kriegsfolgen konstruiert, den es im Völkerrecht jedoch nicht gibt und der den Einzelnen praktisch von der Wahrnehmung seiner Rechte ausschließt. Völlig zu Recht weist das BVerfG in seinem Beschluß vom 13.05.1996 (AZ: 2 BvL 33/93) daraufhin, daß eine solche Regel des Völkergewohnheitsrechts über die »Exklusivität« nicht besteht:
3. Es ist sicher richtig, daß Art. 3 der Haager Landkriegsordnung kein gerichtsförmiges Verfahren zur Regelung von Schadenersatzansprüchen einräumt. Das wollte und brauchte Art. 3 auch nicht. Art. 3 enthält zwei unterschiedliche Aussagen zur Haftung bei Verletzung des Kriegsrechts durch eine der am Konflikt beteiligten Parteien: a) er bekräftigt zum einen, daß der Staat für die Handlungen seiner Soldaten, die die Regeln des bewaffneten Konfliktes verletzen, einzustehen hat und b) er bestätigt, daß die Verletzung der Regeln für den bewaffneten Konflikt eine Schadensersatzpflicht des verantwortlichen Staates begründet. Das ist auch logisch. Mit dem Wegfall der Rechtfertigung als Kriegshandlung, wegen Verletzung der Regeln des bewaffneten Konfliktes stellt sich die Tötung oder Verletzung von Menschen, die Zerstörung ihres Eigentums usw. als ordinäre Menschenrechtsverletzung dar, für die heute generell in allen internationalen Menschenrechtskonventionen und auch nach dem GG eine Schadensersatzpflicht des Staates gegenüber dem Opfer besteht. Es wird dem Staat die Möglichkeit genommen, sich auf Notstand oder Krieg zu berufen, wenn es sich um keine vom Kriegsrecht gedeckten militärischen Akte handelt. Die Tötung und Verletzung von Menschen, die Beschädigung oder Zerstörung von Sachen unter Verletzung der Regeln des Kriegsrechts sind unerlaubte Handlungen, Delikte, für die nach geltendem Völkerrecht der Staat haftet (so offenbar auch das OLG Köln in seinem Urteil vom 3. Dezember 1998, veröffentlicht in NJW 1999, 1555 [1556]. Völkerrechtlich begründet wird hier die Rechtswidrigkeit der Handlungen (Verletzung des Kriegsrechts) und die Qualifikation der Handlung als staatliche Handlung (Handlung von Angehörigen der Streitkräfte). Es wird so der Weg der allgemeinen Gerichtsbarkeit in den einzelnen Staaten zur Feststellung und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung eröffnet. Zur Geltendmachung solcher Ansprüche genügt es, auf die ordentliche Gerichtsbarkeit des Staates zurückzugreifen. Es bedarf keiner speziellen gerichtsförmigen Verfahren, wenn nicht besondere prozessuale Probleme auftreten. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist zuständig und durchaus in der Lage, solche Ansprüche im ordentlichen Verfahren in Übereinstimmung mit dem geltenden Völkerrecht zu entscheiden. 4. Die Entwicklung in neuerer Zeit hat nicht nur völkerrechtliche Pflichten der Staaten gegenüber Individuen hervorgebracht sondern auch die Rechte Einzelner gegenüber dem Staat gestärkt. Im Falle der Verletzung solcher Rechte des einzelnen durch den Staat sind allgemein Wiedergutmachungsansprüche und vor allem auch Schadenersatzansprüche üblich geworden. Die häufigsten Beispiele liegen im Bereich der Verletzung von Menschenrechten. Sowohl der Europäische Menschenrechtsgerichtshof wie der Menschenrechtsausschuß der UNO gehen mit Selbstverständlichkeit und ohne besondere vertragliche Regelung in ihrer Rechtsprechung davon aus, daß im Falle der Verletzung von Menschenrechten die Staaten zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet sind. Auf diese Entwicklung verweist auch das BVerfG in seinem Beschluß vom 13. Mai 1996:
Die speziellen vertraglichen völkerrechtlichen Schutzsysteme (wie z. B. der Europäische Menschenrechtsgerichtshof und der Menschenrechtsausschuß der UNO) setzen aber die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges voraus. Sie gehen also davon aus, daß der Einzelne (unmittelbar Geschädigte) einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch im nationalen Recht hat. Sie sollen insbesondere gewährleisten, daß dem Einzelnen jedenfalls ein Rechtsmittel gegen den eigenen Staat zur Verfügung steht, wenn dieser seine völkerrechtlichen Verpflichtungen verletzt. 5. Entsprechend dem heutigen Stand der Entwicklung des Völkerrechts können Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Regeln, die im bewaffneten Konflikt gelten, nicht nur von dem Heimatstaat des einzelnen Geschädigten, sondern auch von dem Geschädigten selbst gegenüber der schädigenden Konfliktpartei geltendgemacht werden. Denn der schädigenden Staat ist verpflichtet, für die rechtswidrigen Handlungen im bewaffneten Konflikt einzustehen und dem Geschädigten einen Rechtsweg zur Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche zu eröffnen (Art. 6, Abs. 1 Art. 13 Europäische Menschenrechtskonvention und Art. 14, Abs. 1 und Art. 2, Abs. 3 des Paktes über politische und Bürgerrechte). Das BVerfG spricht von einer »Anspruchsparallelität«, wenn sich die staatlichen Verletzungshandlungen sowohl als Bruch des Völkerrechts als auch des nationalen Rechts darstellen:
6. Die Regelung im Artikel 3 der Haager Konvention und im Art. 91 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen ist in vollem Einklang mit der allgemeinen Entwicklung des Völkerrechts, die in den internationalen Menschenrechtskonventionen dem Einzelnen unmittelbare Rechte gegenüber dem Staat zuspricht, die Staaten für die Bereitstellung entsprechender Gerichtsverfahren zur Gewährleistung dieser Rechte verantwortlich macht (Art. 2) und für deren Durchsetzung gegebenenfalls internationale Verfahren bereitstellt. Insbesondere bei Menschenrechtsverletzungen gibt es heute eine institutionalisierte Rechtsprechung, die Schadenersatzansprüche betroffener Individuen gegenüber dem Staat bestätigt und für deren Realisierung gegebenenfalls, wie im Rahmen der europäischen Menschenrechtskonvention, sogar einen Kontrollmechanismus wie den internationalen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg vorsieht. Im Internationalen Pakt für Bürger-und politische Rechte verpflichten sich die Mitgliedstaaten im Artikel 2, Abs. 2 ausdrücklich, Personen, die die Verletzung von Menschenrechten geltend machen, einen Gerichtsweg zu öffnen. Dies wird in der Bundesrepublik Deutschland über Art. 19, Abs. 4 des GG gewährleistet. 7. Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz garantiert das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit für jedermann. (Vgl. Pieroth/Schlink, Rdnr. 110; Frowwein/Peukert......) Es ist daher unerheblich, ob das Recht auf Leben eines Ausländers im In -oder Ausland verletzt wird, wenn für diese Verletzung deutsche Staatsorgane verantwortlich sind (Pieroth/Schlink, Rdnr. 188; BverfGE 6,290; 57,9). Auf im Ausland begangene Amtshaftungsdelikte ist gemäß § 38 EGBGB deutsches Recht anzuwenden. (OLG Köln, NJW 1999, 1555). Das gilt auch nach der Novellierung des EGBGB durch Gesetz vom 21. 5. 1999, § 40 Abs. 1, das am 1. 6. 1999 in Kraft getreten ist. 8. Ob im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Rechts auf Leben vorliegt, hängt wesentlich davon ab, ob die Regeln des bewaffneten Konfliktes eingehalten oder verletzt wurden. So hat der Internationale Gerichtshof in seinem Gutachten zu Kernwaffen festgestellt, daß im Falle eines bewaffneten Konflikts(Advisory Opinion on the Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapopns, ICJ Reports 1996, 225 at 240):
Und es ist eine allgemeine Interpretation über das Verhältnis von Menschenrechten und Regeln des humanitären Völkerrechts, wenn Greenwood schreibt(a.a.O. p. 23):
In Übereinstimmung damit hat das OLG Köln in seinem vorgenannten Urteilen das Vorliegen eines Amtshaftungsanspruches bei schweren Eingriffen in die körperlichen und seelischen Lebensvorgänge der Betroffenen bejaht, da die Handlungen »keinesfalls durch Art. 52 des Abkommens betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges vom 18. 10. 1907 (Haager Landkriegsordnung) gedeckt« waren. Ausdrücklich wird im Artikel 15 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention eine Einschränkung des Rechts auf Leben gemäß Artikel 2 der Konvention in Kriegszeiten auf "rechtmäßige Kriegshandlungen" begrenzt. D. h. die Konvention geht davon aus, daß die Verletzungen des Kriegsrechts jedenfalls auch Verletzungen des Menschenrechts auf Leben darstellen, wenn sie schwere körperliche oder seelische Beeinträchtigungen oder den Tod verursachen. 9. Bei den Regeln des humanitären Völkerrechts handelt es sich im allgemeinen um eine Spezialregelung für den Schutz von Menschenrechten im Falle eines bewaffneten Konfliktes. Infolgedessen sollte in allen Staaten wie generell bei der Verletzung von Menschenrechten der Rechtsweg auch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Staat offen sein, der für die Verursachung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts verantwortlich ist. Im Grunde handelt es sich um eine völkerrechtliche Pflicht der Staatshaftung. In Übereinstimmung damit wird im Art. 34 GG nicht nur der Grundsatz der Staatshaftung bekräftigt, sondern ausdrücklich gesagt, daß für solche Ansprüche der Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden darf. Das gilt nicht nur für die Spezialregelung in § 839 des BGB sondern generell für die Haftung des Staates, auch wenn die Rechtswidrigkeit der Handlung sich aus völkerrechtlichen Normen ergibt, die zum Bestandteil des Landesrechts geworden sind und die - wie im Falle des Art. 3 Haager Abkommen und Art. 91 des Zusatzprotokolls I - u.U. weit über den engen Rahmen des § 839 BGB hinausgehen. Für die Haftung aus deutschem Deliktsrecht bei Verletzung von Regeln, die für den bewaffneten Konflikt gelten, ist § 839 BGB nur dem Grundsatz nach anwendbar. Seine direkte Anwendung würde den Umfang der aufgrund des Art. 3 Haager Konvention durch das Völkerrecht gebotenen Haftung unzulässig einschränken. § 839 BGB ist eine Regelung für hoheitliches Handeln von deutschen Beamten in Friedenszeiten. Sie wird durch die lex specialis für Kriegszeiten verdrängt. Sachbeschädigung, Körperverletzung und Tötung sind im Krieg erlaubt, wenn sich solche Akte im Rahmen der Regeln des Kriegsrechts bewegen. Werden diese Regeln verletzt, Zivilpersonen getötet oder zivile Objekte ungerechtfertigt zerstört, so haftet der Staat, dessen Soldaten (oder im Bündnis, Soldaten des NATO-Partners) den Schaden verursacht haben. Die Rechtswidrigkeit ist gegeben, sobald die Rechtfertigung des Kriegsrechts wegen Verletzung seiner Regeln entfällt(so auch das OLG Köln in dem vorgenannten Urteil:
10. Die Handlung des Soldaten wird notwendig dem Staat zugerechnet, unabhängig davon, ob er im Dienst auf Befehl, vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Diese Haftung ist wesentlich breiter als die in § 839 BGB vorgesehene Staatshaftung, die jedenfalls erfordert, daß die Handlung im Dienst und schuldhaft begangen wurde. Sie ist auch breiter als die übliche völkerrechtliche Haftung für das Handeln staatlicher Organe, bei denen jedenfalls erforderlich ist, daß sie in ihrer Kapazität als Organe des Staates gehandelt haben. Darauf verweist ausdrücklich Kalshoven(F. Kalshoven a.a.O. p. 837):
Es bleibt aus den vorgenannten Gründen festzustellen, daß die Kläger befugt sind, als in ihren Rechten verletzte Individuen mit der erhobenen Klage Schadenersatz zu verlangen.
IV. Anspruch der Kläger auf Geldentschädigung nach deutschem Recht 1. Die Rechtsgutverletzungen des § 823 Abs. 1 BGB Die tatbestandlich mit § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit wurden durch die Beklagte verletzt. Das bedarf insoweit keiner tieferen Erörterung. 1. 2. Grundrechtsverletzungen nach dem Grundgesetz als Verletzung absoluter Rechte i. S. des § 823 Abs. 1 BGB Neben den vorgenannten Rechtsgütern hat die Beklagte auch sonstige Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzt, die sowohl einfachgesetzlich zivilrechtlich als auch verfassungsrechtlich geschützt sind. Als Staat und somit als unmittelbarer Adressat der Grundrechte des Grundgesetzes ist die Beklagte ungleich stärker als andere Schädiger den Grundrechten unterworfen. 1.2.1. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1 und die Verletzung persönlicher Freiheitsrechte der Kläger nach Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz Die körperliche Verletzung und die Tötung der Kinder, Ehegatten, Geschwister sowie weiterer Angehöriger stellt einen schweren und eklatanten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowohl der schwerverletzten Kläger wie auch der hinterbliebenen Kläger dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als »sonstiges Recht« im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB (BGHZ 13,334; 24,77) ist als »Rahmenrecht« (Ehmann, in: Erman, BGB, 10. Aufl. 2000, Anhang § 12, Ahndung Nr. 13) anerkanntermaßen schmerzensgeldbewährt. In dem Urteil des 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 14.2.1958 BGHZ 26,349-359) - dem sogenannten »Herrenreiterfall« ist der Schmerzensgeldanspruch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus einer Analogie zu § 847 BGB begründet worden. Der BGH stützt diese Analogie auf die Art. 1 und 2 des Grundgesetzes:
Dem lag außerdem die Erwägung des Bundesgerichtshofs zugrunde,
In der so genannten »Ginseng - Entscheidung« des Bundesgerichtshofes (BGHZ 35, 363, 367 f.) ist der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zuerkannte Schmerzensgeldanspruch damit begründet worden, daß eine der Wertordnung des Grundgesetzes gerecht werdende Zivilrechtsordnung nicht
Der BGH hat in dem sogenannten »Fernsehansagerin« - Urteil (BGHZ 39, 124 (130 ff.) wie auch in der weiteren Rechtsprechung die Unverzichtbarkeit des Mittels Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit offen rechtspolitischen Argumenten begründet. Der BGH verwies insbesondere auf die tiefgreifenden technischen und sozialen Entwicklungen, die sich seit dem Bestehen des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen haben und die für die Schöpfer des BGB im Jahre 1900 überhaupt nicht voraussehbar gewesen seien. Dem durch diese gesellschaftliche Entwicklung gegebenen Bedürfnis nach einem verstärkten und der Eigenart der Verletzung angemessenen Rechtsschutz der Persönlichkeit werde die Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Wiedergutmachung immaterieller Schäden nicht mehr gerecht. Nehme man, so der BGH weiter, den Schutz der Menschenwürde als vordringliche Aufgabe der Staatsgewalt und die Bindung des Richters an die Wertentscheidungen des Grundrechtskatalogs ernst, so könne der Richter nicht mehr an die Entscheidung des Gesetzgebers von 1900 gebunden sein, die den Ersatz immaterieller Schäden auch bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen versage:
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Entwicklung in der sogenannten »Soraya-Entscheidung« vom 14. Februar 1973 (BVerfGE 20, 269) bestätigt. Es hat weder gegen die Anerkennung als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB noch gegen die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes im Fall der Verletzung Bedenken erhoben und die Rechtsprechung der Zivilgerichte, wonach bei schweren Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Ersatz auch für immaterielle Schäden beansprucht werden kann, als mit dem Grundgesetz vereinbar befunden. Die Verfassungskonformität begründete das Bundesverfassungsgericht insbesondere mit der »Ausstrahlungswirkung« der Verfassung:
Seither sind die Grundsätze dieser Rechtsprechung allgemein anerkannt; als "Rahmenrecht" bedurfte es lediglich weiterer gerichtlicher (tatrichterlicher) Ausprägung. Anerkannt ist, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht als "unbenanntes" Freiheitsrecht die speziellen (benannten) Freiheitsrechte ergänzt und konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützt (BVerfG, JZ 1989, 335 (336)). Es dient dazu, die persönliche Lebenssphäre des Einzelnen und die Möglichkeiten zur aktiven Entfaltung seiner Persönlichkeit zu schützen:
Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt (BVerfGE 35, 202 (220), daß aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und zur Sicherung eines autonomen Bereiches privater Lebensgestaltung jedes Einzelnen folgt. Dieses Recht gilt in dem Maße wie er es selbst wünscht und andere mit ihm zusammen diesen privaten Bereich gestalten wollen. Bestätigt wurde diese Rechtsprechung in BVerfGE 54, 148 (153), was dazu führte, daß der Schutz der individuellen und sozialen Identität jedes Einzelnen sowohl grundrechtlich geschützt ist als auch über das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Sinne des Zivilrechts schmerzensgeldbewährt ist. Das danach anerkannte "Recht auf aktive Entfaltung der Persönlichkeit" ist ein Quellrecht aktiver Selbstentfaltung und Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt heute längst nicht mehr bloß vor der Erhebung und Verbreitung ehrenrühriger und persönlichkeitsverletzender Informationen, sondern bringt auch sonstige Freiheitsrechte hervor. Es entfaltet Drittwirkung im Zivilrecht und führt zu Schmerzensgeldansprüchen in entsprechender Anwendung des § 847 Abs. 1 BGB. In der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zuletzt eine klare Tendenz auszumachen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Sinne eines aktiven Persönlichkeitsrechts bis in Randbereiche der persönlichen Entfaltung auszudehnen. Durch Urteil des LAG Thüringen vom 10. April 2001 (Az.: 5 Sa 403/2000) wurde der Mobbing - Schutz dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht unterstellt. Beispielhaft seien weitere anerkannte und in ihren Auswirkungen weniger belastende Fälle als der Verlust von Leben, Gesundheit und der Familie genannt:
Die Beispiele könnten fortgesetzt werden. Sie zeigen, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Rahmenrecht zum Schutz der aktiven Persönlichkeitsentfaltung umfassend gilt. Dies gilt auch und erst Recht für den Anspruch der Kläger auf Achtung ihrer Familie und Familienplanung. Denn es leuchtet ein und bedarf keiner längeren Ausführung, daß die dargestellten Fälle banal und bedeutungslos erscheinen müssen, wenn man sie mit dem hier vorliegenden Fall vergleicht, bei dem es um die Auslöschung des Familienlebens der Kläger, um den Ruin ihrer gesamten Lebensführung und Lebensplanung, sowie - nicht zuletzt - um den Verlust eines sinnerfüllten Lebens geht. Damit ist gleichzeitig auch klargestellt, daß nicht nur diejenigen Kläger, die die Luftangriffe mit physischen und psychischen Schäden überlebten, sondern auch die Kläger, deren Angehörige bei den Luftangriffen ums Leben kamen, Geldentschädigungsansprüche aus Persönlichkeitsrechtsverletzungen geltend machen können. Wenn es anerkannt ist, daß aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowohl das Recht auf Selbstbestimmung der Mutterschaft als auch das Recht auf Selbstbestimmung der Vaterschaft und damit ein Schutz vor Eingriffen in das Familienleben folgt, so ist es nur logisch und konsequent, das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch zum Schutz vor der Zerstörung der Familie heranzuziehen. Liegen Eingriffe bereits bei der Familienplanung vor, nämlich wenn ungewollte Kinder erzeugt werden oder gewollte Kinder nicht mehr erzeugt werden können, so liegen sie erst Recht vor, wenn wie hier durch Tötung und Verletzung das Familieleben der Kläger zerstört wird. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz formuliert eine Verfassungsrechtsnorm des objektiven Rechts. Jedes Verhalten der Beklagten, das menschliche Würde verletzt, jedes Unterlassen der Beklagten, das bedrohte Würde nicht schützt oder sie sogar wie hier zerstört, die Menschen in würdeloses Leben zwingt oder sie hindert in Würde zu Leben, Würde zu wahren oder zu leisten, sind verfassungswidrig. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz formuliert ein Menschenrecht, daß jedem Menschen und somit auch den Klägern ein subjektives Recht gegen die Beklagte auf Wahrung ihrer Menschenrechte gewährt (BVerfGE 1,332,347 folgende; BGHZ 13,334,338; BAGE 4,274,281 folgende). Eine der grundlegenden Bedingungen zur Wahrung der Menschenwürde nach Art. 1 des Grundgesetzes ist die Achtung der leiblichen Kontingenz des Menschen. Diese Bedingung ist in Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes konkretisiert worden. Er beinhaltet drei selbständige Grundrechte, indem er das Recht auf Leben gewährt, dem Menschen das Recht einräumt, grundsätzlich und in erster Linie selbst über Eingriffe in die Unversehrtheit des eigenen Körpers bestimmen zu dürfen und schließlich die Freiheit der räumlichen Bewegung. Das Recht aller Menschen auf Leben ist auch völkerrechtlich verbindlich anerkannt. Erstmals formuliert Art. 3 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948:
Nach dem BVerfG (BVerfGE 45,1 187,2 129) besteht die Unantastbarkeit der Menschenwürde in einer rechtlichen Konstanz der grundlegenden Beziehungen, durch die jeder einzelne Mensch durch die Tatsache seiner Existenz mit einer - seiner - Gesellschaft verbunden ist, die ihm menschliche Existenz allererst ermöglicht. Diese Konstanz besteht in der Unverzichtbarkeit, Unverwirkbarkeit und Uneinschränkbarkeit des Rechts jedes Menschen auf Wahrung seiner Menschenwürde. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde ist ein normativer Ausdruck. Die Gewährleistung dieser Grundrechte umfaßte daher Eingriffsverbote und Schutzpflichten des Staates, also der Beklagten. So ist es der Beklagten kraft Verfassung grundsätzlich verboten, in den Normbereich der Grundrechte einzugreifen und grundsätzlich verpflichtet, diese Grundrechte zu schützen. Grundrechtsträger ist jeder bundesrepublikanischer hoheitlicher Gewalt rechtlich oder tatsächlich unterworfene Mensch (Menschenrecht), so daß sich auch die Kläger als jugoslawische Staatsbürger auf die Verletzung dieser Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. 1.2.2.Verletzung des Anspruchs auf Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, daß die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährte Achtung der Entfaltungsfreiheit im privaten Lebensbereich durch die Verfassungsgarantie von Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG erheblich verstärkt ist. Art. 6 GG stellt Ehe und Familie als wertentscheidende Grundsatznorm unter besonderen Schutz (BVerfGE 6, 55 (72); 9, 237 (242); 22, 93 (98); 24, 119 (135); Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz -Kommentar, Art. 6 Rn. 11). Ehe und Familie als Keimzelle jeder menschlichen Gemeinschaft können in ihrer Bedeutung mit keiner anderen menschlichen Bindung verglichen werden (BVerfGE 6, 55 ,(71 ); 24, 119 (149); 80, 81 (92 f.); Kammergericht, JZ 1989, 38 li. Sp). Das Bundesverfassungsgericht führt dementsprechend aus, daß jedermann, der den Grundrechten verpflichtet ist, die Entfaltungsfreiheit im privaten Lebensbereich zu achten hat und diese nicht verletzen darf:
Das Bundesverfassungsgericht führt weiter aus, daß der durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährte Schutz über die bloße Hausgemeinschaft hinausgeht und ein Leben lang weiterbesteht:
Ehe und Familie stehen nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Gemeinschaft. Als klassisches Grundrecht schützt Art. 6 Abs. 1 GG die Privatsphäre von Ehe und Familie (BVerfGE 6, 55 (76); 33, 236 (238); BVerfG NJW 1983, 511 ). Der Staat hat mit seinen gesetzlichen Vorschriften die Autonomie und Selbstentfaltung der Familie zu sichern und zu fördern. Art. 6 GG schirmt die Familie als geschlossenen Lebensbereich für individuelle Persönlichkeitsentfaltung und mitmenschliche Verständigung ab und ermöglicht eine Vielfalt privater Freiheit, auf die eine freiheitliche staatliche Gemeinschaft aufbaut (Kirchhof, in: ", Praxis den neuen Familienrechts, 1978, S. 171; ebenso Friauf, NJW 1986, 2595; Nachweise über das umfangreiche neuere Schrifttum zur Sozialgeschichte der Familie bei Klippel, Entstehung und Stru kturwandel der modernen Familie, FamRZ 1978, 558; König, Die Familie der Gegenwart, 3. Auf!., München, 1978; Schulze, Aktuelle Familiensoziologie: Wandel, Familiensituationen und Rolleninterpretationen, FamRZ 1987, 658; Friauf, Verfassungsgarantie und sozialer Wandel -Das Beispiel von Ehe und Familie, NJW 1986, 2595; Schwentzer, Vom Status zur Realbeziehung, Baden- Baden 1987; Heftlage, Familienreport 1992; Nave-Herz, Familie heute, 1994). Unter der grundgesetzlichen Werteordnung und geschützt durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht hat jeder das Recht darauf, eine Familie zu gründen, als auch, eine Familie zu behalten (Kadner, Schmerzensgeld für Angehörige, ZeuP 1996,135 (149 ff.)). Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG schützt nicht nur die zukünftige Planung, sondern auch die Perpetuierung des gegenwärtigen Zustandes. Wenn schon in den weitaus geringer wiegenden Fällen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen wie etwa bei nächtlichen Störanrufen Schmerzensgelder dem Grunde nach fällig werden, so kann nichts anderes im vorliegenden Fall gelten, in dem die Familien der Kläger zerstört wurden. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt nicht nur -wie vom Bundesgerichtshof in NJW 1996, 1128 und vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 35, 202 (220) anerkannt - "für sich sein zu wollen", sondern auch "mit Anderen" - eben seiner Familie - sein zu wollen. Jedem steht ein autonomer Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in der er seine Individualität unter Ausschluß von Einwirkungen Dritter entwickeln und wahrnehmen kann. Der BGH nimmt in dieser Entscheidung ausdrücklich Bezug auf das im amerikanischen Recht bestehende "right to be alone" als Ausfluss des "right of privacy" (vgl. Katz vs. United States, 389 Supreme Court (1967), 347, 350 f.; Waren/Brandeis, 4 Harvard Law Review ( 1890), 193 ff .; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, 1995, S. 168 ff., 174). Genauso verhält es sich aber auch mit den im amerikanischen Recht als Ausfluß des Right Of Privacy anerkannten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen wegen "wrongful death actions" und den daraus folgenden Schmerzensgeldern wegen "Ioss of companionship, love and affection" sowie Ansprüche aus "surviver's grief' . 1.2.3. Verletzungen der Art. 8 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 EMRK Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Grundrechte im allgemeinen sind nicht nur Ausdruck grundgesetzlicher Bindungen. Sie sind ebenfalls Teil und Wertentscheidung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der allgemein in der europäischen Wertegemeinschaft geltenden Grundsätze. So schützt Art. 8 EMRK ausdrücklich das Privatleben und Familienleben. Wie Frowein in seiner Kommentierung bemerkt, ist dies die
(Frowein/Peuker, in: EMRK-Kommentar., Art. 8 Rn. 1 }. Der Einzelne hat einen Anspruch auf Achtung seines Familienlebens. Dies ist anerkanntes Gedankengut der europäischen Wertegemeinschaft (vgl. Brötel, Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens: Rechtsgrund und Grenzen staatlicher Einwirkungsmöglichkeiten in familiäre Rechtspositionen nach der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Baden- Baden 1991 ). Der Schutz des Familienlebens betrifft insbesondere den Schutz des Zusammenlebens der Familienmitglieder. Für Ehepartner und Kinder ist die Möglichkeit zusammenzuleben, Bestandteil der Garantie des Art. 8 EMRK (vgl. Rs. Abdullaziz u. a. GH 94, Ziffer 62 = EuGRZ 1985, 569}. Art. 8 EMRK ist eine der Regelungen, die das Recht auf Leben gemäß Art. 2 EMRK konkretisiert. Art. 2 Abs. 1 EMRK stellt das Recht jedes Menschen auf Leben unter gesetzlichen Schutz:
Nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes sind Verletzungen der EMRK schmerzensgeldbewährt. Alle vergleichbaren europäischen Rechtsordnungen kennen entsprechende Hinterbliebenenschmerzensgelder wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten, so etwa Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Portugal, Schweiz, Slowenien, Spanien oder Ungarn. Insbesondere in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts ist die dogmatische Anknüpfung an das allgemeine Persönlichkeitsrecht seit langem anerkannt (vgl. etwa die Sache Armin, Monique und Martina W. vs. S. Versicherungsgesellschaft, BGE 118 II 404 zusammengefaßt bei Kadner, ZEuP 1996, 135 ff.).
1.3. Zwischenergebnis Die Pflichten, die in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 formulierte Unantastbarkeit der Menschenwürde zu wahren und die Grundrechte des Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz zu gewährleisten, wurden von der Beklagten im vorliegenden Falle parallel zu den im bewaffneten Konflikt geltenden Schutzregeln (Ius in Bello) für die Zivilbevölkerung und zivile Objekte nach dem ZP I verletzt. Diese verfassungsrechtlichen Grundrechtsverletzungen sind absolute Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Die Kläger haben gegenüber der Beklagten (und parallel zu den erörterten völkerrechtlichen Anspruchsgrundlagen) aus §§ 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 und den Art. 6 u. 8 EMRK einen Anspruch auf Geldentschädigung gem. § 847 BGB.
2. Höhe der Geldentschädigung 2.1. Schmerzensgeld und Geldentschädigung - Kriterien und Zweckbestimmung nach der Rechtsprechung Grundlegend für die Bemessung eines Schmerzensgeldanspruches hat sich in der Rechtsprechung seit den fünfziger Jahren die Formel durchgesetzt, daß dem Geschädigten Ausgleich für die entgangene Lebensfreude und Genugtuung dahin vermittelt wird, daß der Schädiger auch für den Ersatz der immateriellen Schäden verantwortlich ist. Dem Schmerzensgeld kommt nach der bisherigen Rechtsprechung die doppelte Funktion zu, die Schädigung der Persönlichkeitseinbuße auszugleichen und ein Zeichen zu setzen, daß dem Geschädigten Unrecht widerfahren ist (auch bekannt unter den Begriffen Ausgleichsfunktion bzw. Wiedergutmachungsfunktion). Dabei soll wertend auf alle Gesichtspunkte des Einzelfalles Rücksicht genommen werden, so daß Art und Ausmaß physischer und psychischer Störungen, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Schädigers und der Grad des Verschuldens wesentliche Kriterien für die Bemessung des Schmerzensgeldes sind. Nach der Rechtsprechung des BGH wird jedoch die Bemessung von Schmerzensgeld bei psychischen oder physischen Schäden anders behandelt als die Festsetzung einer Geldentschädigung, denen allgemeine Persönlichkeitsrechtsverletzungen zugrunde liegen. Bei der Bemessung von Entschädigungszahlungen aufgrund von Persönlichkeitsrechtsverletzungen wird nicht nur der Zweck verfolgt, den Schaden auszugleichen, sondern gleichzeitig werden präventive Zwecke verfolgt (in der Literatur und Rechtsprechung teilweise auch als »Abschreckungsfunktion« bezeichnet). Das kann in Abhängigkeit des konkreten Falles zu wesentlich höheren Entschädigungszahlungen als bei Schmerzensgeldzahlungen führen, denen keine allgemeinen Persönlichkeitsrechtsverletzungen zugrundeliegen. Durch die Höhe der Entschädigungszahlungen sollen Schädiger davon abgehalten werden, besonders rücksichtsloses, rechtswidriges Verhalten in der Zukunft fortzusetzen. So hat der BGH in seiner Revisionsentscheidung vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Tatsacheninstanz bei der Bemessung der Geldentschädigung gegen eine Illustrierte wegen eines erfundenen und abgedruckten Interviews " mit " Caroline von Monaco die allgemeine Persönlichkeitsrechtsverletzung und die spezifische präventive Zweckbestimmung nicht berücksichtigt hatte. Der BGH führt in seiner Revisionsentscheidung dazu aus:
Im Ergebnis setzte die Tatsacheninstanz unter Berücksichtigung der Anforderungen, die das BVerfG vorgegeben hatte, die Geldentschädigung auf 180.000 DM fest.
2.2. Die Bemessung der
Geldentschädigung im Falle der Kläger Auch die Kläger haben ein Anspruch auf eine Geldentschädigung. Bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kommt eine Geldentschädigung nach der Rechtsprechung für zugefügten immateriellen Schaden dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. neben BGH, NJW 1965, 1374; NJW 1971,698 = LM § 823 [Ab] BGB Nr. 52 u.a. Senat, LM § 847 BGB Nr. 33; LM § 847 BGB Nr. 51 = VersR 1974,758 m. w. N.;). Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Entschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also vom Ausmaß des rechtswidrigen Handelns und/oder Unterlassens, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Schädigung, ferner vom Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie vom Grad seines Verschuldens ab. Im Falle der Kläger sind diese Voraussetzungen sämtlichst gegeben.
2.2.2. Bedeutung und Tragweite der Persönlichkeitsrechtsverletzungen Die ungerechtfertigte Tötung von Menschenleben, die physische und psychische Verletzung menschlichen Lebens und die damit untrennbar verbundene Zerstörung familiären Zusammenlebens gehören zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen und Grundrechtsverletzungen. Der Beklagten ist gemeinsam mit den anderen Staaten der NATO der Vorwurf zu machen, gegen elementarste Menschenrechte und Grundrechte der Kläger verstoßen zu haben, die sich selbstredend als schwerwiegende Eingriffe in ihre allgemeinen Persönlichkeitsrechte darstellen. Schon von daher ist es geboten, eine Geldentschädigung zu gewähren.
2.2.3. Nachhaltigkeit und Fortdauer der Menschenrechtsverletzungen Die Schäden, die die Kläger erlitten haben, sind nicht mehr gut zu machen. Bereits heute steht fest, daß 16 der 17 klagenden Verletzten bis an ihr Lebensende mit den erheblichen Verletzungsfolgen leben müssen. Ihre weitere Lebensführung wird in erheblichen Maße durch die schwerwiegenden Verletzungen bestimmt. Ihr Familienleben ist auf Dauer schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. So findet z. B. die Pflege und Betreuung in den Familien statt. Bei der weiteren klagenden Verletzten (Kläger zu 26) steht noch nicht fest, ob und in welchem Umfang sie Dauerschäden davongetragen hat. Die Familien derjenigen Kläger, deren Angehörige durch die Luftangriffe getötet wurden, wurden zerstört. Das Familienleid, das beispielsweise durch den Tod der 15jährigen Sanja Milenkovic verursacht wurde, ist für die Kläger zu 1) auf Dauer nicht auszugleichen. Gleiches trifft auf die Kläger zu, die bei den Luftangriffen ihre Ehemänner und Väter verloren. Bis auf die Klägerin zu 26) können alle schwerverletzten Kläger ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen und haben ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage verloren. Alle diejenigen Kläger, deren Ehegatten getötet wurden, verloren damit auch den einzigen Ernährer und somit auch die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen.
2.2.4. Anlaß und Beweggründe für den Luftangriff Den angreifenden NATO - Staaten mußte schon vor dem ersten Angriff auf die Brücke zwangsläufig klar sein, daß der Beschuß des ausgewählten Objekts aufgrund seines Standorts, der Lage, des Zeitpunkts und zivilen Nutzung zwangsläufig zu Toten und Verletzten unter der Zivilbevölkerung führen würde. Der Luftangriff auf Varvarin war kein »Kolateralschaden«, sondern eine Kriegshandlung, die vorsätzlich darauf gerichtet war, Zivilpersonen zu töten und zu verletzen sowie zivile Objekte zu zerstören. Ein anderer Schluß ist aus den geschilderten Umständen schon objektiv nicht möglich. Wer ohne jede Vorwarnung mit modernsten Kampfflugzeugen in Bruchteilen von Sekunden völlig ahnungslose Menschen angreift und sie mit Waffen extremsten Wirkungsgrades beschießt, handelt menschenverachtend, heimtückisch, hinterhältig und letztlich aus niedrigsten Beweggründen. Erschwerend kommt noch hinzu, daß ein zweiter Luftangriff geflogen wurde, der nur noch die Hilfeleistenden töten und verletzen konnte. Das ist Ausdruck tiefster Mißachtung und Gleichgültigkeit gegenüber den Grundwerten jeder humanistischen Gesellschaft und bedarf keiner weiteren Vertiefung. Ebenso wenig kann unberücksichtigt bleiben, daß diese »Luftoperation« nur eine von vielen ist, bei der unter gleichen Umständen jugoslawische Zivilbevölkerung in Dörfern und Städten beschossen wurde. So ist zum Beispiel in der Stadt Nis (ca. 400.000 Einwohner) zur Mittagszeit der mit Menschen voll gefüllte Marktplatz in der Innenstadt mit Raketen beschossen worden, infolge dessen über 30 Menschen getötet und verletzt wurden. Das ist nur einer von vielen vergleichbaren Fällen, die sich im übrigen alle vor der Bombardierung von Varvarin ereignet haben. Für den Fall des Bestreitens werden die Kläger lückenlos Beweis antreten werden.
2.2.5. Die Verhöhnung der Kläger durch die Beklagte Die Beklagte hat die mit dem außergerichtlichen anwaltlichen Schriftsatz der Kläger erhobenen schwerwiegenden tatsächlichen und rechtlichen Vorwürfe gar nicht erst bestritten. In ihrem außergerichtlichen Erwiderungsschriftsatz hat sie erklären lassen, sie würde
Einerseits war die Beklagte an der Entscheidung zu Luftoperationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien beteiligt, nahm darüber hinaus mit eigenen Streitkräften an den Luftangriffen teil und war im Rahmen der Zielplanung maßgeblich an der Entscheidungsfindung über die anzugreifenden Ziele - und somit auch an der Entscheidung zum Angriff von Varvarin - beteiligt. Andererseits will sie sich aber gegenüber denjenigen (Kläger) aus der Verantwortung stehlen, denen sie unter Verletzung ihrer elementaren Grundrechte und Menschenrechte schwerstes Leid zugefügt hat. Angesichts der zentralen Bedeutung des Rechts auf Leben im Grundgesetz und in allen internationalen Menschenrechtstexten einschließlich des Art. 2 EMRK stellt sich das uneinsichtige, durch nichts zu rechtfertigende Verhalten der Beklagten als Verhöhnung und Verunglimpfung der Kläger dar.
2.3. Ergebnis Den Klägern steht aus den vorgenannten Gründen ein Anspruch auf Geldentschädigung zu, die schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Kläger können auch nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden. Die Höhe der Geldentschädigung muß der Schwere der Rechtsverletzungen genüge tun. Unter den spezifischen Bedingungen des hier vorliegenden Falles ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, daß die Höhe der festzusetzenden Geldentschädigung die Beklagte zu Akzeptanz und Einhaltung der Grundrechte und Menschenrechte veranlaßt. Dieser präventive Zwecke muß - noch vor dem Ausgleichszweck der Schäden - Priorität haben. Die freiwilligen Entschädigungszahlungen der NATO - Staaten an die Hinterbliebenen, deren Angehörige1998 durch ein Militärflugzeug der NATO getötet wurden, daß im italienischen Skiort Calvalese eine Seilbahn zum Absturz brachte, führte zu Entschädigungszahlungen in Höhe von 3,8 Millionen DM für jeden der 20 ums Leben gekommenen Personen. An den einzig überlebenden, Herrn Mario Costa, wurden 1,5 Millionen DM gezahlt. Im Falle der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad, bei der vier Botschaftsangehörige ums Leben kamen, zahlten die Staaten der NATO freiwillig jeweils mehrere Millionen DM an die Hinterbliebenen. Im Fall »Seilbahn« wurde von Fahrlässigkeit, im Fall »Botschaft« von einem Versehen ausgegangen. Auch im Vergleich zu diesen Fällen müssen die Forderungen der Kläger eher als äußerst bescheiden gelten.
Ulrich Dost Rechtsanwalt
Anlagen: 2. für die Beklagte: |