Projekt „NATO-Kriegsopfer klagen auf Schadenersatz“
 
Projektfortschrittsbericht vom 02.02.04

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Unterstützer,

 

am 31.01.2004 führte der Projektrat (PR) die 3. Unterstützerversammlung, Zivilklage der Varvariner NATO-Opfer gegen die BRD, durch. Etwa 30 Freunde und Unterstützer nahmen teil.

Der Bericht folgt im weiteren der Tagesordnung der Versammlung.

 

1. Tätigkeitsbericht des PR

Bericht: Harald Kampffmeyer

 

Seit der letzten Versammlung im Juli führte der PR am 24.08.03 eine Versammlung in Vollbesetzung des PR und mit Teilnahme der Anwälte Gül Pinar und Dr. Heinz-Jürgen Schneider in Hamburg bei van de Loo’s durch. Gegenstände waren alle Aspekte der Klage der Varvariner und deren Unterstützung.

Schwerpunkte stellten die Revision der Klageanträge und die Vorbereitung der Gerichtstermine Bonn dar.

Es wurde beschlossen, durch den PR jeweils Delegationen der Kläger die Teilnahme an den Gerichtsterminen zu ermöglichen, da das Gericht seinerseits keine Kläger geladen hatte.

Dem folgend nahmen auf unsere Einladung im Oktober Zoran Milenkovic, Gordana Stankovic und Jasmina Zivkovic sowie im Dezember Vesna und Zoran Milenkovic, Verica Ciric und Slobodan Ivanovic an den Gerichtsterminen teil. Hier ist unseren Freunden in Bonn – besonders Dagmar Kirsche, Bernd Klagge, Wolf Göhring und Klaus von Raussendorff– besonders für ihre Unterstützung zu danken.

Weitere Beratungen des PR fanden in Teilbesetzung zu beschränkten Themen in Berlin statt.

 

2. Juristischer Stand der Klage der Varvariner

Bericht: Frau Rechtsanwältin Gül Pinar

 

Der Verlauf der mündlichen Verhandlung im Oktober hatte Hoffnungen geweckt, die erste Instanz gewinnen zu können. Tathergang und Tatfolgen wurden den Klägern folgend festgestellt. Die Klage war zulässig. Ein Beweisverfahren wurde nicht durchgeführt.

Das Urteil – Abweisung der Klage wegen Unbegründetheit mangels Vorhandensein einer rechtlichen Grundlage des Klagebegehrens – war enttäuschend und fällt hinter den Stand der aktuellen Rechtsentwicklung zurück. In neuerer Zeit werden Rechtspflichten aus dem Völkerrecht auch an Personen adressiert. Dem hätte die Gewährung von Rechten aus dem Völkerrecht für Personen folgen müssen. Auch ist nicht nachvollziehbar, dass Staatshaftungsrecht in Deutschland während des Angriffes der NATO auf Jugoslawien daher suspendiert sein sollte, dass Deutschland sich im Kriege befand, somit das normale Funktionieren des Staatshandels hier nicht mehr gegeben gewesen wäre, und Kriegsvölkerrecht – unter Aussetzung des innerstaatlichen Rechts – geherrscht haben sollte.

In solchen Wertungen lasse das Urteil erhebliche Realitätsferne und auch eine gewisse Oberflächlichkeit erkennen. In diesen Grundzügen erscheine das Urteil erschütterbar, was Gegenstand der Auseinandersetzung in den weiteren Instanzen werde.

 

Die Kanzlei Getzmann, Schaller, Pinar & Hoffmann hat für ihre 34 Mandanten aus Varvarin mit Datum 07.01.04 Berufung gegen das Urteil beim OLG Köln eingereicht. Frist für die Begründung der Berufung wurde bis zum 31.08.04 beantragt und wahrscheinlich gewährt werden. Für die Begründung der Berufung sollen hochkarätige Rechtsgutachten gefertigt werden. Diesbezüglich werden Autoritäten – z.B. Professoren, über die bisher engagierten Professoren N. Peach und B. Graefrath hinaus – angesprochen. Jedoch muss erwartet werden, dass diese Gutachten erhebliche Kosten verursachen werden.

 

Die für die große Mehrheit der Kläger beantragte Prozesskostenhilfe (PKH) wurde durch das LG Bonn nicht gewährt. Einspruch dagegen wurde abgewiesen. Das LG Bonn führte aus, dass die Vereinigung demokratischer Juristen, VdJ e.V., Finanzierer des Verfahrens sei (Anmerkung H.K.: sachlich völlig falsch) und somit es auf die Vermögensverhältnisse der Kläger nicht mehr ankomme. Besonders die Tatsache der Einzahlung der hohen Gerichtsgebühr, 42 T€, vor PKH-Antragstellung zeige die Potenz der Kläger oder ihrer Unterstützer.

(Anmerkung H.K.: Nach Willen des PR sollten längst vor der Zahlung der Gerichtsgebühr PKH-Anträge gestellt sein, so dass sich diese selbst hätte erübrigen sollen. Jedoch brachte der vormals beauftragte Anwalt solche Anträge nie zustande.)

Außerdem wurde die Ablehnung der PKH durch das Gericht mit mangelnder Erfolgsaussicht der Klagesache selbst begründet.

Ihre Kanzlei – so Frau RA Gül Pinar – hat nun beim Gericht der 2. Instanz erneut PKH beantragt.

 

3. Stand der Auseinandersetzung mit dem ehemals beauftragten RA Dost

Bericht: Harald Kampffmeyer

 

Inzwischen liegt das Protokoll der Verhandlung vom 19.12.03 und das Urteil vom 09.01.04 mit Begründung des LG Frankfurt / Oder vor.

Die gemeinsame Klage der Varvariner und des PR gegen RA Dost auf Rückzahlung unrechtmäßig verlangter und erhaltener Vorschüsse war in der Sache im wesentlichen erfolgreich.

Die erste Stufe der Klage war ein Auskunftsbegehren. RA Dost sollte gezwungen werden, unter Eid dazu sich zu erklären, welche Spenden für die Klage der Varvariner auf seinem Kanzleikonto eingingen. Der PR hatte vor der Einrichtung des Spendenkontos bei der VdJ e.V. im April 2001 selbst zu Spenden für Varvarin auf das Dost-Konto aufgerufen. Eine Bekanntgabe oder Abrechnung dieser Spenden erfolgte durch RA Dost nicht. Die verlangte Auskunft sollte zu einer Erhöhung der Rückzahlungsforderung – 2. Klagestufe – führen.

Dieses Auskunftsbegehren scheiterte. Vor Gericht stellte RA Dost dar, dass er natürlich Spenden auf sein Konto erhalten habe. Aber seine Spender hätten nicht für die Varvarin-Klage gespendet oder spenden wollen, sondern um ihm allgemein seine wissenschaftliche Arbeit zu Fragen möglicher Rechtsfolgen aus Kriegsrechtsverletzungen zu ermöglichen. Da das konkret nichts mit der Varvarin-Klage zu tun habe, bräuchte er also in dieser Streitsache weder zu Höhe noch Verbleib der Spenden Auskunft geben.

Da der PR vor Gericht von dieser dreisten Behauptung völlig überrascht wurde, waren wir nicht fähig, sofort Gegenbeweis anzutreten, was zur Abweisung diesen Begehrens, 1. Klagestufe, führte.

 

In der 2. Stufe – Rückzahlungsverpflichtung für RA Dost über 31 T€ unrechtmäßig verlangter und erhaltener Anwaltsgebühren – war die Klage erfolgreich. Dost wurde zur Rückzahlung verurteilt.

Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass allein der PR Auftraggeber des RA Dost war. Nur die Beauftragung und dann auch spätere Kündigung durch den PR sei maßgeblich. Nicht komme es hingegen darauf an, dass die Varvariner RA Dost auch ihre Prozessvollmachten entzogen hatten.

Sie haben RA Dost nicht beauftragt und nicht bezahlt. Dieses tat der PR.

Nachdem der PR dem RA Dost den Auftrag gekündigt hatte, hätte er pflichtgemäß den Fall (für sich) schließen müssen und Endabrechnung an seinen Auftraggeber erstellen müssen. Da dieses unterblieb, so das Gericht, hätte der PR auch alle Gebühren ohne Abzug der 1. Gebühreneinheit von RA Dost rückfordern können.

Ausdrücklich unterstreicht das Urteil, dass der PR rechtlich als eine GbR auftritt und alleiniger Verfügungsberechtigter über die Spendenmittel sei.

Die 2. Stufe wurde so durch die 34 Varvariner verloren, da sie nicht klageberechtigt sind, aber durch den PR voll gewonnen. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 88 % wir, die Kläger, weil die Varvariner 88 % der Klägerzahl ausmachten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb von 4 Wochen besteht Möglichkeit der Berufung.

 

 

4. Finanzsituation des Projektes

Bericht: Cornelia Kampffmeyer

 

Weiterhin laufen Spenden ein. Es gibt Spender, die schon seit langer Zeit per Dauerauftrag regelmäßig spenden. Auch Einzelspenden in recht beachtlicher Höhe kommen vor. Jedoch wird das Aufkommen über die Jahre doch immer geringer.

Wesentlichere Ausgaben 2003 waren eine Gebühreneinheit für unsere Hamburger Kanzlei sowie Kosten für Reise und Aufenthalt der Varvariner Klägerdelegationen in Deutschland zu den Gerichtsterminen.

Die Prozesskosten des Verfahrens gegen RA Dost berühren die Projektmittel nicht, da diese Kosten privat durch PR-Mitglieder getragen werden.

Gegenwärtig sind 12,8 T€ auf dem Spendenkonto verfügbar. Sollten die Anwälte der Regierung ihre Gebühren ( 2 Gebühreneinheiten, Prozess- und Verhandlungsgebühr) geltend machen – wir müssten zahlen, da wir in Bonn unterlagen – würden diese Mittel nicht reichen. Sie würden nur die 1. Gebühr decken, die so hoch ist, weil für sie noch die überhöhten Klageanträge des RA Dost maßgeblich sind.

Die 2. Gebühr – den korrigierten Anträgen der Hamburger Kanzlei folgend – wäre dagegen bedeutend geringer aber eben heute nicht gedeckt. Das gilt auch für Kosten der Gutachten zur Berufungsbegründung.

 

Sollte jedoch RA Dost dem Urteil der 1. Instanz in Frankfurt folgen und die geschuldeten 31 T€ zügig zurückzahlen, so würde sich die finanzielle Handlungsfähigkeit der Varvariner Kläger gravierend verbessern.

 

5. Unterstützermaßnahmen

 

Sowohl die Nelkenaktion von Anne und Mandy Heinzig als auch der Einsatz von Gabis Fotoausstellung laufen erfolgreich weiter.

 

Geplant ist die Aufführung eines Bühnensprechstückes zu Varvarin von Jürgen Elsässer durch den Schauspieler Rolf Becker in Hamburg. Sobald feststehend geben wir Details bekannt.

 

In Berlin bemüht sich Gerd Julius weiter namhafte Künstler für Solidaritätsveranstaltungen im Rathaus Schöneberg – nach dem Beispiel des Abends mit Dietrich Kittner im November – zu finden.

 

Für den gemeinsamen Besuch des PR und unserer Anwälte am und um den 30.05.2004 – dem 5. Jahrestag des Verbrechens – in Varvarin erhoffen wir Medienwirksamkeit durch Teilnahme bekannter Persönlichkeiten. Bisher haben Rolf Becker und Peter Handke zugesagt, uns nach Varvarin zu begleiten.

 

 

 

Die anwesenden Freunde und Unterstützer versicherten, auch weiterhin den Varvarinern zur Seite stehen zu wollen. Das Handels des PR sowie der gegebene Bericht wurden gebilligt

Im Sommer soll die nächste Versammlung stattfinden.

 

 

 

Im Auftrag des Projektrates

Harald Kampffmeyer

 

 

 

 

Der Projektrat:                                                                                            Spendenkonto (geführt bei der VdJ e.V.):

Cornelia Kampffmeyer (030) 65 94 29 08                                                  Berliner Sparkasse - BLZ:  100 500 00

Harald Kampffmeyer    HKampffmeyer@aol.com                                      Konto:  33 52 20 14

Jan van de Loo            (040) 73 74 81 77,   Janbilja@t-online.de             

Gordana Milanovic       (030) 39 03 07 96,   gordana.m-k@t-online.de    

Gabriele Senft              (030) 51 01 86 4