Sehr geehrte Damen und
Herren, liebe Freunde und Unterstützer,
am 31.01.2004 führte
der Projektrat (PR) die 3. Unterstützerversammlung, Zivilklage der Varvariner
NATO-Opfer gegen die BRD, durch. Etwa 30 Freunde und Unterstützer nahmen
teil.
Der Bericht folgt im
weiteren der Tagesordnung der Versammlung.
1. Tätigkeitsbericht
des PR
Bericht: Harald
Kampffmeyer
Seit der letzten
Versammlung im Juli führte der PR am 24.08.03 eine Versammlung in Vollbesetzung
des PR und mit Teilnahme der Anwälte Gül Pinar und Dr. Heinz-Jürgen Schneider in
Hamburg bei van de Loo’s durch. Gegenstände waren alle Aspekte der Klage der
Varvariner und deren Unterstützung.
Schwerpunkte stellten
die Revision der Klageanträge und die Vorbereitung der Gerichtstermine Bonn
dar.
Es wurde beschlossen,
durch den PR jeweils Delegationen der Kläger die Teilnahme an den
Gerichtsterminen zu ermöglichen, da das Gericht seinerseits keine Kläger geladen
hatte.
Dem folgend nahmen auf
unsere Einladung im Oktober Zoran Milenkovic, Gordana Stankovic und Jasmina
Zivkovic sowie im Dezember Vesna und Zoran Milenkovic, Verica Ciric und Slobodan
Ivanovic an den Gerichtsterminen teil. Hier ist unseren Freunden in Bonn –
besonders Dagmar Kirsche, Bernd Klagge, Wolf Göhring und Klaus von Raussendorff–
besonders für ihre Unterstützung zu danken.
Weitere Beratungen des
PR fanden in Teilbesetzung zu beschränkten Themen in Berlin
statt.
2. Juristischer
Stand der Klage der Varvariner
Bericht: Frau
Rechtsanwältin Gül Pinar
Der Verlauf der
mündlichen Verhandlung im Oktober hatte Hoffnungen geweckt, die erste Instanz
gewinnen zu können. Tathergang und Tatfolgen wurden den Klägern folgend
festgestellt. Die Klage war zulässig. Ein Beweisverfahren wurde nicht
durchgeführt.
Das Urteil – Abweisung
der Klage wegen Unbegründetheit mangels Vorhandensein einer rechtlichen
Grundlage des Klagebegehrens – war enttäuschend und fällt hinter den Stand der
aktuellen Rechtsentwicklung zurück. In neuerer Zeit werden Rechtspflichten aus
dem Völkerrecht auch an Personen adressiert. Dem hätte die Gewährung von Rechten
aus dem Völkerrecht für Personen folgen müssen. Auch ist nicht nachvollziehbar,
dass Staatshaftungsrecht in Deutschland während des Angriffes der NATO auf
Jugoslawien daher suspendiert sein sollte, dass Deutschland sich im Kriege
befand, somit das normale Funktionieren des Staatshandels hier nicht mehr
gegeben gewesen wäre, und Kriegsvölkerrecht – unter Aussetzung des
innerstaatlichen Rechts – geherrscht haben sollte.
In solchen Wertungen
lasse das Urteil erhebliche Realitätsferne und auch eine gewisse
Oberflächlichkeit erkennen. In diesen Grundzügen erscheine das Urteil
erschütterbar, was Gegenstand der Auseinandersetzung in den weiteren Instanzen
werde.
Die Kanzlei Getzmann,
Schaller, Pinar & Hoffmann hat für ihre 34 Mandanten aus Varvarin mit Datum
07.01.04 Berufung gegen das Urteil beim OLG Köln eingereicht. Frist für die
Begründung der Berufung wurde bis zum 31.08.04 beantragt und wahrscheinlich
gewährt werden. Für die Begründung der Berufung sollen hochkarätige
Rechtsgutachten gefertigt werden. Diesbezüglich werden Autoritäten – z.B.
Professoren, über die bisher engagierten Professoren N. Peach und B. Graefrath
hinaus – angesprochen. Jedoch muss erwartet werden, dass diese Gutachten
erhebliche Kosten verursachen werden.
Die für die große
Mehrheit der Kläger beantragte Prozesskostenhilfe (PKH) wurde durch das LG Bonn
nicht gewährt. Einspruch dagegen wurde abgewiesen. Das LG Bonn führte aus, dass
die Vereinigung demokratischer Juristen, VdJ e.V., Finanzierer des Verfahrens
sei (Anmerkung H.K.: sachlich völlig falsch) und somit es auf die
Vermögensverhältnisse der Kläger nicht mehr ankomme. Besonders die Tatsache der
Einzahlung der hohen Gerichtsgebühr, 42 T€, vor PKH-Antragstellung zeige die
Potenz der Kläger oder ihrer Unterstützer.
(Anmerkung H.K.: Nach
Willen des PR sollten längst vor der Zahlung der Gerichtsgebühr PKH-Anträge
gestellt sein, so dass sich diese selbst hätte erübrigen sollen. Jedoch brachte
der vormals beauftragte Anwalt solche Anträge nie
zustande.)
Außerdem wurde die
Ablehnung der PKH durch das Gericht mit mangelnder Erfolgsaussicht der
Klagesache selbst begründet.
Ihre Kanzlei – so Frau
RA Gül Pinar – hat nun beim Gericht der 2. Instanz erneut PKH
beantragt.
3. Stand der
Auseinandersetzung mit dem ehemals beauftragten RA
Dost
Bericht: Harald
Kampffmeyer
Inzwischen liegt das
Protokoll der Verhandlung vom 19.12.03 und das Urteil vom 09.01.04 mit
Begründung des LG Frankfurt / Oder vor.
Die gemeinsame Klage
der Varvariner und des PR gegen RA Dost auf Rückzahlung unrechtmäßig verlangter
und erhaltener Vorschüsse war in der Sache im wesentlichen
erfolgreich.
Die erste Stufe der
Klage war ein Auskunftsbegehren. RA Dost sollte gezwungen werden, unter Eid dazu
sich zu erklären, welche Spenden für die Klage der Varvariner auf seinem
Kanzleikonto eingingen. Der PR hatte vor der Einrichtung des Spendenkontos bei
der VdJ e.V. im April 2001 selbst zu Spenden für Varvarin auf das Dost-Konto
aufgerufen. Eine Bekanntgabe oder Abrechnung dieser Spenden erfolgte durch RA
Dost nicht. Die verlangte Auskunft sollte zu einer Erhöhung der
Rückzahlungsforderung – 2. Klagestufe – führen.
Dieses
Auskunftsbegehren scheiterte. Vor Gericht stellte RA Dost dar, dass er natürlich
Spenden auf sein Konto erhalten habe. Aber seine Spender hätten nicht für die
Varvarin-Klage gespendet oder spenden wollen, sondern um ihm allgemein seine
wissenschaftliche Arbeit zu Fragen möglicher Rechtsfolgen aus
Kriegsrechtsverletzungen zu ermöglichen. Da das konkret nichts mit der
Varvarin-Klage zu tun habe, bräuchte er also in dieser Streitsache weder zu Höhe
noch Verbleib der Spenden Auskunft geben.
Da der PR vor Gericht
von dieser dreisten Behauptung völlig überrascht wurde, waren wir nicht fähig,
sofort Gegenbeweis anzutreten, was zur Abweisung diesen Begehrens, 1.
Klagestufe, führte.
In der 2. Stufe –
Rückzahlungsverpflichtung für RA Dost über 31 T€ unrechtmäßig verlangter und
erhaltener Anwaltsgebühren – war die Klage erfolgreich. Dost wurde zur
Rückzahlung verurteilt.
Das Gericht stellte in
seinem Urteil fest, dass allein der PR Auftraggeber des RA Dost war. Nur die
Beauftragung und dann auch spätere Kündigung durch den PR sei maßgeblich. Nicht
komme es hingegen darauf an, dass die Varvariner RA Dost auch ihre
Prozessvollmachten entzogen hatten.
Sie haben RA Dost nicht
beauftragt und nicht bezahlt. Dieses tat der PR.
Nachdem der PR dem RA
Dost den Auftrag gekündigt hatte, hätte er pflichtgemäß den Fall (für sich)
schließen müssen und Endabrechnung an seinen Auftraggeber erstellen müssen. Da
dieses unterblieb, so das Gericht, hätte der PR auch alle Gebühren ohne Abzug
der 1. Gebühreneinheit von RA Dost rückfordern können.
Ausdrücklich
unterstreicht das Urteil, dass der PR rechtlich als eine GbR auftritt und
alleiniger Verfügungsberechtigter über die Spendenmittel
sei.
Die 2. Stufe wurde so
durch die 34 Varvariner verloren, da sie nicht klageberechtigt sind, aber durch
den PR voll gewonnen. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 88 % wir, die Kläger,
weil die Varvariner 88 % der Klägerzahl ausmachten.
Das Urteil ist noch
nicht rechtskräftig. Innerhalb von 4 Wochen besteht Möglichkeit der
Berufung.
4. Finanzsituation
des Projektes
Bericht: Cornelia
Kampffmeyer
Weiterhin laufen
Spenden ein. Es gibt Spender, die schon seit langer Zeit per Dauerauftrag
regelmäßig spenden. Auch Einzelspenden in recht beachtlicher Höhe kommen vor.
Jedoch wird das Aufkommen über die Jahre doch immer
geringer.
Wesentlichere Ausgaben
2003 waren eine Gebühreneinheit für unsere Hamburger Kanzlei sowie Kosten für
Reise und Aufenthalt der Varvariner Klägerdelegationen in Deutschland zu den
Gerichtsterminen.
Die Prozesskosten des
Verfahrens gegen RA Dost berühren die Projektmittel nicht, da diese Kosten
privat durch PR-Mitglieder getragen werden.
Gegenwärtig sind 12,8
T€ auf dem Spendenkonto verfügbar. Sollten die Anwälte der Regierung ihre
Gebühren ( 2 Gebühreneinheiten, Prozess- und Verhandlungsgebühr) geltend machen
– wir müssten zahlen, da wir in Bonn unterlagen – würden diese Mittel nicht
reichen. Sie würden nur die 1. Gebühr decken, die so hoch ist, weil für sie noch
die überhöhten Klageanträge des RA Dost maßgeblich sind.
Die 2. Gebühr – den
korrigierten Anträgen der Hamburger Kanzlei folgend – wäre dagegen bedeutend
geringer aber eben heute nicht gedeckt. Das gilt auch für Kosten der Gutachten
zur Berufungsbegründung.
Sollte jedoch RA Dost
dem Urteil der 1. Instanz in Frankfurt folgen und die geschuldeten 31 T€ zügig
zurückzahlen, so würde sich die finanzielle Handlungsfähigkeit der Varvariner
Kläger gravierend verbessern.
5.
Unterstützermaßnahmen
Sowohl die Nelkenaktion
von Anne und Mandy Heinzig als auch der Einsatz von Gabis Fotoausstellung laufen
erfolgreich weiter.
Geplant ist die
Aufführung eines Bühnensprechstückes zu Varvarin von Jürgen Elsässer durch den
Schauspieler Rolf Becker in Hamburg. Sobald feststehend geben wir Details
bekannt.
In Berlin bemüht sich
Gerd Julius weiter namhafte Künstler für Solidaritätsveranstaltungen im Rathaus
Schöneberg – nach dem Beispiel des Abends mit Dietrich Kittner im November – zu
finden.
Für den gemeinsamen
Besuch des PR und unserer Anwälte am und um den 30.05.2004 – dem 5. Jahrestag
des Verbrechens – in Varvarin erhoffen wir Medienwirksamkeit durch Teilnahme
bekannter Persönlichkeiten. Bisher haben Rolf Becker und Peter Handke zugesagt,
uns nach Varvarin zu begleiten.
Die anwesenden Freunde
und Unterstützer versicherten, auch weiterhin den Varvarinern zur Seite stehen
zu wollen. Das Handels des PR sowie der gegebene Bericht wurden gebilligt
Im Sommer soll die
nächste Versammlung stattfinden.
Im Auftrag des
Projektrates
Harald
Kampffmeyer