Klage: Varvarin-Opfer
auf »Amtsweg« geschoben
Landgericht Berlin fühlte sich nicht zuständig
Berlin/Bonn (ND-Heilig). 35 Bürger aus Jugoslawien haben gegen die
Bundesrepublik Deutschland eine Sammelklage wegen eines NATO-Luftangriffs
auf die Ortschaft Varvarin eingereicht. Darüber informierte ein Sprecher
des Landgerichtes Bonn am Dienstag. Bei Mitgliedern des deutschen
Projektrates, der die Hinterbliebenen der Opfer unterstützt, wird dies
als eine mögliche Verschleppung betrachtet, denn die entsprechende Klage
war bereits im Dezember vergangenen Jahres ordnungsgemäß beim
Landgericht Berlin eingegangen. Die Kläger werden von der Hamburger
Rechtsanwältin Gül Pinar vertreten, die durch einen Anruf vom neuen
Gerichtsstand erfahren hat.
Nach Auskunft des Bonner Gerichtes hätten sich die Berliner Kollegen »bereits
am 17. Juli« für örtlich nicht zuständig erklärt, da die
Bundesrepublik vom Bundesministerium der Verteidigung vertreten wird. Der
1. Amtssitz des Ministers liege jedoch in Bonn.
Das Landgericht in Bonn hat nun die Anwälte des Ministeriums
aufgefordert, die Klage zu erwidern. Dazu werde der beklagten Seite in
Anbetracht des komplizierten Sachverhaltes ein langer Zeitraum eingeräumt,
betonte ein Gerichtssprecher gegenüber ND. Daher könne der Termin der mündlichen
Verhandlung noch nicht angegeben werden.
Am 30. April 1999 hatten NATO-Kampfflugzeuge die Brücke des
demilitarisierten serbischen Ortes Varvarin angegriffen und dabei zehn
Zivilisten getötet sowie 17 schwer verletzt. Nach Ansicht der Kläger
haftet die Bundesrepublik gesamtschuldnerisch, da der Krieg gegen
Jugoslawien unter Mitwirkung Deutschlands geplant, beschlossen und geführt
worden ist. Die Klage war durch zahlreiche Spenden aus Deutschland möglich
geworden.
(ND 18.09.02)
Ursprüngliche URL:
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