Der Projektrat

Von links:

Biljana van de Loo (bis Juni 2002),

Jan van de Loo,

Harald Kampffmeyer,

Gordana Milanovic,

Cornelia Kampffmeyer,

Gabriele Senft

 

Erreichbarkeit Projektratmitglieder:

Van de Loo                 Tel.: (040) 73 74 81 77             e-Mail: Janbilja@t-online.de

Kampffmeyer              Tel.: (030) 65 94 29 08             e-Mail: HKampffmeyer@aol.com

Milanovic                     Tel.: (030) 39 03 07 96             e-Mail: gordana.m-k@t-online.de

Senft                            Tel.: /030) 51 01 86 4                e-Mail: LaleSenft@web.de

 

 

Historie des Projektes „NATO-Kriegsopfer klagen auf Schadenersatz“

Von Harald Kampffmeyer, aktualisiert am 28.09.2004

 

Unmittelbar nach Anschluß der DDR an die BRD wurde eine bemerkenswerte Änderung der Politik der BRD gegenüber Jugoslawien offen sichtbar. Jugoslawien wurde von den alten politischen Eliten der BRD zu einem serbisch dominierten Völkergefängnis erklärt, in dem jede Ethnie das Recht habe, einen völkischen Befreiungskampf mit dem Ziel des unabhängigen, ethnisch reinen Staates zu führen. Die Zielprämie – das Versprechen schneller staatlicher Anerkennung von Sessionsstaaten durch Deutschland – wurde ausgesetzt. Gewalttätige, sessionsbereite nationalistische Kräfte in den jugoslawischen Republiken wurden aufgewertet, angestachelt, offen politisch und verdeckt militärisch unterstützt.

 

Dem Bündnis zwischen kroatischen, bosnisch-muslimischen und albanischen Separatisten mit der deutschen Politikerkaste stand überall in Jugoslawien die serbische Ethnie im Wege, die verfassungstreu an dem Prinzip des multiethnischen Zusammenlebens festhielt. Daher wurde sie mit Greulpropaganda überschüttet und gegen sie gedroht (Kinkel 1992: „Es gilt Serbien in auf die Knie zu zwingen“).

Mit der Eskalation einer aggressiven, mehr und mehr auf gewaltsame Einmischung hinsteuernden deutschen Politik gegen Jugoslawien / Serbien wurde einerseits in einer Salamitaktik die Bundeswehr auf verfassungswidrige Interventionsaufgaben vorbereitet, wie andererseits die deutsche Öffentlichkeit propagandistisch auf neue deutsche Gewaltpolitik im Ausland eingestimmt wurde. Es war offensichtlich: Deutschland strebte für sich den Status einer Großmacht an und hatte begonnen, Süd-Ost-Europa nach seinem Gusto neu zu ordnen.

 

Diese Politik wurde von uns aufmerksam beobachtet, als antihumanistisch und völkerrechtswidrig bewertet, daher abgelehnt und bestmöglich bekämpft. Obwohl es nicht nur deutsche Politik war, die sich gegen Jugoslawien / Serbien richtete, war und ist es nach unserer Sicht doch so, dass zunächst jeder Bürger eines NATO-Staates dafür Verantwortung trägt, was „seine“ Regierung anderen Völkern antut. Mit unseren begrenzten Mitteln erstrebten wir insbesondere den schlimmsten Fall – deutscher militärischer Angriff auf Jugoslawien – zu verhindern. Aber es kam doch der 24. März 1999.

 

Am Abend des Überfalles, an jenem 24.03.1999, beschlossen meine Frau Cornelia und ich ohne Rücksicht auf andere persönliche Planungen anzutreten, um dem Verbrechen in den Arm zu fallen. Sollten wir den Krieg nicht stoppen können, so beschlossen wir, dann danach solange zu streiten, bis die Verantwortlichen bestraft sind, das Recht in Deutschland wieder hergestellt und geachtet ist und den Opfern verbrecherischer deutscher Politik Wiedergutmachung zuteil wird. Unser gesamtes Vermögen sollte weiterhin nur diesen Zwecken dienen.

Als potentiell wirksamsten Weg sahen wir es an, das deutsche Recht, gegebenen Falles bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, zur Anwendung bringen zu wollen. Wir betrieben den Versuch, strafrechtlich gegen Schröder, Fischer, Scharping und andere wegen Verdacht des Verfassungsbruches Art. 26 und Führung eines verbotenen Angriffskrieges nach § 80 StGB sowie diverser anderer Verbrechen wie versuchten Mordes, Totschlag und anderes, vorgehen zu wollen. Wir verfassten entsprechende Anzeigen. Am 26.03.1999 schickten wir daneben unsere Grundsatzforderung an unser Finanzamt, wonach wir für die Dauer der verbrecherischen deutschen Kriegführung unseren im Vorwegeabzug vom Arbeitgeber abgeführten Anteil der Bundessteuern von der Lohnsteuer zurückforderten. Das, da wir anderen Falles an den Verbrechen der Regierung durch Unterstützung in Form ihrer Finanzierung mitschuldig würden. Die Anzeigen wurden nach Richtlinie des politischen Beamten Nehm von dessen Generalstaatsanwaltschaft mit obskuren Begründungen abgeschmettert. In dem Steuerstreitverfahren kam es im März 2000 zur Gerichtsverhandlung mit unserer Niederlage, denn der Steuerbürger hätte immer seine Steuern zu zahlen, selbst dann, wenn Regierungshandeln illegal oder gar verbrecherisch sei. Dieses Verfahren läuft noch. Es ist heute beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.

 

Bereits im Mai 1999 hatten wir einen Anwalt, zunächst RA Dost, beauftragt, die Möglichkeit eines Zivilverfahrens von Bombenopfern zu prüfen. Nach erheblichen Verzögerungen wurde uns die Machbarkeit Ende 2000 auf Basis des Völkerrechtes und des deutschen Rechtes angezeigt. Der NATO-Angriff auf Varvarin vom 30.05.1999 wurde als lupenreines Kriegsverbrechen für einen Musterprozess ausgewählt.

 

Im Dezember 2000 wurden wir mit dem Hamburger Ehepaar van de Loo bekannt. Sie sind Eigentümer einer kleineren Mittelstandsfirma. Da sie Interesse hatten und bereit waren, sehr energisch dieses Projekt zu fördern, auch ihrerseits neben uns wesentliche private Mittel in die Finanzierung des Projektes einbringen wollten, gründeten wir – Biljana und Jan van de Loo, meine Frau Cornelia und ich – einen Projektrat, rechtlich eine GbR, für das nun so benannte Projekt „NATO-Kriegsopfer klagen auf Schadenersatz“.

Unsere Aufgabe als Projektrat bestand und besteht darin, alle Handlungen, außerhalb der juristischen Arbeit, die von den von uns beauftragten Anwälten  zu leisten war und ist, zu unternehmen, die geeignet sind, dieses Projekt zum Erfolg zu führen. Insbesondere bedeutet das wesentliche, eigene Finanzierungsbeiträge zu leisten, weitere Spenden von dritter Seite einzuwerben, bekannte Persönlichkeiten als Unterstützer zu gewinnen, das Projekt in die Öffentlichkeit – auch in die Medien – zu tragen und nichtjuristische Fachkompetenz zur Beantwortung spezifischer Fragen zu besorgen.

 

Inzwischen haben wir etliche in Deutschland bekannte Persönlichkeiten für unser Projekt gewonnen. Hinter ihnen stehen z.T. namhafte, in der humanistischen und Friedensarbeit hierzulande tätige Organisationen. Gleiches gilt für bekannte Gewerkschafter. Die Vereinigung demokratischer Juristen e.V. hat uns eines ihrer Konten für die Spendensammlung bereitgestellt.

Nachdem im Sommer 2002 Biljana sich aus dem Projektrat zurückzog, sie erwartete ein Kind, boten wir 2 Frauen, bis dato unsere aktivsten Unterstützerinnen, Aufnahme in den Projektrat an. Sie nahmen an. Seit dem sind Gordana Milanovic und  Gabriele Senft, beide aus Berlin, ebenfalls verantwortliche Mitglieder des PR. Wir haben durch sie wesentlich an Arbeitsfähigkeit und Professionalität gewonnen.

 

Alle uns einigt derselbe Antrieb. Es ist uns unerträglich, dass 60 Jahre nach 1939 Deutschland wieder andere Völker in Europa unter verlogenen Propagandabegründungen angreift. Auch können wir es nicht hinnehmen, von solchen Kriegsanstiftern und Verfassungsbrechern wie Schröder, Fischer und Scharping regiert zu werden. Hieraus leitet sich unser Handlungsbedarf ab. Wir wollen erreichen, dass den Menschen, die Opfer dieser Verbrechen geworden sind, wenigstens nachträglich Wiedergutmachung geschieht. Die Täter sollen einstehen und zahlen. Auch wenn das in der „westlichen Wertegemeinschaft“ ein unerhörter Anspruch ist. Denn: siegreiche Regierungsverbrecher haben noch nie ihre Opfer entschädigt!

 

 

Der außergerichtliche Streit mit der Bundesregierung wurde am 19.06.2001 durch Zustellung eines Schriftsatzes an Schröder eröffnet. Damit wurde freiwillige Verant-wortungsübernahme für das Kriegsverbrechen in Varvarin durch die deutsche Regierung ebenso eingefordert wie deren gutwillige Bereitschaft, ihre Opfer zu entschädigen. Aber wie zu erwarten, und in der deutschen Geschichte wiederholt gesehen, hat eine Regierung, die verbrecherisch geworden ist, nicht das Format, für die Folgen des eigenen Tuns einzustehen. Die Antwort der Bundesregierung – gegeben durch Schreiben des Bundesverteidigungsministeriums  vom 24.08.2001 – bestritt sowohl Mitverantwortung der deutschen Regierung am angezeigten Verbrechen als auch den Opfern generell die juristische Möglichkeit, etwas von der Regierung einklagen zu können. Solches Begehren sei unzulässig.

Damit blieb den Opfern aus Varvarin nur, mit unserer Hilfe den Gerichtsweg zu gehen. Am 24.12.2001 wurde die Klage bei Gericht eingereicht.
Zur Verhandlung kam es im Oktober 2003 vor dem LG Bonn. Das Urteil wurde am 10.12.2003 verkündet. Das Gericht, dass die Zulässigkeit der Klage anerkannte, mochte keine rechtlichen Vorschriften erkennen – völkerrechtlich oder aus nationalem Recht – die die Varvariner Kläger für sich in Anspruch nehmen könnten. Die Klage sei somit unbegründet. Revision wurde zugelassen. Im Januar wurde Berufung zum OLG Köln eingereicht und diese mit umfangreichem Schriftsatz von Ende August 2004 begründet.

Zu den wesentlichen Inhalten der rechtlichen Positionen und Argumentationen, die in Schriftsätzen vor Verhandlung, in der Verhandlung und zur Berufungsbegründung vorgetragen wurden sowie Urteilsbegründung der ersten Instanz, siehe unsere Prozessfortschrittsberichte in dieser Homepage.

 

Die Finanzierung des ganzen Verfahrens sollte zunächst rein privat erfolgen. Die PR-Mitglieder zahlten 185.000 DM im wesentlichen im Jahr 2001 für den Varvarin-Fall an RA Dost aus unserer Tasche. Jedoch führte das Vorgehen des von uns beauftragten Anwaltes zu einer Kostenexplosion. Seit Anfang 2001 rief der PR die Öffentlichkeit um Unterstützung durch Spenden auf. Diese sicherten die gerade noch rechtzeitige Zahlung der Gerichtskosten (42.000 €) im Mai 2002, um die sonst eintretende Verjährung zu verhindern. Auch wurden weitere Gebührenforderungen des beauftragten Anwaltes daraus bedient.

Eine vom PR veranlasste Prüfung des Projektes durch neutrale Anwälte ergab dann im Sommer 2002, dass dem beauftragten Anwalt vorwerfbare, ernste „Kunstfehler“ unterlaufen waren, die immer gleiche kosten- und gebührentreibende Wirkung hatten, sowie dass seine letzten beiden uns gelegten (und bezahlten) Rechnungen für Vorschuss auf die erste Gebühr – Prozessgebühr – durch Manipulation auf das Dreifache überhöht worden waren. 

Nach Vorhalt dessen und Rückforderung durch den PR weigerte sich RA Dost dem nachzukommen. Somit kündigte der PR dem RA Dost den Auftrag und beauftragte nach sorgfältiger Auswahl die Hamburger Kanzlei Getzmann, Schaller, Pinar und Hoffmann mit der juristischen Fortführung des Falles. Zur Erzwingung der Rückzahlung der Gelder, die RA Dost unrechtmäßig an sich gebracht hatte, musste der PR nun die Gerichte bemühen. Dieser Streit endete im August 2004 grundsätzlich mit einem Erfolg. RA Dost wurde verpflichtet 27.000 € zurückzuzahlen. Jedoch, da er seine Armut beteuerte, mussten wir zugestehen, dass das in Raten über 5 Jahre erfolgten solle. Aktuell fehlt das Geld also bis heute, um Verpflichtungen nachkommen zu können.

Weitere Kosten stehen ins Haus. So verlangt die Regierung durch ihre Anwälte von den Opfern ihr die Kosten der 1. Instanz zu erstatten. Denn sie obsiegte dort, und die unterlegenen Kläger müssten zahlen. Auch ist perspektivisch die Finanzierung des Prozesses nach dem OLG Köln vor dem BGH zu sichern. Die Varvariner Kläger bleiben auf Unterstützung angewiesen.

 

Der Prozess der Varvariner ist der einzige heute existierende Fall, dass Verbrechen der NATO in Jugoslawien vor Gericht sind. Er hat exemplarische Bedeutung. Der Prozess wird ersichtlich noch Jahr andauern. Wir rufen alle den Menschenrechten verpflichteten Bürger auf, Varvarin beizustehen.

 

Danken möchte ich all den Freunden und Unterstützern, die bisher schon mit ihrer Spende, durch ihre vielfältigen Arbeiten und durch Bekanntmachung unseres gemeinsamen Vorhabens das Projekt befördert haben.

 

 

Harald Kampffmeyer

Leiter des Projektrates

 

 

Anmerkung:

Spendenquittungen mit steuerlicher Wirksamkeit können wir unseren Unterstützern leider nicht ausstellen. Wir sind kein eingetragener Verein. Der Projektrat hatte erwogen, sich als solcher zu gründen und mit dieser Voraussetzung dann die Gemeinnützigkeit beim Finanzamt zu beantragen. Jedoch sind wir nach Erörterung mit unserem Anwalt zu dem Schluß gekommen, dass kein deutsches Finanzamt ohne weiteres eine Gemeinnützigkeit eines Vereins anerkennen würde, dessen Zweck allein darin bestünde, die höchsten Vorgesetzten der entscheidenden Finanzbeamten – deutsche Regierungsmitglieder – wegen deren Verbrechen vor Gericht zu bringen. Sehr wahrscheinlich hätten  wir dann versuchen müssen, die Gemeinnützigkeit in einem separaten Klageverfahren zu erzwingen, was für sich Jahre dauern würde, was uns große Mittel kosten würde, die wir der Hauptaktion hätten entziehen müssen, und was in der Sache selbst noch mit sehr ungewissen Erfolgsaussicht behaftet gewesen wäre. Daher sind wir diesen Weg nicht gegangen. Wir bleiben mit diesem Projekt eine reine Privatinitiative engagierter Bürger.